Die Eissphinx
genug gewesen wäre, eine so lange und gefährliche Fahrt auszuhalten, das war William Guy und seinen Gefährten unmöglich, da ihnen dazu die nöthigen Werkzeuge fehlten und sie nichts als ihre Waffen, Gewehre, Pistolen und große Messer besaßen.
Sie hatten ihr Augenmerk also nur darauf zu richten, daß sie sich den gezwungenen Aufenthalt hier so gut wie möglich gestalteten, während sie auf eine Gelegenheit zum Verlassen der Insel warteten. Woher konnte eine solche aber kommen, wenn sie nicht ein Zufall, über den nur die Vorsehung allein verfügte, aus ihrer Vereinsamung befreite?
Auf Anrathen des Kapitäns und des zweiten Officiers wurde zunächst beschlossen, einen Lagerplatz an der Nordwestküste zu wählen. Von dem Dorfe Klock-Klock aus war die offene See nicht zu überblicken, und es erschien doch vor allem angezeigt, immer das Meer beobachten zu können, im Fall – so unwahrscheinlich das leider sein mochte – ein Schiff in den Gewässern von Tsalal auftauchte.
Der Kapitän William Guy, Patterson und ihre fünf Genossen stiegen also wieder längs der Schlucht hinauf, die mit den Ueberresten des Hügels nebst mürben Schlacken, Blöcken von schwarzem Granit und körnigem Mergel, aus dem metallische Splitter hervorblinkten, zur Hälfte verschüttet war. So hatte sich das Bild dieses trostlosen Stückes Land, »das,« sagt er, »die Stelle eines Babylon in Ruinen bezeichnete,. den Blicken Arthur Pym’s dargestellt.
Vor dem Verlassen der Schlucht hatte William Guy noch die Absicht, die rechte Seite derselben zu besichtigen, wo Arthur Pym, Dirk Peters und Allen verschwunden waren. Diese Seite zeigte sich aber gänzlich verschüttet, so daß es unmöglich war, unter das Bergmassiv einzudringen. Ihm war auch das natürliche oder künstliche Labyrinth unbekannt, das Gegenstück zu dem, das er eben verlassen hatte und das mit dem andern, vielleicht unter dem ausgetrockneten Bette des Baches im Grunde, in Verbindung stand.
Nach Ueberwindung dieses verdrießlichen Hindernisses, das den Weg nach Norden zu unterbrach, begab sich die kleine Truppe schnellen Schrittes nach Nordwesten hin.
Hier am Ufer, gegen drei Seemeilen von Klock-Klock entfernt, begann man nun die Einrichtung einer Grotte oder Höhle, die der ähnlich gewesen sein mochte, welche wir an der Küste von Halbrane-Land bewohnten.
An dieser Stelle war es dann, wo die sieben Ueberlebenden von der »Jane« so lange und verzweiflungsvolle Jahre aushalten mußten – ganz wie es das Schicksal auch uns beschieden hatte, nur daß jene insofern besser daran waren, als der fruchtbare Boden von Tsalal ihnen Hilfsquellen bot, die dem von Halbrane-Land gänzlich abgingen. Wenn wir verurtheilt schienen, nach Erschöpfung unserer Vorräthe elend umzukommen, so waren sie das nicht im mindesten. Sie konnten beliebige Zeit lang warten… und sie warteten…
Bei ihnen konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß Arthur Pym, Dirk Peters und Allen bei dem Hügeleinsturz getödtet worden wären, und was den Letztgenannten anging, traf das ja auch zu. Wie hätten sie auch auf den Gedanken kommen können, daß Arthur Pym und der Mestize, nachdem sie sich eines Bootes bemächtigt, die Insel verlassen konnten?
Wie uns William Guy mittheilte, wurde die Eintönigkeit dieser Existenz in elf langen Jahren durch keinen Zwischenfall unterbrochen, nicht einmal durch das Wiedererscheinen früherer Inselbewohner, die sich vor Angst und Grauen nicht mehr nach der Insel Tsalal zurückwagten. Keine Gefahr hatte sie in diesem Zeitraum bedroht. Je länger derselbe sich ausdehnte, desto mehr verloren sie freilich die Hoffnung, jemals erlöst zu werden. Anfänglich hatten sie, nach Wiedereintritt der schönen Jahreszeit, als das Meer wieder eisfrei war, wohl denken können, daß ein Schiff zur Aufsuchung der »Jane« ausgesendet werden könnte; als aber vier bis fünf Jahre verstrichen waren, verloren sie jede Hoffnung.
Gleichzeitig mit den Erzeugnissen des Erdbodens – darunter werthvolle antiskorbutische Pflanzen, wie Löffelkraut, brauner Sellerie und andere, die in der Nähe der Höhle vielfach wuchsen – hatte William Guy aus dem Dorfe auch eine gewisse Menge Geflügel, Hühner und ausgezeichnet schöne Enten, neben einer Anzahl auf der Insel vielfach vorkommender schwarzer Schweine, herbeischaffen lassen. Ohne zu den Feuerwaffen greifen zu müssen, war es übrigens ein Leichtes, auch Rohrdommeln mit pechschwarzem Gefieder zu Hunderten zu erlegen. Diesen verschiedenen
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