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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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der Fensterscheibe, und in weiter Ferne zuckten am Himmel die ersten Blitze. Grove spürte plötzlich, wie ein neuer Schwindelanfall seinen Gleichgewichtssinn auf eine harte Probe stellte. Er stützte sich mit einer Hand am Fensterrahmen ab und versuchte den Strudel von undeutlichen Bildern abzuwehren, die vor seinem inneren Auge erschienen. Nicht jetzt, dachte er, nicht vor all diesen Leuten. Als er wieder einigermaßen Herr seiner Sinne war, drehte er sich herum und sagte: «Wir haben es hier nicht einfach mit einem Nachahmungstäter zu tun.»
    Geisel sah ihn an. «Wie bitte?»
    Grove schob die Hände tief in die Taschen und trat näher an den Tisch heran. «Weil der Sun-City-Mörder die Organe seiner Opfer intakt lässt, habe ich anfangs angenommen, dass es sich um einen Nachahmungstäter handelt. Aber jetzt bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ackerman ist es, ohne Frage, aber was er tut, die Bedeutung dessen, was er tut… Ich glaube, es handelt sich bei seinen Taten um mehr als eine bloße Wiederholung dessen, was er bei der Mumie gesehen hat.»
    Unbehagliche Stille im Raum. Hoberman warf einen Blick zu Geisel hinüber, der nachdenklich auf seinem Bleistift kaute. Zorn studierte intensiv das Muster des Teppichs. Schließlich bat Geisel: «Möchten Sie uns das nicht näher erläutern?»
    Grove deutete auf den Kassettenrekorder. «Es liegt an seinem Verhalten, Tom. Ich kann noch nicht erklären, was ihn antreibt, woher er seine Motivation bezieht… aber sein Verhalten ist höchst seltsam. Und da müssen wir ansetzen.»
    Hoberman ergriff das Wort. «Was sollen wir Ihrer Meinung nach tun, Ulysses?»
    «Senden Sie eine Beschreibung des Täters an jede Abteilung, jede Einsatzzentrale, ja, an jeden verdammten Computer, den Sie auftreiben können. Und sorgen Sie dafür, dass jeder Streifenpolizist Bescheid weiß und den Kerl identifizieren kann, wenn er ihm über den Weg läuft.»
    Geisel kaute die Innenseite seiner Wangen, als Grove jedoch keinen Widerspruch vernahm, fuhr er fort: «Wir haben Fotos von Ackerman und wir haben umfassendes Hintergrundmaterial… Ich würde die Informationen gerne in allen umliegenden Bundesstaaten verbreiten. Ackerman ist ernsthaft verhaltensgestört und damit sehr auffällig. Es sollte nicht allzu schwer sein, ihn zu finden.»
    Hoberman erhob fragend die Stimme. «Was ist mit Geld?»
    «Was soll damit sein?»
    «Hat er Geld mitgenommen? Ist seiner Frau aufgefallen, dass etwas fehlt?»
    Grove nickte. «Er hat Geld, ja – und zwar eine ganze Menge. Er hat zwei Privatkonten, von denen am Tag seines Verschwindens hohe Summen abgehoben wurden.»
    «Ich wünschte, wir hätten etwas von dem Geld», sagte Geisel. «Die Jungs von der dritten Etage bringen mich dieses Jahr wegen des Etats zur Verzweiflung. Wir müssen das Ergebnis der DNA-Untersuchung abwarten. Vorher kann ich eine solch aufwendige Suchaktion nicht genehmigen.»
    «Die Analysen sollten bis heute Abend vorliegen.»
    Hoberman hatte noch immer nicht verstanden, warum Grove nicht an einen Nachahmungstäter glaubte. Sie lenkte das Gespräch wieder auf die Mumie.
    «Okay», sagte Grove. Er ging auf und ab und versuchte, seine Unruhe zu zügeln. «Mir ist bewusst, dass sich meine Erklärung seltsam anhört. Aber Ackermans Verhalten, so wie es von der Ehefrau geschildert wird, riecht nach einem klassischen Psychopathen. Und ich glaube, dass noch mehr hinter der Sache steckt.»
    «Bitte, Ulysses, lassen Sie sich nicht jedes Detail aus der Nase ziehen», stöhnte Hoberman. «Was meinen Sie nun schon wieder mit ‹mehr›?»
    «An dem Teil arbeite ich noch», erwiderte Grove.
    «Schön, dann handelt es sich also um ein unvollendetes Werk.» Sie ließ nicht locker. «Beglücken Sie uns doch mit einem Bericht über Ihre Fortschritte.»
    Grove sah sie an. «Unser nächster Schritt wird entscheidend sein.»
    «Und wieso das?»
    «Ich bin der festen Überzeugung, dass wir alle Teil von Ackermans wahnhaftem Universum sind.»
    «Wie kommen Sie darauf?»
    «Nennen Sie es Intuition, Bauchgefühl… was auch immer. Gott stehe uns bei, aber falls er noch einmal zuschlagen sollte, müssen wir am nächsten Tatort mit einer vollständigen taktischen Einheit zugegen sein. Ackerman wird an den Ort des Verbrechens zurückkehren. Das wird er bisher auch getan haben, davon bin ich überzeugt. Nur dieses Mal werden wir nach ihm Ausschau halten.»
    Geisel rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum.
    «Ulysses… Sie wissen, wenn es irgendwelche Bauchgefühle

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