Die Elben - 03 - Der Krieg der Elben
ich«, sprach sie. »Aber das, was daraus erwachsen ist, ist schrecklich, und ich kann damit einfach nicht weitermachen, Magolas.«
»Du hast keine andere Wahl, Larana«, stellte Magolas fest.
»Es sei denn, du ziehst es vor, als totes, verwesendes Stück Fleisch in die Erde gelegt und von Maden und Würmern zerfressen zu werden, wie es den Traditionen deines Volkes entspricht. Denn das wäre die Alternative. Du weißt es. Und du weißt auch, dass es keinen Sinn hat, über die Umstände zu klagen, wenn es keine Möglichkeit einer anderen Entscheidung gibt.«
»So werden unsere Kinder zu Geschöpfen der Finsternis?«
Sie sah ihm in die nachtschwarzen Augen. »Raubt dir dieser Gedanke nicht auch den Schlaf, Magolas?«
Der Großkönig blieb seiner Gemahlin die Antwort auf diese Frage schuldig.
»Was ist mit dem alten, weißhaarigen Mann?«, fragte Sarwen ein paar Tage später, als sie mit Daron im Garten spielte. Ihre Finger fuhren dabei über die Rinde am Stamm eines kleinen Baums entlang; der war in den letzten Wochen ausgesprochen stark gewachsen, nachdem Sarwen täglich in Gedanken mit ihm gesprochen hatte. Erstaunlicherweise bildeten sich Kirschen, Nüsse und Äpfel zugleich an seinen Zweigen, worüber unter den Bediensteten des Palastes großes Erstaunen aufkam. Für Sarwen war das sehr leicht erklärlich. Schließlich hatte sie dem Baum gut zugeredet und ihre ganze Gedankenkraft darauf verwendet, ihn dazu zu bringen, sowohl Äpfel als auch Kirschen und Nüsse hervorzubringen. Dass der Baum eigentlich noch gar nicht groß genug war, um überhaupt schon Früchte zu tragen, wie der Palastgärtner gesagt hatte, mochte ja auf alle anderen seiner Art zutreffen. Aber Sarwen sah nicht ein, weshalb das ausgerechnet bei »ihrem« Baum so bleiben sollte.
Sie sah ihren um wenige Augenblicke älteren Bruder stirnrunzelnd an, als dieser nicht gleich antwortete. »Hat der alte Mann mit dir noch einmal gesprochen, Daron?«
»Nein.«
»Mit mir auch nicht. Was meinst du, woran das liegt?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hast du ihn gesucht?«
»Ja.«
»Und?«
»Ich kann ihn nicht aufspüren.« Daron zuckte mit den Schultern. »Kann es sein, dass die Zeichen, die unser Vater auf unsere Haut malt, uns daran hindern, mit den Gedanken noch weiter zu fliegen?«
»Das habe ich auch schon manchmal gedacht«, gab Sarwen nach einer Pause zurück.
2
RÜCKKEHR AUF DIE INSEL
DES AUGENLOSEN SEHERS
Sein Name war Oou.
Ein einfacher Name – aber es war lange her, seit es unter den geflügelten Äfflingen auf Naranduin üblich gewesen war, Namen zu tragen. Es war auch lange her, dass sein Volk Könige gehabt und dass man Kleider getragen hatte. Einst hatte es auch eine Sprache gegeben, die über eine geringe Zahl einfacher Äußerungen hinausging, aber sie war ebenso dem Fluch des Vergessens anheimgefallen wie alles andere.
Der affenähnliche Ouroungour jedenfalls trug diesen Namen
– Oou. Woher dieser Name stammte, wer ihm diesen Namen gegeben hatte, das hatte Oou längst vergessen; es war ihm auch egal, er dachte nicht einmal darüber nach.
Oou richtete sich zur vollen Größe auf. Seine rechte, prankenähnliche Hand umfasste sowohl den Schaft eines Dreizacks als auch einen Speer, und in der linken hielt er einen grünlich schimmernden Stein des Magischen Feuers. Die lederhäutigen Flügel des Äfflings spreizten sich raschelnd und falteten sich dann sorgfältig wieder auf dem Rücken des Wesens zusammen.
Den Stein in der Hand, stieß Oou einen markerschütternden Schrei aus, der sein ganzes Unverständnis darüber ausdrückte, dass er diesen Stein nicht behalten und zur Pflege der Waffen nutzen konnte, wie es unter seinesgleichen bis vor einiger Zeit üblich war. Aber der Befehl seines Herrn war unumstößlich.
Der Ouroungour ließ einen weiteren schrillen Laut folgen, der von einem halben Dutzend anderer Äfflinge ärgerlich erwidert wurde.
Die ganze Gruppe war auf dem von Urwald eingeschlossenen Felsen der sechs Steindornen gelandet und führte den Befehl aus, den ihnen die Stimme ihres Herrn schon vor langer Zeit erteilt hatte, und seither befolgten sie diesen Befehl, auch wenn sie dessen Sinn nicht begriffen.
Oou trat an den dunklen Schlund, der sich in der Mitte zwischen den in die Höhe ragenden Steindornen gebildet hatte.
Der Schlund hatte die Länge von vier Speeren und war ebenso breit, und seine Form war in etwa kreisförmig, variierte aber.
Es machte ganz den Eindruck, als hätte sich die schwarze
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