Die Elben - 02 - Die Könige der Elben
Thronfolge in Aratan nicht vorgesehen, und zweitens erwartet man von einem aratanischen König, dass er an der Spitze seines Heeres reitet oder eine Flotte kommandiert. Andernfalls wird ihm weder der Adel noch die Armee folgen, und seine Herrschsaft wäre schon beendet, noch bevor er sich auf dem Thron niedergelassen hat.«
»Eurer Analyse kann ich nur zustimmen.«
»Dann stimmt Ihr vielleicht auch meinem Plan zu, Magolas.
Ich sagte gerade, dass ich den Thron nicht allein besteigen kann – aber mit Euch zusammen sehr wohl. Ihr müsstet König in Aratan werden! Die Voraussetzungen dafür sind hervorragend: Ihr habt Siege über Siege errungen, und militärischer Ruhm ist das ideale Fundament für ein Königtum, dies wisst Ihr sehr wohl. Aber dieser Ruhm ist vergänglich wie fast alles – außer Euch. Also nutzt die Stunde und werdet mein Gemahl und König!«
Magolas lächelte. »Wäre es nicht traditionellerweise die Aufgabe des Mannes, um Euch zu werben?«
»Richtig. Aber in dieser Situation kann ich nicht warten, dass Ihr Euch irgendwann von selbst dazu durchringt. Magolas, wir hätten alle Trümpfe in der Hand. Das Heer folgt Euch, wohin immer Ihr es befehlt, und die traditionell königstreuen Anhänger meines Vaters wären durch die Tatsache versöhnt, dass ich Eure Frau und Königin würde. Wir hätten die Möglichkeit, dieses Land zu einen und eine stabile Herrschaft zu errichten. Eine Herrschaft, die nicht einmal von außen bedroht wäre, denn Ihr seid ja, wie man sich überall schon erzählt, auch zum Kaiser der Südwestlande ausgerufen worden.«
Ein Rhagar-Großreich südlich von Elbara – genau das hatten die Elben immer verhindern wollen. Schließlich aber hatten sie unter Magolas’ Führung sogar dafür gekämpft. Eine Ironie der Geschichte, dachte der Königssohn.
Die Verkündung vom Tod des Königs und die Ausrufung des neuen Herrschers mussten im selben Augenblick geschehen.
Als Magolas und Larana vor das Volk der Hauptstadt Aratania traten und ihre Vermählung bekannt gaben, herrschte große Freude. Auch wenn sich Magolas wünschte, seine Familie hätte diesen Augenblick des Triumphs erleben können, so war es doch notwendig, diesen Herrschaftswechsel schnell und reibungslos vorzubringen. Dies war sein Reich, dachte Magolas. Ein Reich, dessen Bestandteile – Aratan, Norien und die Südwestlande – noch zusammenwachsen mussten. Aber im Gegensatz zu den früheren Herrschern der Rhagar hatte Magolas dafür Zeit. Eine Ewigkeit, wenn es darauf ankam.
Gemeinsam standen Larana und Magolas auf einem Balkon des Palastes, vor dem sich eine große Menschenmenge versammelt hatte. Magolas hielt dabei Laranas Hand. Sie war warm. Aber auch in diesem Moment des höchsten Triumphs konnte er nicht vergessen, dass diese Hand bereits in absehbarer Zeit von der Kälte des Todes befallen sein würde, und dieser Gedanke ließ ihn schaudern. Sein Lächeln wirkte maskenhaft und entrückt, während er sich vom Volk Aratanias huldigen ließ.
»Es beginnt eine neue Zeit, Magolas«, sagte Larana. »Unsere Zeit!«
Ja, dachte Magolas, doch sie würde nicht länger währen als einen flüchtigen Moment. Die Namenlosen Götter, die das Polyversum der vielen Sphären geschaffen hatten, waren offenbar nicht nur vollkommen desinteressiert an den Geschicken der Sterblichen. Nein, Grausamkeit und Sadismus schienen ihre herausragenden Charaktereigenschaften zu sein.
Trotz der Entfernung zwischen Aratania und Elbenhaven fühlte sich Ruwen ihrem Sohn Magolas sehr nahe. Sie wusste lange bevor die Kunde von der Thronbesteigung des neuen Herrschers und seiner Vermählung mit Larana nach Elbenhaven gelangte, dass sich etwas Entscheidendes in Magolas’ Leben ereignet hatte. Die Schiffe, mit denen Magolas in den Süden aufgebrochen war, kehrten zurück.
Schiffe mit den siegreichen Kriegern aus dem norisch-südwestländischen Feldzug an Bord, die von Magolas’
Ruhmestaten berichteten.
Seiner Mutter ließ Magolas einen langen Brief überbringen, in dem er ausführlich berichtete und rechtfertigte, was geschehen war. Dieser Brief schloss mit dem Bedauern darüber, dass er in absehbarer Zeit nicht nach Elbenhaven zurückkehren werde. Zumindest solange seine Gemahlin unter den Lebenden weile, sei sein Platz an ihrer Seite in Aratania.
Prinz Sandrilas war außer sich, als er von Magolas’
Thronbesteigung hörte. »Euer Sohn ist jetzt Herrscher eines großen Rhagar-Reichs, wie es seit den Zeiten des Eisenfürsten nicht mehr
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