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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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ihn ihr. Ein Pfeil krachte in seinen Schild, und trotzdem zuckte er nicht zusammen, als sei er zu erschöpft, um sich deswegen noch aufzuregen. »Der Große mit den vielen Vögeln und dem aleranischen Speer.«
    Amara sah den Hordenmeister zum ersten Mal. Er marschierte festen Schrittes durch die Reihen der Marat, die unaufhörlich gegen die Mauer stürmten, hatte das Kinn gehoben und grinste überheblich. Schwarze Federn waren in sein helles Haar geflochten, und mehrere Herdentöter stolzierten hinter ihm her wie eine todbringende Ehrenwache. Die Krieger vor ihm sangen.
    Die Marat machten ihm den Weg frei und riefen dabei: »Atsurak! Atsurak! Atsurak!«
    Amara rief Cirrus und ließ ihn ihre Sicht verstärken, weil sie sich unbedingt das Gesicht dieses Mannes einprägen musste, damit sie ihn später finden und töten konnte, mochte es kosten, was es
wolle, denn er hatte diese Horde gegen Kaserna geführt. Sie merkte sich die Form seiner Nase und des grausamen Mundes, die Breite seiner Schultern unter dem Umhang aus Thanadenthaut, die -
    Amara stockte der Atem, und sie bat Cirrus, den Hordenmeister stärker zu vergrößern.
    An seiner Hüfte steckte in einer Scheide an einer dünnen, geflochtenen Leine, die er als Gürtel benutzte, der Siegeldolch eines aleranischen Hohen Fürsten. Der Griff aus Silber und Gold glänzte in der Morgensonne. Amara fiel die Kinnlade herunter, als Cirrus ihr half, das in Stahl geprägte Wappen zu erkennen: der Falke von Aquitania.
    »Heilige Elementare«, entfuhr es ihr. Aquitanius. Aquitanius war der Verräter. Der mächtigste Mann des Reiches neben dem Ersten Fürsten. Aquitanius’ Ritter also. Aquitanius hatte Fidelias auf seine Seite gezogen, Aquitanius hatte versucht, mehr über den Palast herauszufinden, um -
    Um Gaius zu töten. Er will den Thron für sich selbst.
    Amara schluckte. Diesen Dolch musste sie um jeden Preis in die Hände bekommen. Wenn sie dem Senat ein solches Beweisstück vorlegen könnte, wäre Aquitanius am Ende, und anschlie ßend würden alle, die ihn unterstützt hatten, ihre Treue wieder dem Ersten Fürsten entgegenbringen. Sie könnte nachweisen, wer die Schuld an den vielen Toten des heutigen Tages trug, und obwohl sie geglaubt hatte, den Hordenmeister zu hassen, der nun auf das Tor von Kaserna zuschritt, verspürte sie einen noch viel heißeren Zorn auf den Mann, dessen Ehrgeiz erst zu den Ereignissen der letzten Tage geführt hatte.
    Aber würde ihr das gelingen? Konnte sie den Dolch in ihren Besitz bringen?
    Sie musste den Versuch wagen. Jetzt erkannte sie, warum Fidelias sie aus der Festung vertreiben wollte. Genau dies hatte er vor ihr verbergen wollen, denn er wusste, nur sie und zwei oder drei
andere Leute in Kaserna würden den Siegeldolch als solchen erkennen.
    Amara schüttelte den Kopf und bemühte sich, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie musste eins nach dem anderen angehen. »Giraldi! Wir brauchen Verstärkung«, stammelte sie. »Das Tor wird bald fallen!«
    Giraldi verzog die Miene, und während sie ihn anschaute, wurde sein Gesicht immer länger, als würde er in Sekundenschnelle altern. »Das spielt keine Rolle mehr«, sagte er und deutete mit dem Kinn über die Mauer. »Schau dir das an.«
    Amara folgte seinem Blick. Plötzlich verließ sie alle Kraft. Sie lehnte sich an die Zinnen, die Welt verschwamm vor ihren Augen, und ihr Herz klopfte schwach und unregelmäßig.
    »Nein«, keuchte sie. »Nein. Das ist einfach nicht gerecht.«
    Draußen auf der Ebene, jenseits der wilden Horde der Marat, war eine zweite Kriegerschar eingetroffen, die mindestens so groß war wie die erste. Diese verfügte zudem über Reiter. Viel mehr konnte sie nicht erkennen. Reiterei war im Kampf gegen eine Festung wenig nützlich, doch bestens geeignet für Überfälle im Hinterland. Schnell, tödlich, zerstörerisch. Die schiere Zahl der Neuankömmlinge verwandelte ihren Kampf von verzweifelter Gegenwehr in hoffnungsloses Aufbegehren. Sie blickte Giraldi an und konnte ihm genau diesen Gedanken von den Augen ablesen.
    »Wir können nicht siegen«, sagte sie. »Wir können die Festung nicht halten.«
    »Gegen dieses Heer?« Er schüttelte den Kopf, nahm den Helm ab, wischte sich den Schweiß von der Stirn und setzte den Helm wieder auf, während um ihn herum Pfeile durch die Luft schwirrten.
    Sie zog den Kopf ein, ihre Schultern zitterten. Heiße, bittere Tränen rannen über ihre Wangen. Ein Pfeil mit einer Steinspitze zerbarst an der Zinne vor ihr, doch es kümmerte

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