Die Eisprinzessin schläft
von seinem Personal etwas Manieren zu erwarten.
Neben Patrik und Annika gab es im Polizeirevier von Tanumshede drei weitere Angestellte. Gösta Flygare war der Älteste hier, und er setzte sich mit seiner ganzen Kraft dafür ein, bis zur Rente, die nur noch ein paar Jahre ausstand, sowenig wie möglich zu tun. Danach würde er all seine Zeit dem Golfspielen, seiner großen Leidenschaft, widmen. Er hatte vor zehn Jahren damit angefangen, als seine Frau an Krebs gestorben war und ihm die Wochenenden plötzlich viel zu lang und trostlos vorkamen. Der Sport war für ihn bald so was wie Gift im Blut, und er betrachtete derzeit seine Arbeit, die ihn übrigens noch nie sehr interessiert hatte, nur noch als störendes Element, das ihn daran hinderte, seine Zeit auf dem Golfplatz zu verbringen.
Obwohl das Gehalt mager war, hatte er genügend beiseite legen können, um sich eine Wohnung an der spanischen Sonnenküste kaufen zu können, und bald würde er sich in den Sommermonaten dem Golfspiel in Schweden widmen und den Rest des Jahres auf den Plätzen in Spanien verbringen. Allerdings mußte er zugeben, daß diese Morde zum erstenmal seit langem ein gewisses Interesse bei ihm weckten. Doch war es nicht groß genug, als daß er, wenn es die Jahreszeit zugelassen hätte, nicht viel lieber eine Achtzehnlochrunde gespielt hätte.
Neben ihm saß der Jüngste des Reviers. Martin Molin rief bei jedem von ihnen ein variierendes Maß an Elterngefühlen wach, und sie bemühten sich, ihm bei der Arbeit eine Stütze zu sein. Allerdings achteten sie genauestens darauf, daß er es nicht bemerkte. Sie betrauten ihn ausschließlich mit Aufgaben, die auch ein Kind hätte erledigen können, und wechselten sich darin ab, die von ihm geschriebenen Berichte durchzusehen und zu korrigieren, bevor sie an Mellberg weitergeschickt wurden.
Martin hatte vor nicht mehr als einem Jahr die Polizeihochschule abgeschlossen, und die Verblüffung war groß, erstens, weil er es bei den strengen Aufnahmebedingungen überhaupt geschafft hatte, dort angenommen zu werden, und zweitens darüber, daß es ihm gelungen war, die Ausbildung zu absolvieren und ein Examen zu bekommen. Aber Martin war nett und herzlich, und trotz seiner Naivität, die ihn für den Polizeiberuf denkbar ungeeignet sein ließ, waren alle der Ansicht, daß er hier in Tanumshede keinen größeren Schaden anrichten konnte, und sie halfen ihm gern über alle Hindernisse hinweg. Insbesondere Annika hatte ihn in ihr großes Herz geschlossen und zeigte zum Entzücken aller immer mal wieder ihre Gefühle, indem sie ihn spontan an ihren gewaltigen Busen drückte.
Die Farbe seines Gesichts konnte sich in diesen Momenten mit seinen feuerroten, ständig zu Berge stehenden Haaren und den ebenso roten Sommersprossen messen. Aber er vergötterte Annika und hatte viele Abende zu Hause bei ihr und ihrem Mann verbracht, um sie um Rat zu fragen, wenn er mal wieder unglücklich verliebt war. Und das war er ständig. Seine Naivität und Weichherzigkeit schienen ihn zum unwiderstehlichen Magneten für solche Frauen zu machen, die Männer zum Frühstück verspeisten und die Reste wieder ausspuckten. Aber Annika war immer zur Stelle, um ihm ihr Ohr zu leihen, das kaputte Selbstvertrauen zusammenzuflicken und ihn dann wieder in die Welt hinauszuschicken, in der Hoffnung, daß er eines Tages einer Frau begegnen würde, die begriff, was für ein Goldstück von Mann unter der sommersprossigen Oberfläche steckte.
Das letzte Mitglied der Gruppe war auch das am wenigsten beliebte. Ernst Lundgren war ein Arschkriecher großen Stils, und er verpaßte keine Gelegenheit, um sich selber, gern auf Kosten anderer, herauszustreichen. Niemand war verwundert, daß er noch immer ledig war. Er war alles andere als attraktiv, und sicher hatten auch häßlichere Männer als er eine Partnerin gefunden, weil sie eine einigermaßen angenehme Persönlichkeit aufwiesen, doch bei Ernst Lundgren war nichts davon zu bemerken. Also wohnte er jetzt zusammen mit seiner alten Mutter auf einem Bauernhof, zehn Kilometer südlich von Tanumshede. Die Gerüchte besagten, sein Vater, der in der Gegend als ständig betrunkener und höchst aggressiver Mann verschrien gewesen war, hätte von seiner Frau eine hilfreiche Hand erhalten, als er vom Heuboden stürzte und auf einer Heugabel landete. Aber das lag jetzt viele Jahre zurück, und Gerüchte kamen schließlich schnell in Umlauf, wenn die Leute nichts Interessanteres zu reden hatten. Was jedoch
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