Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
Vom Netzwerk:
irgendwelchen Maschinen. Rackrackrackrackbing.
    Dann war der Zaun plötzlich weg und die Unterführung war fertig. Mein Vater hat mich an dem Tag mit dem Auto zur Schule gefahren. Wir sind unter der Eisenbahn durch. Mein Vater ist ganz langsam gefahren, damit ich mir alles ansehen kann und hinterher nicht soviel frage. Die Autos hinter uns haben gehupt, weil wir alle aufgehalten haben. Mein Vater war zuerst ganz cool, aber dann hat er geflucht und Sachen gesagt, die ich nicht sagen darf. Das kommt daher, dass mein Vater keinen Todesstern hat, mit dem er durch die Wohnung sausen kann, um sich abzureagieren.
    Da ist mir eingefallen, dass ich überhaupt nicht weiß, wie lange man einen Todesstern überhaupt haben darf. Vielleicht gibt es ein Sternengesetz, das sagt, mit 12 Jahren müssen alle Erdlinge ihre Todessterne in der Zentrale abgeben. Ich weiß zwar nicht in welcher Zentrale, aber bestimmt gibt es sowas. Es kann ja schlecht sein, dass jedes Kind seinen Todesstern einfach an der Straßenecke liegen lässt. Was ist, wenn man mir meinen Todesstern mit 12 wegnimmt? Ich bin ja schon 11. Das machte mir Angst. Ich habe zu zucken angefangen. Mein Vater hat es aber gemerkt und gefragt, was los ist.
    „Was ist, wenn man mir den Todesstern mit 12 wegnimmt.“
    „Niemand nimmt dir deinen Stern weg.“
    „Meinen Todesstern.“
    „Meinetwegen.“
    „Wie lange dürfen Kinder ihren Todesstern behalten?“
    „Wie meinst du das?“
    Mein Vater schaute zu mir rüber. Er runzelte die Stirne und hatte wohl Angst, dass mein Reaktor gerade in die kritische Phase kam. Aber das war gar nicht so.
    „So lange du willst. Es gibt keinen Abgabetermin“.
    „Auch nicht mit 15?“
    „Nein. Mit 15 hast du sowieso keine Lust mehr auf deinen Stern.“
    „Warum hast du dann keinen Todesstern?“
    „Weil pro Wohneinheit nur einer zugelassen ist“.
    Das wusste ich nicht. Aber es klang ziemlich einleuchtend. Ich hatte mich oft gefragt, warum sich mein Vater zur Beruhigung keinen Todesstern anschaffte und mit mir durch die Wohnung sauste. Ich hätte ihm ein paar Gebiete abgegeben. Zum Beispiel den Flur. Aber wenn nur einer zugelassen ist, geht das natürlich nicht. Und teilen möchte ich nicht. Mein Vater kann ja auch auf dem Balkon rauchen, wenn er zu abgedreht ist.
    Dann kamen wir aus der Unterführung, mein Vater gab Gas und die Idioten hinter uns hörten zu hupen auf. Ich habe Frau Dr. Käfer mal gefragt, was sie meint, um wie viel schneller Nexus 6 Replikanten von der Tyrell Corporation einen Tunnel unter der Eisenbahn bauen könnten als Menschen.
    „Doppelt so schnell oder dreimal so schnell?“
    „Dreimal so schnell“, sagte sie sofort.
    „Warum?“
    „Menschen haben bei uns einen Achtstundentag. Die Nexus 6 können rund um die Uhr arbeiten. 24 durch acht ist drei.“
    Damit war ich total zufrieden. Warum können nicht alle Erwachsenen so sein wie Frau Dr. Käfer und Mr. Tinkles?
    Aber jetzt bin ich ein wenig abgeschweift. Ich wollte ja sagen, dass man bei der Baustelle der Unterführung erst auch nichts gesehen hat. Dann aber schon, wo der Zaun weg war. Bei der U-Bahn hat man aber auch hinterher gar nichts gesehen. Es hat alles ganz genauso ausgesehen wie vorher. Mona und ich haben uns drei Tage lang an der Scheibe der U-Bahn die Nase platt gedrückt, weil wir unbedingt wissen wollten, was neu war. Aber da war gar nichts neu. Und irgendwas hätten wir doch sehen müssen, oder? Wir sind ja schließlich im Schritt-Tempo durch den Tunnel gefahren. Das machte mich irre. Ich habe mir schon überlegt, ob ich die große Halogen-Taschenlampe von meinem Vater aus dem Keller holen soll und dann in den Tunnel hopsen und nachsehen. Aber wenn Kinder in den U-Bahn-Tunnel hopsen um nachzusehen, was neu ist, dann regen sich die Erwachsenen bestimmt total auf. Ich habe sogar meinen neuen Mathelehrer gefragt, was an der U-Bahn-Linie neu ist, aber er war nur total angepisst und sagte, dass das total egal ist und ob ich meinen Dreisatz schon geübt habe. Habe ich aber nicht, weil ich erst wissen muss, was am Tunnel neu ist.
    Manchmal bin ich im Terriermodus. Das heißt, ich beiße mich an einer Sache total fest. Dann kann ich auch nicht mehr hinaus. Erst dann, wenn ich eine Antwort gefunden habe. Im Terriermodus hilft nicht einmal der Todesstern.
    Und genau da habe ich Serrano noch einmal getroffen. Mona ist nämlich einfach gegangen, weil sie dann doch nicht wissen wollte, was im Tunnel los ist. Ich bin aber noch geblieben und habe immer in den

Weitere Kostenlose Bücher