Die Elefanten meines Bruders (German Edition)
Raumpatrouillen nichts anfangen. Besonders dann nicht, wenn ich den Commander des Todessterns anweise, die unbekannten Signale des Telefon-Außenpostens zu untersuchen und in engen Schleifen um sie kreise. Einmal hat sie mich dann samt Todesstern ins Wohnzimmer geschoben und eingesperrt, bis sie fertig telefoniert hat.
Das ist gemein. Ein ADS-Kind darf man nicht einsperren. Das habe ich damals sofort Frau Dr. Müller-Nöllendorf erzählt, die völlig außer sich war. Ich habe es aber gar nicht absichtlich erzählt, also nicht gepetzt. Es ist mir so rausgerutscht, weil sie fragte, was ich so gemacht habe. Und da habe ich ihr eben erzählt, dass ich Patrouille geflogen bin und meine Mutter total angepisst war, weil sie telefoniert hat und mich deshalb im Wohnzimmer eingesperrt hat.
Man hat aber gar nicht gemerkt, wenn Frau Dr. Müller-Nöllendorf total außer sich war. Sie hatte sich im Griff wie die vulkanische Botschafterin und nur eine Augenbraue hochgezogen wie Spock in Raumschiff Enterprise. Dann hat sie aber meine Mutter total zusammengefaltet, weil sie mich im Wohnzimmer eingesperrt hat. Das hat mir schon leid getan, weil meine Mutter immer noch glaubt, dass ich sie verpetzt habe. Habe ich aber nicht.
Am Nachmittag sind wir dann zu Frau Dr. Käfer gefahren und Mr. Tinkles ist gleich zu mir geschnurrt und auf meinen Bauch gehopst. Er hat ganz schön abgenommen, seit ihn Frau Dr. Käfer auf Diät gesetzt hat. Aber es scheint ihm gar nichts auszumachen. Er ist gut gelaunt und schnurrig wie immer. Aber ich war immer noch völlig durcheinander wegen der Dame am Nachbartisch und habe gezuckt. Mr. Tinkles hat zweimal gemaunzt und ist dann beleidigt abgedampft. Das hat Frau Dr. Käfer gemerkt und gefragt, was los ist.
Ich war ganz froh, dass ich ihr alles erzählen konnte. Auch, dass ich Serrano an seinen Enkel Miguel erinnere, der genauso tot ist wie mein Bruder Phillipp, weil er mit dem Flugzeug abgestürzt ist. Dann wurde ich schlagartig ganz traurig, weil ich so gerne mit Phillipp zu den Elefanten gehen würde. Aber von unseren Karten, die ich immer aufheben werde, habe ich ihr nichts erzählt. Das bleibt unser Geheimnis. Frau Dr. Käfer hat mich dann in den Arm genommen und mir wieder ein Stück Erdbeerkuchen geholt. Sie hat immer Erdbeerkuchen. Lecker. Aber dann wurde ich am Schluss auch noch wütend, weil ich nicht weiß, was für eine Überraschung Serrano für mich hat und mich Überraschungen, die ich nicht erfahre, komplett irre machen.
Während ich das zweite Stück Erdbeerkuchen gemampft habe, haben Frau Dr. Käfer und meine Mutter zusammen Serrano angerufen. Er ist auch gleich rangegangen und sie haben mit ihm alles geklärt. Das wusste ich in dem Moment nicht. Aber am nächsten Tag war Mittwoch und am Abend ist Serrano zu uns zum Essen gekommen.
Das wusste ich aber nicht. Meine Mutter hat Sauerbraten gekocht und als es geklingelt hat, hat sie einfach geschrien:
„Machst du mal auf?“
Ich mache gerne die Türe auf, wenn es klingelt. Ich bin gar nicht so neugierig, aber wenn ich zur Türe gehe, dann mache ich die Augen zu und stelle mir vor, wer draußen ist. Das gehört zu meinem Jedi-Training. Und ich muss sagen, ich liege oft total richtig, auch wenn mir meine Mutter vorher gar nicht erzählt hat, wer kommt. Am besten kann ich mit meinem Röntgenblick durch die Türe sehen, wenn ich die Augen geschlossen habe. Aber das Blöde ist, dass unser Gang eine Kurve macht, also keine richtige Kurve, man muss um die Ecke gehen. Deshalb brauche ich mit geschlossenen Augen auch ziemlich lange, bis ich mich an der Wand bis zur Haustüre vorgetastet habe. Es hilft aber nichts. Ich darf die Augen vorher nicht aufmachen, auch nicht, wenn Tante Gisela zum Beispiel Sturm klingelt.
Sie hat mich einmal richtig zusammengeschissen:
„Bist du taub?“
Ich war aber gar nicht taub. Es war nur so, dass mein Vater einen großen Karton von unserem neuen Fernseher an der Ecke vom Gang stehen gelassen hat und ich mich erst um ihn herumtasten musste. Das habe ich Tante Gisela auch erzählt, aber sie hat nur genervt laut ausgeatmet und ist dann zu meiner Mutter in die Küche gedampft.
Aber an dem Tag bin ich nicht richtig gelegen. Ich habe auf Tante Gisela getippt, als es geklingelt hat. Sie klingelt nämlich nur noch einmal, weil sie weiß, dass ich im Jedi-Training bin und nichts auf der Welt mich dazu bringt, auf dem Weg zur Haustüre die Augen aufzumachen. Sie muss eben warten, bis ich mich vorgetastet habe. Aber ich
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