Die Elenden von Lódz
erbost, weil er in ihm einen Abgesandten des Teufels wähnte, aber auch der Bäcker, der Gerber, der Steinsetzer, der Schlosser und der Apotheker waren erbost, weil sie meinten, er würde ihnen die Kunden direkt vor der Nase wegschnappen …)
Einmütig beschlossen daher alle Mitglieder unserer
kehilla
, ihn aus dem Ort deportieren zu lassen.
Zunächst aber ordnete man an, ihn in einen Käfig zu sperren und ihn auf dem Marktplatz vorzuführen.
Vierzig Tage saß er in dem Käfig, ein gefangenes Tier. Das die Zähne bleckte wie ein Wolf, während er den Kindern, die sich um sein Gefängnis scharten, zugleich beibrachte, wie man
Mazze
bäckt –
klatsch, klatsch mit beiden Händen.
(So hier!)
Der Präses klemmte die Zigarette zwischen die Lippen. Hob die Hände und zeigte, wie man es macht, indem er die Handflächen abwechselnd aufeinanderschlug.
Brot, sagte er und lächelte.
|58| Der Herr erschuf die Erde und ordnete sie in sieben Tagen.
Rumkowski brauchte drei Monate.
Bereits am 1. April 1940, genau einen Monat, bevor das Getto geschlossen wurde, eröffnete er eine Schneiderwerkstatt in der Łagiewnicka 45 und beauftragte den energischen Fabrikanten Dawid Warszawski, die Tätigkeit dort zu leiten. Das war jenes Ressort, das späterhin zur Zentralschneiderei umgetauft werden sollte. Kurz darauf, im Mai, wurde ein weiterer Schneiderbetrieb in der Jakuba 8, nahe der Gettogrenze, eingeweiht. Am 8. Juli wurde in denselben Räumlichkeiten wie der Zentralschneiderei eine Schuhmacherwerkstatt eröffnet.
Und so ging es immer weiter:
14. Juli:
eine Möbeltischlerei und eine Holzwarenfabrik in der Drukarska 12–14 mit dazugehörigem Holzlager auf dem Hof.
18. Juli:
eine weitere Schneiderwerkstatt in der Jakuba 18.
4. August:
eine Werkstatt für Möbelpolsterung in der Urzędnicza 9. Auch Matratzen wurden hier hergestellt, sowie Sessel und Sofas (mit einer Füllung aus getrocknetem Seegras).
5. August:
eine Wäschefabrik in der Młynarska 5.
10. August:
eine Gerberei in der Urzędnicza 5–7. (Hier wurden Sohlen und Oberleder für die Schuhe und Stiefel gegerbt, die man später für die Wehrmacht produzieren sollte
.
)
15.–20. August:
eine Färberei; eine Schumacherei (eigentlich eine Pantoffelfabrik) in Marysin; und eine weitere Schneiderwerkstatt, diesmal in der Łagiewnicka 53.
23. August
: eine Metallfabrik in der Zgierska, die u. a. Eimer, Wannen, Schüsseln und verschiedene Gefäße aus Metall herstellte, auch Metallhülsen für Gasaggregate und anderes, in erster Linie für militärische Zwecke.
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17. September:
eine (neue) Schneiderwerkstatt in der Młynarska 2.
8. Oktober:
eine Pelzfabrik, Ceglana 9.
28. Oktober:
erneut eine Schneiderwerkstatt, Dworska 10.
Neben Uniformen für das deutsche Heer produzierte man in den Schneiderwerkstätten (für dieselbe Armee): Schutz- und Tarnkleidung; Fußbekleidung aller Art: Schuhe, Stiefel, Marschstiefel; Ledergürtel mit Metallschnallen; Decken, Matratzen. Doch auch verschiedene Sorten von Damenwäsche: Korsetts und Büstenhalter. Für Herren obendrein: Ohrenschützer und Wolljacken jener Art, die zur damaligen Zeit unter dem Namen Golfjacken liefen.
Sein administratives Büro richtete Rumkowski auf Befehl der Behörden in einem Komplex zusammengebauter Holzbaracken am Bałucki Rynek ein. In ein paar ähnlichen Baracken, gleich nebenan, hatte die deutsche Gettoverwaltung ihren örtlichen Sitz. Der Teil der Gettoverwaltung, der der Stadt unterstellt war, lag in der Moltkestraße im Zentrum von Litzmannstadt.
Der Leiter der Gettoverwaltung war Hans Biebow.
Biebow unterstützte Rumkowskis Pläne von Anfang an. Wenn Rumkowski Biebow mitteilte, dass hundert Zuschneidemaschinen fehlten, beschaffte Biebow hundert Zuschneidemaschinen.
Oder Nähmaschinen.
Nähmaschinen waren in diesen Kriegs- und Krisenzeiten schwer aufzutreiben. Viele von denen, die vor dem deutschen Einmarsch aus Polen geflohen waren, hatten ihre einfacheren Maschinen mitgenommen.
Aber auch Nähmaschinen beschaffte Biebow. Möglicherweise trafen sie defekt ein, denn Biebow versuchte stets das tiefstmögliche Angebotsniveau zu halten. Rumkowski erklärte jedoch, es würde keine Rolle spielen, ob die Singermaschinen benutzbar waren oder nicht. Er habe das Problem vorausgesehen und zwei Reparaturwerkstätten für Nähmaschinen im Getto errichten lassen. Die eine in der Rembrandtstraße (Jakuba) 6, die andere in der Putzigerstraße (Pucka) 18.
Dieserart war zu Anfang die
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