Die Elefanten Hannibals
den Tauben der Aphrodite?
„Verzeih", sagte Publius zu Gnaeus Naevius. „Unser Gespräch bleibt auch diesmal unbeendet. Heute nacht schiffe ich mich nach Afrika ein."
Die letzte List
Publius Scipio drückte Kylon die Zügel seines Pferdes in die Hand und trat in das Zelt des Königs. Neben Syphax saß eine junge Frau. Beim Eintritt des römischen Feldherrn schlug sie die Augen nieder, und die Schatten ihrer langen Wimpern legten sich über ihre blassen Wangen.
Viele Male war Publius im römischen oder numidischen Lager mit König Syphax zusammengetroffen, aber immer unter vier Augen. Selbst seinen Sohn Wermino, den Publius bei seinem ersten Besuch in Syphax' Hauptstadt kennengelernt hatte, ließ der Numidierkönig nicht an den Unterredungen teilnehmen, die das Schicksal des Krieges entscheiden sollten. Jetzt aber saß Sophonisbe, Hannos Tochter, neben ihm. Ihr Eintreffen in Cirta war damals, wie Publius heute wußte, der Grund dafür gewesen, daß Rom die gewünschten numidischen Reiter nicht erhielt. Und was verhieß die Anwesenheit der schönen Frau jetzt? Hatten die Karthager die Hoffnung aufgegeben, daß der Kriegsgott ihnen helfen würde, und sich die Liebesgöttin Aphrodite zu Hilfe geholt? Oder wollte Syphax ausdrücken, daß er nicht die Absicht hatte, die Landsleute seiner Gemahlin im Stich zu lassen, und nur die Rolle eines Friedensvermittlers spielen wollte?
Das wäre mir recht! dachte Publius. Hauptsache, ich gewinne Zeit.
„Stört dich meine Frau?" fragte Syphax, während er dem römischen Feldherrn zur Begrüßung entgegenging.
„Ich habe keinerlei Geheimnisse", erwiderte er höflich. „Und schon gar nicht vor der Tochter Hannos. Mir ist wohl bekannt, daß Hanno in Karthago als einziger nach Frieden und Freundschaft mit dem römischen Volk strebt."
Sophonisbe saß mit gesenktem Kopf da, als ginge das Gespräch sie gar nicht an. Nur an ihren Händen, die krampfhaft die Lehnen des Thronsessels umklammerten, konnte Publius erkennen, daß ihr keines seiner Worte entging.
„König Syphax, du bist ein leidenschaftsloser, kluger Mann", fuhr er fort. „Deshalb wird es für dich ein leichtes sein, die Karthager davon zu überzeugen, daß ich annehmbare Friedensbedingungen stelle. Du weißt selbst, daß Hannibal nun schon seit vierzehn Jahren Italien verheert und daß die viertausend Talente, die Karthago dafür bezahlen soll, nur eine geringe Entschädigung für unsere Einbußen und Verluste sind."
„Aber du verlangst obendrein noch Schiffe", wandte Syphax ein. „Alle Kriegsschiffe, bis auf zwanzig."
„Ich werde kein einziges Schiff nach Italien bringen", sagte Publius.
„Aber Rom muß sicher sein, daß ihm kein Überfall mehr droht."
„Du redest, als hättest du den Sieg schon in der Tasche. Immerhin sind Hannibal und Magon noch in Italien. Hanno strebt zwar nach Frieden, aber viele Karthager sind für die Weiterführung des Krieges."
Und während Publius mit Syphax verhandelte, war der listige Kylon nicht müßig. Unauffällig stach er das Pferd mit dem Dolch. Es bäumte sich auf, zerriß den Zügel und sprengte zum Lagertor.
Händefuchtelnd trabte Kylon hinterdrein.
„Bleib stehen, du mein Augentrost!" schrie er, so laut er konnte. „Wo rennst du hin?"
Vor Schreck über das Gebrüll galoppierte das Pferd noch schneller. „Halt! Du Schakalfraß, halt!" kreischte Kylon mit verzweifelter Stimme.
Am Lager blieb das Pferd stehen. Kylon lief hin und hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um es am Zaum zu fassen. Aber er stolperte über seine eigenen Beine und klatschte bäuchlings zu Boden.
Als er aufstand und sich das verletzte Knie rieb, war das Pferd wieder weg und lief innen am Lagerwall entlang.
„O ihr Götter!" brüllte der Grieche wie ein Verrückter. „Weshalb habt ihr mich nicht als Schildkröte erschaffen? Dann würde mein Rücken die Prügel nicht fühlen, die ich nun erhalte! Mein Herr wird es mir nie verzeihen, daß ich sein Pferd durchgehen ließ!"
Er setzte sich auf die Erde und rieb sich schluchzend die Augen.
Sein Geschrei und Gejammer lockte die Numidier aus ihren Zelten. Anfangs lachten sie den Mann nur aus, dem sein Pferd davongelaufen war, denn ihre Pferde gehorchten auf den Pfiff wie Hunde. Dann aber wurde ihnen klar, daß das Pferd nicht ihm gehörte, sondern dem römischen Feldherrn, dessen Sklave er war. Ihr Spott wich dem Mitgefühl, hilfreiche Hände fingen das Pferd ein, und sie drückten dem Sklaven die Zügel
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