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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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glich einer struppigen Perücke.
    Sekundenlang erwog er, aus seinem Motelzimmer auszubrechen, besudelt mit dem Blut der Frau aus Nevada durch die Straßen zu rennen und, so laut er nur konnte, nach jemandem zu rufen, der ihm Einhalt gebot, der dies Ding in ihm davon abhielt, wieder zu töten. Aber kaum war ihm dieser Gedanke durch das drangsalierte Gehirn geschossen, löste er sich im Ansturm der Seelenqualen auf. Richard Ackerman riss sich vom Spiegel los und stürzte durch das Zimmer. Er prallte gegen die Wände wie eine Laborratte, die hektisch durch ein Labyrinth irrt.
    In diesem Zustand erschien alles so klar, so nahe liegend, so qualvoll real. Er begriff durchaus, dass er krank war. Er war sogar sehr krank. In mancher Hinsicht war er schon seit seiner Kindheit in Cincinnati krank, als er heimlich die Haustiere aus der Nachbarschaft und die Waschbären, die sich auf den riesigen Grundbesitz seines Stiefvaters verirrt hatten, quälte. Auch die Internate und Privatuniversitäten hatten es nicht geschafft, jene blutrünstigen Bilder zu vertreiben, die Richard Ackermans Phantasien und Träume heimsuchten. Aber jetzt hatten sich diese unterdrückten Gefühlsverwirrungen einen Weg an die Oberfläche gebahnt. Sie waren in seinem Kopf; sie besetzten ihn wie lausige Parasiten. Diese diabolische Persönlichkeit hatte ihn wie ein Virus oder ein exotischer Bazillus überfallen, den er sich mit verdorbener Nahrung einverleibt hatte. Doch wenn der Einfluss dieses Dings abflaute, konnte er fast klar denken; dann war er beinahe wieder Richard Ackerman.
    Er sah ein, dass er sich stellen musste. Sollten sie ihn ruhig in eine Anstalt einliefern, wo er niemandem mehr Schaden zufügen konnte. Aber er wusste auch, dass diese Gedanken sich schon bald wieder dem Willen des Wesens beugen würden. Das Wesen würde wieder erwachen und all sein Wissen und die Erinnerung an seine Vergangenheit ausradieren. Dann wäre er bereit. Bereit, das grausame Werk fortzusetzen.
    Das Ding in ihm besaß Form, Farbe und Struktur – es war schwarz, dünn wie Pergament und abgrundtief bösartig, so dunkel und unergründlich wie ein Gesicht aus verkohltem Pergament. Es war befallen und verwüstet von einer krebsartigen Krankheit, und es glomm fiebrig in ihm wie in einem Hochofen. Es war ein Motor, der seinen Körper antrieb und ihn mit grausamer Heimtücke zu einer kosmischen Zweckerfüllung steuerte, die zu verstehen er gar nicht erst versuchte. Das Ding fühlte sich alt an, und es befehligte seinen Körper mit der peinlich genauen Präzision eines meisterhaften Marionettenspielers. Richard wusste nicht, wie es die Befehlsgewalt über ihn erlangt hatte. Er war sich nur sicher, dass dieses Wesen allmählich die Kontrolle über seinen Geist und Körper bekam.
    Bald würde von Richard Ackerman nichts mehr übrig sein. Diese lichten, hellen Perioden der Erkenntnis würden weniger werden, bis zu guter Letzt von seinem alten Selbst nur noch ein winziges, hartes Saatkorn verblieb… Dann würde nur noch der neue Richard Ackerman leben. Und dieses Ding würde sich mit ganzer Kraft seiner Bestimmung zuwenden. Aber noch in diesem flüchtigen Augenblick der Einsicht – diesem verblassenden Zustand erschreckender Selbsterkenntnis – wusste der alte Richard Ackerman sehr genau, wann und wo jene schwarze, stumme und Verderben bringende Energie zum ersten Mal wie ein Blitz aus heiterem Himmel über ihn gekommen war…
     
    Kriechend.
    Kriechend… auf Händen und Knien, das Gesicht wund vom Wind. Brennende Augen. Es ist kaum etwas zu erkennen. Sein Rücken verrenkt durch den Fall, weißer, heißer Schmerz. Er kriecht weiter. Und weiter. Er hat seinen Blick starr auf den dunklen Gegenstand in zehn Meter Entfernung gerichtet. Das dunkle Ding ist nicht, was es zu sein scheint. Dies dunkle, lederne, braune Objekt ist wichtig.
    Er bewegt sich unaufhörlich darauf zu. Jeweils ein paar Zentimeter, den vereisten Hang hinauf. Seine Handschuhe sind nass vom Sturz, die Finger steif vor Kälte. Er kommt näher. In der wirbelnden Pulverschneewolke kann er das Objekt nur vage ausmachen. Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Haufen Kleidungsstücke oder wie ein ramponierter brauner Müllbeutel, der halb im Eis vergraben liegt. Es kommt immer näher. Ein Schauder erfasst ihn; in seinen Ohren ertönt ein gellendes Pfeifen. Blankes Entsetzen schlägt ihm auf den Magen.
    Das Ding hat ein Gesicht. Es hat ein Gesicht und spindeldürre Arme, von denen einer erhoben ist und in

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