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Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Die eiskalte Jahreszeit der Liebe

Titel: Die eiskalte Jahreszeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.D. Miller
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bin ich ein-, zweimal an Junggesellenabenden, sonst nie, in einer Lapdance-Bar in Clerkenwell gewesen, aber in Moskau schien jeder Schwanz, der im Besitz einer Kreditkarte war, mindestens einen Abend pro Woche Rubelscheine in strassbesetzte Unterwäsche zu stecken, diese englischen Anwälte, Banker und die Hälfte aller russischen Männer, die sich derlei leisten konnten. In jenem Winter aber fing ich an, es beschämend zu finden – beschämend für mich, meine ich, nicht für die Mädchen. Außerdem hatte es einmal einen hässlichen Vorfall gegeben, da mir vom Barkeeper überteuerte Cocktails auf die Rechnung gesetzt worden waren, die ich weder bestellt noch getrunken hatte. Als ich mich beschweren wollte, schleiften mich die Türsteher auf einen kleinen Hof vor der Küche und schleuderten mich einige Sekunden lang an meinem Haar herum, bis mir die Brille abfiel und ich bereit war, mit dem Geld rauszurücken. Inzwischen gab es für mich Mascha, und sie war mir genug. Wie mit ihr war es mir noch mit keiner ergangen. Auch wenn mir früher mein Mädchen gefallen hatte, begannen meine Blicke doch nach ein oder zwei Monaten wieder zu wandern. Mascha aber schien immer besser zu werden, wilder, auf eine gute Weise egoistischer. Mit uns kam es mir echt vor, so als hätten sich ihr und mein wahres Ich gefunden, zwei Säugetiere im Dunkeln.
    Seit Monaten hatte ich keinen Abend mehr in dieser leicht homoerotischen Stripclubatmosphäre halbtrunkener Erregung verbracht, aber Steve wollte hin, also gingen wir hin.
    »Wie geht’s der Liebe deines Lebens?«, fragte er, »der, die du in der Metro getroffen hast?«
    »Ihr geht’s gut.«
    »Ist sie schon bei dir eingezogen?«
    »Nein, ist sie nicht. Zumindest noch nicht.«
    »Und wie steht’s mit der Babuschka aus Murmansk? Wann kreuzt sie bei dir auf?«
    »Leck mich, Steve.«
    Ich glaube, es war Anfang Februar. Der Schnee lag hüfthoch auf dem Friedhof zwischen dem Gebäude, in dem ich wohnte, und dem Bulwar, noch höher auf der ungeräumten Straßenseite. Mascha ging es gut, uns ging es gut. Damals übernachtete sie etwa zwei-, dreimal in der Woche bei mir. Und ich fing an, Sachen zu kaufen, die sie gern aß, eingelegte Pilze, Beerensaft und einen russischen Joghurt-Drink, dem ich selbst nichts abgewinnen konnte. Ich hatte eine weißrussische Putzfrau eingestellt, die meine Wohnung mehr oder weniger sauber hielt. Und wir waren längst in jener Phase, in der Mascha vermutlich ganz bei mir eingezogen wäre, hätten wir in London gewohnt, einer Stadt, wo, wie wir beide, du und ich, nur zu gut wissen, die Liebeslust von praktischen Erwägungen und vom Wohnungsmarkt zu gegenseitiger Verpflichtung getrieben wird, dazu, Gegenwart und Zukunft zu vermengen, weshalb man bei jeder Affäre auch darauf achtet, was sie unterm Strich kostet. Von der Leningradskoje Chaussee zum Handygeschäft bei der Tretjakow-Galerie brauchte Mascha viermal länger, als wenn sie von der Station Puschkinskaja losfuhr, aber sie verlor kein Wort darüber, und ich machte keinen Druck.
    »Sie hat eine Schwester«, erklärte ich Steve. »Katja. Blond, nettes Mädchen. Anfang zwanzig. Irgendwie unschuldig und zugleich ziemlich erwachsen. Studiert an der MGU . Du würdest sie mögen.«
    »Klingt so.«
    »Nur ist sie nicht ihre Schwester, sondern ihre Kusine.«
    »Ach«, sagte Steve. Hinter mir drängten die Kellnerinnen in ihren Miniröcken mit Leopardenmuster und schenkelhohen Schlangenlederstiefeln für den allstündlichen ›Dschungeltanz‹ auf die Bühne. Sein Interesse an mir ließ rapide nach.
    »War schon seltsam«, sagte ich, »als ich mit ein paar Leuten von der Arbeit in dieses usbekische Restaurant auf der Neglinnaja gegangen bin. Das war an Silvester. Wir hatten mit dem Kosaken gerade einen Vertrag unterzeichnet, und Katja hat gekellnert. Sie wollte nicht, dass ich Mascha von unserer Begegnung erzähle.«
    Ich hatte Steve nichts von unserer ersten gemeinsamen Nacht gesagt, jener Nacht, in der Katja zugesehen hatte. Davon hatte ich niemandem erzählt. Ich hätte gern, wie wohl alle Männer derlei manchmal gern erzählen, vor allem aber wollte ich, dass das mit Mascha und mir etwas Besonderes war, vielleicht sogar etwas Reines.
    »Nimmt man sie mit nach Hause und packt sie aus«, erwiderte Steve unaufmerksam, »fehlt meist irgendwas.«
    Ich fing an zu erklären, wie ich Maschas Tante kennengelernt hatte, und erzählte von Butowo – dass Tatjana Wladimirowna fort aus der Stadtmitte wollte und dass ich

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