Die Elefanten Hannibals
worden, denkt Publius wütend und bleibt hilflos vor dem glatten, senkrecht in die Erde gerammten Pfahl stehen.
„Was glotzt du?" Der Zenturio schlägt ihn leicht mit der Rute. „Klettre hinauf!"
Die Arme rutschen ab, die Beine zittern bei der ungewohnten Anstrengung.
„Höher!" ruft der Zenturio. „Immer höher! So ist's richtig!"
Als die Sonne sinkt, führt er die erschöpften Rekruten zur Pfahlbrücke des Horatius Codes. Vielleicht will er uns von der Heldentat dieses Mannes berichten, der die Pfahlbrücke einstmals zuerst mit zwei Gefährten und dann allein gegen einen übermächtigen Feind verteidigt hat, überlegt Publius. Nein, der Zenturio befiehlt, sich der Kleider zu entledigen. Erleichtert springen die Rekruten ins Wasser und spülen sich Schweiß, Staub und Erschöpfung ab.
Doch der Zenturio überläßt sie nur kurze Zeit diesem Vergnügen.
„Mir nach!" ruft er. „Zum anderen Ufer!"
Gehorsam schwimmen die Rekruten hinter ihm her. Nur mit Mühe können sie die starke Strömung überwinden.
Eines Tages rollen Fuhrwerke ins Lager.
„Wir erhalten Waffen!" rufen sich die Rekruten zu und laufen ungeduldig zu den Fuhrwerken hin. Endlich werden sie das kurze blitzende Schwert, den Wurfspieß mit der dreikantigen Eisenspitze und den festen Schild erhalten. Aber wie groß ist ihre Enttäuschung, als an Stelle der Schwerter Holzknüppel und an Stelle der Schilde Flechtplatten ausgeladen werden.
„Na, das gefällt euch wohl nicht?" fragt der Zenturio spöttisch. „Die Herren tragen ja schon die Männertoga und schämen sich, Stöcke in der Hand zu halten. Aber ihr müßt zuerst lernen, mit den Knüppeln umzugehen. Hebt sie auf! Merkt ihr, daß sie doppelt so schwer sind wie Schwerter? Nun nehmt die Flechtplatten und dann im Laufschritt zu den Puppen. - Zustechen!"
Der an einem Querbalken hängende Holzklotz tanzt unter den Stößen, als sei er lebendig. Aber der Zenturio runzelt unzufrieden die Stirn, nimmt Publius den Stock aus der Hand und führt einen kurzen schnellen Stoß in Bauchhöhe gegen den Holzklotz, springt zurück und schlägt dann von oben zu.
„Gib die Flechtplatte her!" ruft er. „Während du zustößt, darf kein Teil deines Körpers ungeschützt sein. - So!"
Er schützt sich links mit dem Schild und macht mit der rechten Hand einen neuen Ausfall.
Es ist nicht leicht, ein Krieger zu werden. Was muß man nicht alles können - rennen, über Gräben springen, auf Bäume klettern, Flüsse durchschwimmen, Schwert und Pfeil und Bogen handhaben und vor allem - gehorchen.
Disziplin ist die wichtigste Tugend des römischen Kriegers. Ohne Erlaubnis darf er höchstens atmen, aber auch das ist fraglich, denn er kann jeden Augenblick in den Tod geschickt werden und dabei Atem und Leben verlieren. Ungehorsam wird mit dem Tod bestraft. Jeder Römer kennt die Geschichte des Manlius Torquatus, der seinen siegreichen Sohn wegen eines nichtausgeführten Befehls hinrichten ließ. Und das ist kein Märchen, zur Einschüchterung der Legionäre ersonnen. Jeder höhere römische Beamte wird von mehreren Liktoren begleitet. Das sind Staatsdiener, die ständig ihr Wahrzeichen - die Rutenbündel mit den darin steckenden Beilen - bei sich tragen und an den schuldig Befundenen die Strafen vollziehen. Und wer noch nie der Hinrichtung eines Feiglings oder Disziplinverletzers beigewohnt hat, kennt auf jeden Fall das Pfeifen der Ruten oder trägt die Narben ihrer Schläge auf dem Körper.
Zu Schiff nach Marseille
Leb wohl, Rom! dachte Publius, als er auf der Landstraße nach der Hafenstadt Ostia davonmarschierte. Wie gern hätte er sich umgesehen und einen Abschiedsblick auf das Kapitol und auf den flachen Palatinischen Hügel geworfen, wo sein Vaterhaus stand! Aber das durfte er nicht, denn es galt als schlechtes Vorzeichen. „Wer sich umblickt, kehrt nicht zurück!" sagten die Alten. Zwar verlachten die griechischen Philosophen, deren Werke Publius gelesen hatte, diesen Aberglauben. Doch was würden die neben ihm marschierenden Legionäre denken, wenn sie sahen, daß er, der Konsulssohn, nach der Stadt zurückblickte? Von ihnen kannte niemand den berühmten griechischen Philosophen Epikur, der jeden Aberglauben in seinen Schriften verspottete, und alle würden nur annehmen, daß er, Publius, die alten Bräuche mißachte. Da war es schon besser, nur in Gedanken von Rom Abschied zu nehmen.
Mittags traf die Truppeneinheit in Ostia ein, einem kleinen Ort, der durch seine
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