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Die Eismumie

Die Eismumie

Titel: Die Eismumie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga
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herausziehen, da hielt er unvermittelt inne. Die Worte aus dem Fernsehen drangen diffus in sein Bewusstsein. Wie ein Automat wandte er den Kopf herum und blickte auf die Bilder in dem schwarzen Kasten.
    Eine blonde Moderatorin blickte in die Kamera: «… gab ein Sprecher des FBI heute eine Erklärung zu den Sun-City-Morden ab. Nach zwölfmonatigen Ermittlungen befindet sich der Mordverdächtige zu dieser Stunde immer noch auf freiem Fuß. Die Behörden stehen vor einem Rätsel und suchen verzweifelt nach Antworten.»
    Über den Bildschirm flackerte Archivmaterial des FBI, begleitet vom monotonen Kommentar eines Reporters: «… Während das gesamte Land nach einem weiteren, sinnlosen Mord in der Wüste von Nevada noch immer unter schwerem Schock steht, scheint es so, als würden sich die FBI-Profiler bei ihren Ermittlungen an einen letzten Strohhalm klammern… »
    Richard Ackerman erstarrte, als auf eine verwackelte Szene umgeschnitten wurde, die einen Afroamerikaner zeigte. In einen feinen Maßanzug gekleidet eilte der Mann die Treppenstufen vor einem Gebäude herunter und versuchte, den Kameras aus dem Weg zu gehen.
    «… Sogar der bekannte Profiler Ulysses Grove, der Mann, dessen Analyse 1990 zur Verhaftung und schließlich zur Verurteilung des ‹Smiley-Face-Killers› aus Oregon führte, ist angesichts dieser Serie wahlloser Morde offenbar völlig ratlos… »
    Der Anblick dieses Mannes traf Richard Ackerman wie ein Blitzschlag. Ein Gefühl des Wiedererkennens durchflutete ihn, eine warme Vertrautheit. Über eine Kette verflossener Sprachen wurde die Botschaft transponiert und erreichte schließlich die Gegenwart und Ackermans Bewusstsein.
    «… Agent Grove! Würden Sie bitte einen Kommentar zu den Gerüchten abgeben, das FBI trete beim Sun-City-Fall auf der Stelle … ?»
    Schnapp!
    Richard sprang auf und stolperte nach hinten. Die Erkenntnis war wie ein schwarzes Loch, das tief im Kern seiner Existenz implodierte und alles in sich hineinsaugte, das Zeit und Raum verzerrte. Die gesamte Motellobby schien sich zusammenzuziehen wie eine riesige schwarze Pupille mit dem Fernsehschirm in ihrem Zentrum.
    «… tut mir Leid. Kein Kommentar. Sie können Ihre Fragen gerne an die Pressestelle des FBI richten. Von mir erfahren Sie nichts …»
    BOOOOOOOOMMMMMMMMM! – Der Bildschirm schien in einer einzelnen, verschwommenen und körnigen Nahaufnahme von Ulysses Grove zu implodieren. Ein eindrucksvoller Götze, gemeißelt in Onyx, gestaltet von einem göttlichen Künstler. Der Marionettenspieler in Ackerman starrte auf das Bild. Nun war er sich seiner Sache sicher; es bestand kein Zweifel mehr.
     
     
    Grove traf Maura County in der Lobby des Hotels Nikko in San Francisco, wo sie verabredet waren.
    «Da sind Sie ja endlich. Kommen Sie! Das müssen Sie sich unbedingt ansehen!» Sie führte ihn zu einer Reihe von Fahrstühlen. «Ich habe so etwas noch nicht gesehen», sagte sie, als sich die Türen der Kabine klappernd schlossen, «dabei arbeite ich schon seit fast dreizehn Jahren in dieser Branche.»
    Während der Fahrstuhl hinauffuhr, standen sie für einen kurzen Moment einfach nur da und sahen sich tief in die Augen.
    «Und wie war Ihr Flug?», fragte Maura schließlich ein wenig verlegen und brach damit das Schweigen.
    «Ähm… na ja… keine größeren Zwischenfälle», antwortete Grove. Er hatte die Hände tief in die Taschen seines Jacketts geschoben. Schwindel überfiel ihn. Mehr als je zuvor fühlte er sich wie eine menschliche Flipperkugel, die auf der Jagd nach dem Mörder durch das ganze Land hin und her katapultiert wurde. Er war vor einer knappen Stunde in der Abenddämmerung in San Francisco eingetroffen. Obwohl es nur eine Reise von vielen gewesen war, hatte er das Gefühl, dass ihn dieser Flug den letzten Rest seiner Kräfte gekostet hatte. Terry Zorn hatte ihn begleitet, aber entschieden, zunächst dem FBI-Büro in der Stadt einen Besuch abzustatten. Er wollte Grove und Maura später im Hotel Nikko treffen. Grove hatte sich auf das Wiedersehen mit Maura gefreut. Doch nun, alleine mit ihr im Fahrstuhl, fühlte er sich beklommen. Sie trug einen eleganten schwarzen Rollkragenpullover und schwarze Jeans, die ihren milchweißen Teint und die blassblauen Augen betonten. Ihr Haar war zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden, und Grove spürte, dass sein Blick von ihrem schmalen Nacken angezogen wurde. Schuldgefühle stiegen in ihm auf. «Wollen Sie mir nicht endlich verraten, um was es geht?»,

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