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Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Titel: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.D. Miller
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hoffte, ihr helfen zu können. Es gab bürokratische Warteschlangen, in die man sich einreihen musste, und es galt Geschäftsstellen aufzusuchen, die nur jeden zweiten Donnerstag für jeweils zwei Stunden geöffnet hatten. Ein-, zweimal musste ich etwas unterschreiben, aber soweit irgend möglich überließ ich die Lauferei Olga, der Tatarin aus meinem Büro – sie hatte sich erst vor kurzem eine eigene kleine Wohnung gekauft und schien das Procedere zu kennen. Ich nannte ihr die Adresse von Tatjana Wladimirownas Haus am Teich und die von der neuen Wohnung in Butowo, da wir auch deren Unterlagen prüfen mussten: Wohnung dreiundzwanzig in Haus sechsundvierzig, Kasanskaja. Ich musste Olga dafür versprechen, sie auf einen Cocktail in die Bar mit den Wucherpreisen mitzunehmen, sobald sie alle Papiere zusammenhatte, in die hoch oben in dem Hotel gleich neben dem Bolschoi-Theater.
    »Es ist nicht viel Arbeit«, sagte ich zu Steve, »kostet mich nichts, und sie ist eigentlich eine nette alte Dame. Sie hat die Belagerung von Leningrad überlebt.«
    »Verstehe«, sagte Steve. Tatjana Wladimirowna war mindestens fünfzig Jahre zu alt, um ihn vom Dschungeltanz ablenken zu können.
    Wir hockten in einer schmuddeligen kleinen Sitzecke links von der Bühne und sahen zu. Nach einigen Minuten verstummten die Trommelwirbel, und die Kellnerinnen zogen sich wieder an. Steve klatschte.
    Er fragte nach dem Kosaken.
    »Weißt du, wen er repräsentiert? Dein Kosakenfreund, meine ich?«
    »Was glaubst du?«
    »Bestimmt den Vizedirektor der Präsidialverwaltung oder den Vorsitzenden des Sicherheitsrates. Die Petersburger Mannschaft drängt an die Macht, und die alte Gang des Verteidigungsministeriums wird nervös. Solange sie können, werden sie versuchen, möglichst viel für sich abzuzweigen. Ich schätze, sie behalten einen Teil der von ihnen gegründeten Firma, um sie später mit einem Taschengeld abzuspeisen.«
    »Mag sein«, erwiderte ich. »Wir sind ja nicht völlig naiv, Steve. Vielleicht hast du recht. Aber das Projekt entwickelt sich nach Plan, und mehr kümmert uns nicht. Im Laufe der nächsten Wochen wird die zweite Finanztranche ausgezahlt, die letzte dann in ein paar Monaten. Man rechnet damit, bis Ende Sommer das erste Öl durch das Terminal pumpen zu können. Und wenn nicht vor nächstem Frühjahr mit der Rückzahlung begonnen wird, kommen die Strafklauseln zur Anwendung.«
    »Ich bin mir sicher, dass ihr wisst, was ihr macht, Nick. Übrigens habe ich mich umgehört. Diese Logistikfirma, von der du behauptet hast, sie würde mit Narodneft zusammenarbeiten? Das ist eine Scheinfirma. Von der hat kein Mensch je etwas gehört, und ich wette mit dir, die einzige Art Logistik, die von ihr je betrieben wurde, bestand darin, Geld nach Liechtenstein zu pumpen. Wenn du herausfindest, wer ihre Geldgeber sind, lass es mich wissen.«
    »Vielleicht, Steve.«
    Drei junge Frauen mit Pelzmützen der Roten Armee marschierten um die Tische, Spielzeugmaschinengewehre im Arm (zumindest hoffte ich, dass es Spielzeug war) und die Patronengurte so sorgsam um die Kurven drapiert, dass sie möglichst wenig verdeckten. Es gab jede Menge Silikon und kaum Körperbehaarung zu sehen.
    »Musst du nicht in den Kaukasus?«, fragte ich ihn. Laut Nachrichten ging es da unten wieder ziemlich heiß her in einer dieser heiklen kleinen Muslimregionen, in denen immer irgendwer rebellierte und krepierte.
    »Kann sein«, erwiderte Steve. »Wird allerdings nicht leicht, die Story loszuwerden. Die Redaktionen in London haben kein Interesse, solange die Zahl der Toten nicht mindestens dreistellig wird. Außerdem versuchen die Russen, niemanden reinzulassen. Man kann nur über Tschetschenien reisen und muss dann jemanden dafür bezahlen, dass er einen über die Grenze bringt. Vielleicht nächste Woche. Wäre blöd, die Geschichte zu verpassen.«
    Einige Touristen verzogen sich in die Kabinen bei den Toiletten und nahmen Bär und Häschen mit. Ich habe das auch schon getan, zumindest Ähnliches; ich denke, das sollte ich jetzt besser zugeben, da ich dir wirklich alles erzählen will. Ich glaube, insgesamt dreimal habe ich in Moskau dafür bezahlt. Beim ersten Mal eher aus Versehen, da ich zu spät begriff, was von mir erwartet wurde und auch schon zu weit gegangen war, um noch aufhören zu können; die anderen beiden Male geschah es, nachdem ich das Tabu gebrochen hatte und dachte:
Was zumTeufel
. Einmal, ziemlich am Anfang, habe ich es geschafft, eine Ukrainerin vom

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