Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
verschüttet und von einer Welle aus Schlamm und Angst begraben, und dann war er geflohen, hatte seinen zerbrochenen Bogen zurückgelassen, hatte seinen Hund zurückgelassen, hatte die Königin zurückgelassen und so das Wort gebrochen, das er König Llandon gegeben hatte, und sich auf ewig entehrt. Aber das konnte der Falke nicht begreifen.
Der Elf war bereits wach (falls er die Nacht überhaupt ein Auge zugetan hatte) und hob, kaum hatte er seinen Falken erblickt, in einer herrischen Geste den Arm, damit dieser sich darauf niederließe. Tills Gesicht war müde und hatte einen düsteren Ausdruck. Er streichelte das gefleckte weiße Gefieder mit einer mechanischen und erschöpften Bewegung. Der Vogel berichtete, was er gesehen hatte, und gab Acht, nichts auszulassen. Als er geendet hatte, schüttelte der Fährtenleser unzufrieden und verdrießlich den Kopf. Der Jagdfalke verließ die Faust und setzte sich auf einen moosbedeckten Baumstumpf. Er war ein wenig beunruhigt über die Wut seines Herrn. Wie hätte er begreifen sollen, dass der Fährtenleser nur noch ein einziges Ziel hatte im Leben, und dass dieses Ziel unerreichbar für ihn geworden war?
Endlich beruhigte sich Till wieder etwas, hielt die Hände wie einen Trichter vor den Mund und sandte einen modulierten Triller in die eisige Morgenluft hinaus, dem bald von überallher gleichartige Pfiffe antworteten. Beinahe im selben Moment tauchten überall Graue Elfen auf, bewaffnet mit ihren seltsamen kurzen Bögen, mit Keulen und Dolchen.
»Der Zwerg Rogor ist geflohen«, erklärte Till in der Sprache der Sumpfelfen. »Und der Dieb mit ihm ... Sie haben lediglich die Leiche des Gnoms Oisin zurückgelassen.«
»Das heißt also, der Dieb und der Zwerg haben gemeinsame Sache gemacht«, meinte einer der Elfenkrieger.
»Zweifellos ... Und jetzt ist das Unheil nicht mehr gutzumachen. Sie haben Königin Lliane getötet, sie haben Gael getötet, sie haben mitgenommen, was sie gesucht hatten, und sind wieder fort, ohne in irgendwelche Schwierigkeiten zu geraten.«
Die Grauen Elfen senkten vor Wut und Scham die Köpfe.
»Kehren wir also zurück.«
»Aufstehn! Aufstehn!«
Uther verkrampfte sich instinktiv, dann erkannte er Frehir, und sein Herzschlag setzte wieder ein. Er schüttelte sich, starrte umher, als erwache er aus einer Ohnmacht, und stand mit pochendem Herzen auf. Seine Ohren pfiffen noch immer und er fühlte sich nach wie vor völlig durchgefroren und steif, als hätte er sich aus einem Alptraum freigekämpft. Schließlich erblickte er die das Gesicht zwischen den Händen verbergende, vor dem Katafalk knieende Elfe, und schon wollte er auf sie zustürzen, um ihr beim Aufstehen zu helfen, als ihm ihre Furcht erregende Fratze wenige Augenblicke zuvor (oder war es schon einige Stunden her?) wieder in den Sinn kam, und er rührte sich nicht. Tsimmi, der neben ihr hockte, kam auf seine kurzen Beine zu stehen, um an Gaels Körper heranzukommen. Er suchte irgendetwas, ohne dass Frehir oder Uther sehen konnten, was er genau tat, schließlich drehte er sich mit einem triumphierenden Leuchten im Blick zu ihnen um.
»Da!«, sagte er im Näherkommen.
In seiner Hand glänzte Gaels Ring mit der Rune von Beorn.
»Was ist das?«, fragte Frehir.
»Der Ring natürlich!«, knurrte der Zwerg achselzuckend. »Hast du denn geschlafen vorhin, oder was? Hast du denn nicht gesehen, dass sie sich gegenseitig ihre Ringe zeigten?«
Uther nickte. Das Bild der Astralleiber Blades und Gaels stand noch genau vor seinem geistigen Auge, und vermutlich würde ihm jede ihrer Bewegungen sein Lebtag im Gedächtnis haften bleiben.
Er ergriff den Ring und betrachtete ihn prüfend. Tatsächlich trug er eine Rune, die an einen Baum mit drei Ästen erinnerte. Eine Rune, die er kannte und schon irgendwo einmal gesehen hatte ... In Scâth, am Eingang des Viertels der Diebe, in der Unterstadt von Kab-Bag. Und auf Blades Ring. Und wo noch?
»Das ist der Ring der Gilde«, sagte Frehir mit seiner schleppenden Stimme, indem er den Ring über Uthers Schulter weg betrachtete.
»Ja natürlich!«, knurrte Tsimmi (er war immer etwas ent nervt von der Langsamkeit der Schlussfolgerungen des Barbaren). »Und wenn Gael diesen Ring getragen hat, bedeutet das, dass auch er ein Mitglied der Gilde war. Die Gilde hat ihn angestellt, verstehst du?«
»Nein ...«
»Mit anderen Worten«, fuhr Uther fort, »es war die Gilde, die den Mord an König Troin und den Diebstahl des Schwerts von Nudd in Auftrag gegeben
Weitere Kostenlose Bücher