Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
hätte sich Magolas gewünscht, daran etwas ändern zu können. Aber es gab kein Entkommen aus dem Netz, in das sie sich beide verstrickt hatten.
»Du hast ihn gerufen«, sagte Magolas ruhig. Der Zorn war aus seinem Tonfall völlig verschwunden, in seiner Stimme klangen jene Gefühle auf, die sich in Laranas Augen widerspiegelten: Liebe und Schmerz. »Du hast ihn gerufen, denn ich hatte deinen Geist, ohne dass du es wusstest, gegen seine Einflüsterungen magisch geschützt – so wie ich es auch bei unseren Kindern versuchte. Wäre da nicht deine Bereitschaft gewesen, seine Gedanken zu empfangen, wäre nichts geschehen. Es war dein Wunsch, dein Ruf, der ihm das Tor öffnete und mich zwang, ihn zu töten. Denn die Seelen unserer Kinder wären niemals vor seinen Einflüsterungen sicher gewesen.«
»Warum nicht? Sind sie zu begabt, um sie abschirmen zu können? Zu stark?«, fragte Larana.
»Ja, vielleicht. Und ein geschickter Magier wie Andir hätte ihre kindliche Neugier immer wieder ausgenutzt, um den magischen Schutz zu umgehen.«
Magolas strich Larana zärtlich durchs das Haar und über die Wangen. Dann nahm er ihre Hand. Sie war eiskalt, kälter noch als die Hand einer Elbin.
Auf einmal wich sie einen Schritt vor ihm zurück.
Fassungslos sah sie ihn an. »Aber nicht nur an den Kindern führst du schwarzmagische Rituale durch, ohne dass sie über deren Bedeutung etwas wissen oder auch nur ahnen.«
»Das wird bald nicht mehr vor ihnen zu verbergen sein«, erwiderte Magolas ruhig. »Außerdem war es zu ihrem Besten.
So wie bei dir auch.«
Larana löste ihre Hand aus seinem Griff. Sie schluchzte.
Tränen glitzerten in ihren Augen. Tränen, in denen sich sowohl tiefe Melancholie als auch wilder Zorn manifestierten.
Und plötzlich starrte sie auf ihre Arme. Dunkle Zeichen waren dort zu sehen. Ineinander verschnörkelte Linien, die jenen Symbolen glichen, die Magolas auf die Haut seiner Kinder zeichnete.
Larana vollführte eine ruckartige Bewegung. Sie ging zu dem Teich in der Mitte des Atriums und blickte hinein. Auch überall in ihrem Gesicht waren diese Hexenzeichen einer dunklen Magie, die Larana weder verstand noch guthieß.
»Woher kommen diese Zeichen?«, rief sie schier außer sich.
Magolas aber blieb vollkommen ruhig. »Sie waren immer schon da. Seit vielen Jahren, Larana. Du hast sie nur nie gesehen, und sie sind auch jetzt noch für jeden unsichtbar, der dich betrachtet und nichts von ihrer Existenz weiß.«
Larana stand der blanke Schrecken ins Gesicht geschrieben.
Was war nur aus ihnen beiden geworden? Wie hatte sich die unbeschwerte Liebe einer jungen Rhagar-Prinzessin, die nicht an das Morgen und schon gar nicht an das nächste Jahrtausend dachte, in etwas Derartiges verwandeln können? In etwas, das sich eindeutig böse anfühlte? In etwas, das nicht nur ihren Gemahl und sie selbst, sondern auch ihre Kinder zu Sklaven der Finsternis machte?
»Wir können so nicht weitermachen, Magolas«, sagte sie. Sie tauchte die Oberarme ins Wasser, versuchte die magischen Zeichen abzuwaschen, die angeblich für alle anderen unsichtbar waren. Larana schleuderte sich Wasser ins Gesicht, rieb über die Haut, bis sie rot wurde, aber ansonsten war keinerlei Veränderung zu sehen. Die Zeichen ließen sich nicht so einfach abwaschen wie irgendein Schmutz – normaler Schmutz –, mit dem man in Berührung gekommen war. Sie spürte ihren Herzschlag bis zum Hals. »Was hast du getan, Magolas?«, fragte sie.
»Ich wollte nicht, dass du stirbst«, murmelte Magolas fast tonlos; er benutzte auch längst wieder die persönliche Anredeform des aratanischen Rhagar-Dialekts, wie ihr auffiel.
Sie spürte, dass auch er innerlich aufgewühlt war, dass er verzweifelt war, dass er dicht vor der Grenze des Unerträglichen wandelte. Hinter der Fassade des mächtigen Herrschers eines Rhagar-Großreichs, das seinen Namen trug und dessen Macht die des legendären Eisenfürsten bei Weitem überstieg, verbarg sich jemand, der nicht wusste, wie er das Glück, das er gefunden hatte, festzuhalten vermochte. Und dafür war er bereit, jeden Preis zu bezahlen.
Larana hatte – das gestand sie sich ein – nie wirklich genau wissen wollen, welchen schaurigen Tribut Magolas zu entrichten hatte, um ihr das Leben zu erhalten. Da sie es wusste, war sie überzeugt davon, dass es auf diesem Weg einfach nicht mehr weitergehen konnte. Schon um ihrer gemeinsamen Kinder willen.
»Alles, was du getan hast, hast du aus Liebe getan, das weiß
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