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Die Elementare von Calderon

Die Elementare von Calderon

Titel: Die Elementare von Calderon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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bedeutete.
    Wie würde er versuchen, seine Pläne zu durchkreuzen, wenn er an ihrer Stelle wäre?
    Fidelias überlegte. Nein. Das war der falsche Ansatz. Er bevorzugte
einfache, brutale Lösungen, je unkomplizierter, desto besser. In einer Lage wie dieser konnte man mit zu viel Schlauheit mehr falsch machen als vorantreiben.
    Amara dachte nicht so geradlinig. Das Leichteste wäre es, zum nächsten Wehrhof zu gehen, ihren Rang zu verkünden und alle Anwesenden dazu zu zwingen, die Nachricht drohenden Unheils im Tal zu verbreiten. In dem Fall würden mehrere Dutzend Wehrhöfer mit Holzkräften durch das Tal streifen, von denen einer gewiss etwas bemerken würde.
    Wenn sie sich und ihren Aufenthaltsort zu erkennen gab, wäre die Angelegenheit leicht zu handhaben. Ein schneller Streich, und sie wäre aus der Gleichung entfernt, und daraufhin könnte er die Spuren verwischen, bis es für die Wehrhöfer zum Eingreifen zu spät wäre.
    Die Gefahr, die mit einem solchen Vorgehen verbunden war, würde Amara natürlich erkennen. Deshalb handelte sie vermutlich sehr viel vorsichtiger. Und weniger geradlinig. Vermutlich würde sie ihre Entscheidungen jeweils spontan treffen, während er den Jäger spielen und in den Büschen stochern musste, um sie zum nächsten Zug zu zwingen. Nur so konnte er gegen sie einschreiten.
    Über die Ironie der Situation musste Fidelias lächeln; sicherlich würden sie beide ihre Stärken gnadenlos ausspielen. Also gut. Das Mädchen besaß Talent, aber wenig Erfahrung. Sie wäre nicht die Erste, die er überlistete und ausschaltete. Und nicht die Letzte.
    Eine Gefühlsregung von Etan warnte Fidelias: Die drei Reiter waren in den grauen Schatten des Waldes nicht allein. Sofort zügelte er sein Tier und signalisierte den anderen mit erhobener Hand, das Gleiche zu tun. Im Dämmerlicht zwischen den immergrünen Bäumen herrschte Stille, zu hören war nur der Atem der Pferde, das Tropfen des Regenwassers von den Ästen und das leise Seufzen des kalten Nordwindes.
    Fidelias’ Pferd warf den Kopf zurück und stieß ein kurzes, verängstigtes
Wiehern aus. Die beiden anderen Tiere stimmten ein, hoben die Köpfe und zeigten das Weiße in den aufgerissenen Augen. Odianas Pferd tänzelte nervös zur Seite. Sofort wandte sich Fidelias an Vamma, und der Erdelementar folgte seinem Willen und breitete um die Tiere die tröstliche Ruhe der tiefen Erde aus. Fidelias spürte, wie sich das Einwirken des Elementars einer langsamen Welle gleich ausbreitete, die Aufregung linderte und den Reitern die Möglichkeit gab, ihre Pferde leichter zu führen.
    »Wir werden beobachtet«, zischte die Wasserhexe. Sie lenkte ihr Pferd dicht an Aldrick heran, und ihre dunklen Augen glitzerten hart wie Achat. »Und unsere Beobachter sind hungrig.«
    Aldrick schob die Lippen vor und ließ eine Hand auf dem Griff seines Schwertes ruhen. Ansonsten behielt er die entspannte Haltung bei, die er beim Reiten eingenommen hatte.
    »Nur nichts überstürzen«, murmelte Fidelias und legte seinem Pferd eine Hand auf den Hals. »Reiten wir weiter. Vor uns liegt eine Lichtung. Offenes Gelände ist für uns günstiger.«
    Sie trieben die Pferde auf die Lichtung zu, und obwohl die Tiere sich lenken ließen, warfen sie doch die Köpfe immer wieder hin und her, spitzten die Ohren und hielten nach den Feinden Ausschau, die sie gewittert hatten.
    Fidelias führte die kleine Gesellschaft in die Mitte der Lichtung, die kaum sechzig Fuß Durchmesser hatte. Die hohen Bäume warfen ihren Schatten auf das offene Stück Land, und das trübe graue Licht, das zwischen den Ästen hindurchfiel, bildete tanzende Flecken.
    Er suchte den Rand der Lichtung ab, bis er den flackernden Schemen von Etan in seiner Eichhörnchengestalt entdeckte. Daraufhin ließ er sein Pferd einen Schritt vortreten und rief: »Zeige dich. Komm heraus, um mit uns unter Sonne und Himmel zu sprechen.«
    Einen Moment lang geschah nichts. Dann löste sich die Gestalt eines Marat aus den Schatten und trat auf die Lichtung. Er war
groß, mit gelassener Haltung, sein bleiches Haar trug er vom Schädel bis zum Nacken geflochten. In den Zopf waren dunkle, drahtige Federn eingearbeitet. Um die Hüften hatte er einen Gürtel aus Hirschhaut und einen Lendenschutz geschlungen, mehr Kleidung trug er nicht am Leib. In der rechten Hand hielt er ein gekrümmtes Messer, das wie dunkles Glas glänzte.
    An seiner Seite schritt ein Herdentöter, einer dieser riesigen Raubvögel von der Ebene jenseits der Grenze.

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