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Die Elefanten Hannibals

Die Elefanten Hannibals

Titel: Die Elefanten Hannibals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Nemirowski
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durcheinander.
    „Ruhe!" Er hebt die Hand. „Einer soll sprechen." 
    Ein älterer Gallier tritt vor. 
    „Wir sind erschöpft!" sagt er. „Du zwingst uns, Tag und Nacht zu marschieren und lädst uns obendrein Lasten auf. Ein freier Krieger braucht nichts zu tragen als seine Waffen."
    „Ja!" schreien die andern. „Wir sind keine Sklaven. Sollen die Iberer diese Säcke tragen!"
    „Ich will euch eine Geschichte erzählen", erwidert Hannibal. „Es waren einmal ein Maultier und ein Esel, die sollten gleich schwere Lasten tragen. Weil das Maultier aber nur einen Teil seiner Last auf den Rücken nehmen wollte, lud der Bauer den anderen Teil zusätzlich dem Esel auf. Da brach der Esel zusammen, und dem Maultier blieb nichts anderes übrig, als die gesamte Last zu schleppen. Ich bin bereit, diese Säcke den Iberern zu geben und euch ihre Waffen auszuhändigen. Aber dann müßt ihr auch für euch und für sie kämpfen. Wollt ihr das?" 
    Allgemeines Gebrumm ist die Antwort. Wortlos gehen die Gallier zu den Säcken und laden sie sich auf.
     
     
In Rom
     
    Während sich Hannibal den Pyrenäen näherte, befand sich der Konsul Publius Cornelius Scipio, der mit dem iberischen Feldzug beauftragt war, noch in Rom. Der Konsul zählte etwa fünfzig Jahre, er war also nach römischen Begriffen noch kein alter Mann.
    Außergewöhnliche Umstände hielten den Konsul zurück. Im Norden Italiens hatten sich nacheinander mehrere gallische Stämme erhoben, deren Dörfer kurz zuvor von den Römern zerstört und deren Land von römischen Ansiedlern in Besitz genommen worden war. Nun unternahmen die gallischen Stämme ständig Überfälle auf die römischen Kolonisten. Sie behielten die römischen Unterhändler, die man zu ihnen sandte, als Geiseln zurück und besetzten obendrein Modena, Roms wichtigste Festung in Norditalien.
    Daraufhin wurde eine römische Legion gegen die Gallier eingesetzt. Aber sie geriet in den Urwäldern, die damals Norditalien bedeckten, in einen Hinterhalt und mußte unter Zurücklassung ihrer Toten und Verwundeten fliehen. 
    Zu ihrer Verstärkung schickte der römische Senat deshalb sofort eine der eigentlich für den Einsatz in Iberien bestimmten Legionen nach Norditalien. Zum Ersatz für diese Legion mußte erst eine neue Legion aufgestellt und ausgebildet werden, und dem Konsul Publius Scipio blieb nichts anderes übrig, als solange in Rom zu warten. 
    Am Einberufungstag strömten viele junge Männer zum Kapitol, der Burg von Rom. Sie lag auf einem der sieben Hügel, auf denen Rom erbaut ist.
    Unter den Rekruten befanden sich Bauern aus Apulien, lebhafte Winzer aus Kampanien und großstädtisch gekleidete junge Römer, die sich selbstbewußten Blickes abseits hielten.
    Zu ihnen gehörte auch Publius Cornelius Scipio der Jüngere - der Sohn des Konsuls, der den gleichen Namen wie sein Vater trug. Das gab es bei den Römern häufig.
    Erst vor knapp einem Jahr hatte der Patriziersohn Publius die rotgesäumte Kindertoga abgelegt, die von den römischen Knaben bis zum sechzehnten Lebensjahre getragen wurde. Trotzdem wirkte er nicht jünger als die übrigen mit seinem zarten blassen Gesicht und den nachdenklichen braunen Augen. Sein Haar war kurz geschnitten, er trug eine sorgfältig gebügelte, schneeweiße Toga und Sandalen, deren Verschnürung bis zu den Knien hinaufreichte.
    Seine Spielgefährten hatten ihm den Spitznamen Grieche gegeben, weil er fließend griechisch sprach und Homers Gedichte mehr liebte als ihre wilden Spiele.
    Nun aber hieß es: Leb wohl, Homer, leb wohl, Vaterhaus. 
    Der Kriegsgott Mars ruft!
     
     
Rekrutenzeit
     
    „Höher die Beine, Jungs!" ruft der Zenturio - der Hundertschaftsführer -, ein Mann mit glattrasiertem wettergegerbtem Gesicht. „Die Reihe gerader! He, du Esel, paß auf, sonst kriegst du die Rute zu kosten!" 
    Der Schweiß rinnt Publius über das Gesicht, die Tunika ist zum Auswringen naß, aber der Zenturio kennt kein Erbarmen. 
    „Was, ihr Muttersöhnchen, wollt ihr schon schlappmachen?" grölt er. 
    „An den Spinnrocken gehört ihr und nicht in eine Legion!" 
    So geht es bis zum Mittag. Dann setzen sich die jungen Rekruten unter die Ulmen, die auf dem Exerzierplatz wachsen, und nehmen ihr kärgliches Mahl ein. Unwillkürlich denkt Publius an den saftigen Schweinebraten, den die Sklaven daheim auf den Mittagstisch zu stellen pflegen.
    „Aufstehen!" ruft der Zenturio. „Einzeln im Laufschritt zu den Pfählen!"
    Der meint wohl, ich sei als Affe geboren

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