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Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Die Elefanten meines Bruders (German Edition)

Titel: Die Elefanten meines Bruders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Pöll
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Tunnel hinein gestarrt, aber natürlich nichts gesehen, weil der Tunnel bis auf die Signallichter unbeleuchtet ist. Dann kam eine neue U-Bahn und hielt so, dass eine Türe genau neben mir war. Und aus dieser Tür ist Serrano ausgestiegen. Ich habe ihn sofort gesehen und er mich auch, obwohl es zuging wie in einem Ameisenhaufen.
    Er hat gewartet, bis alle weg waren, dann ist er zu mir rüber gekommen. Als Yoda hat er bestimmt gewusst, warum ich hier unten am Tunneleingang rumstand, aber ich habe es ihm trotzdem alles noch mal erzählt. Dass Mona und ich eben seit drei Tagen schauen, was sich seit der Baustelle geändert hat, aber nichts sehen können. Da hat er gelacht.
    „Vielleicht kann ich dir da helfen“, sagte er.
    „Aber nicht heute. Heute kann ich dich höchstens auf ein Eis einladen. Natürlich nur, wenn du nicht gleich nach Hause musst und Lust auf ein Eis hast.“
    So wie Serrano reden die Erwachsenen normalerweise nie mit einem. Sie sagen höchstens „hier hast Du ein Eis und jetzt sei still“ oder so.
    „Ein Eis ist immer OK.“
    Meine Mutter und die von Mona sagen zwar immer, dass freundliche Erwachsene oft gar nicht so freundlich sind und dass wir auf keinen Fall mit einem mitgehen sollen, den wir nicht kennen. Aber Serrano kenne ich ja. Wegen mir war ja die Eliteeinheit bei ihm und ich bin einen ganzen Nachmittag mit meinen Eltern bei ihm abgehängt. Und auf der Flucht vor meinem Vater bin ich sogar in Strümpfen auf sein Bett gehopst. Also kenne ich ihn doch und darf wegen einem Eis mit ihm mitgehen.
    Am anderen Ausgang von der U-Bahn, also nicht an dem, wo ich auf dem Heimweg rauskomme, gibt es eine Eisdiele. Dort bin ich mit Serrano hin. Ich habe ihn auch gleich gefragt, woher er die Eisdiele kennt, wenn er doch ganz woanders wohnt. Er sagte, dass er in der Nähe viele Jahre gearbeitet hat und im Sommer oft mit seinen Kollegen dort gewesen ist.
    Die Eisdiele, wo ich hingegangen bin, mag ich total gerne, weil das Eis todeslecker ist. Aber die Karte macht mich total irre, weil sie ungefähr eine Million Eissorten haben und ich mich nicht entscheiden kann. Manchmal eiere ich sogar noch rum, ob ich Himbeere oder Walnuss nehmen soll, wenn meine Eltern schon ihr Eis bekommen haben und zu schlecken anfangen. Früher haben sie auf mich gewartet, weil das höflich ist oder so, aber jetzt nicht mehr, weil ihr Eis immer geschmolzen ist, bis ich endlich wusste, was ich wollte.
    Man merkt gleich, dass Serrano ein Jedi ist, wenn man ihm beim Eis-Bestellen zusieht. Er scannt die Karte ganz schnell durch und eine hundertstel Sekunde später weiß er schon, was er will:
    „Ich nehme vier Kugeln: Erdbeere, Vanille, Zitrone und Joghurt.“
    „Warum nicht Pistazie?“
    Serrano hat ganz amüsiert rüber gelächelt, aber meine Frage total ernst genommen, also nicht einfach gesagt, dass ich mich mal mit der Bestellung beeilen soll, weil er ja schon fertig ist.
    „Pistazie ist natürlich auch sehr geschmackvoll. Aber heute nehme ich vier andere Sorten.“
    „Warum genau die?“
    „Weil mir heute danach ist. Und weil man sich irgendwann immer entscheiden muss.“
    „Das ist ja doof. Ich möchte mich aber nicht immer entscheiden, sondern alles haben.“
    Das Problem war nämlich, dass ich natürlich Pistazieneis bestellen wollte, aber in der Karte „Haselnuss-Rosine“ entdeckt habe, das ebenfalls todeslecker war. Einmal habe ich sogar gemeint, dass Haselnuss-Rosine Pistazie als mein Lieblingseis ablösen wird. Ich könnte natürlich zwei zwei machen, also zwei Kugeln Haselnuss-Rosine nehmen und zwei Pistazie. Aber wenn mir Pistazie dann doch besser schmeckt, ärgere ich mich. Und wenn ich acht Kugeln nehme, damit ich mindestens vier Kugeln Pistazie schlecken kann, bekomme ich Bauchschmerzen.
    Serrano lachte.
    „Kannst du dich gar nicht entscheiden?“
    „Nein.“
    „Früher oder später muss man sich immer entscheiden. Bei den großen und bei den kleinen Dingen.“
    „Auch wenn man gar nicht will?“
    „Ja, auch wenn man gar nicht will. Es ist auch gar nicht immer blöd. Du wirst hinterher oft ganz froh sein, wenn du dich rechtzeitig entschieden hast.“
    Dann hat Serrano mir geholfen und einen Ausweg gefunden, obwohl es doch gar keinen Ausweg gab. Jeder von uns wollte den Kelch mit den vier Eiskugeln. Ich noch mit Sahne extra. Das war noch alles viel verkorkster als Mathe. Serrano sagte, wenn ich viermal Pistazie nehme, würde ich mich hinterher ärgern, dass ich kein Haselnuss-Rosine genommen habe, so als

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