Die Elfen 01 - Vor der Elfendämmerung
Gruppe war zugleich mürrisch und angespannt. Die Landschaft selbst schien sie davor zu warnen, was sie jenseits der Sümpfe erwartete, in den Schwarzen Landen. Irgendjemand nieste laut, der Heftigkeit nach zu urteilen vermutlich einer der Zwerge, und Uther stieß ein etwas gezwungenes Lachen aus. Dann verfiel der Trupp wieder in Schweigen, und die Stille wurde nur ab und zu vom heiseren Schrei eines Raben oder dem Wiehern eines der Pferde unterbrochen.
»Halt«, befahl Frehir, der zu Fuß und sein Pferd am Zügel haltend, direkt hinter dem Dieb herlief, mit leiser Stimme.
Ein paar Klafter vor ihnen war plötzlich eine baufällige Hütte aus dem Nebel aufgetaucht.
»Ist das die Hütte des Fährmanns?«, fragte Lliane Blade im Nähertreten.
Der Dieb nickte stumm.
»Bleibt hier«, sagte er. »Besser, ich gehe und rede allein mit ihm. Zu viele Leute auf einmal würden ihm Angst einflößen ...«
Ohne abzuwarten, stieg er ab und ging mit geschmeidigen Schritten auf die Hütte zu. Bald war er halb vom Nebel verschluckt, man sah nur noch seine Umrisse. Sein Pochen an der Tür hallte durch die beängstigende Stille um die Ufer des Sumpfes. Hundegebell antwortete ihm, dann war ein Keifen zu hören, das das Tier zur Ruhe brachte.
»Wer ist da?«, ertönte eine Gnomenstimme.
»Mahault schickt mich! Mahault von Kab-Bag! Macht auf, Meister Oisin! Wir wollen über die Sümpfe setzen! Wir bezahlen in Gold ...«.
Der Gnom antwortete nicht, aber einige Sekunden später ging seine Tür knarrend auf. Wieder begann der Hund zu bellen.
»Ruhig!«, schrie der Fährmann.
»Ich grüße dich, Oisin.«
Der Gnom musterte den Mann mit dem kurzen braunen Haar und den grauen Kleidern, der vor seiner Tür stand. Oisin hatte wie alle Gnomen ein faltiges Gesicht und gerötete Haut, aber im Gegensatz zu seinen Artgenossen war er in Kleider und Pelze gehüllt, denen anzusehen war, dass sie nur aus Gründen der Bequemlichkeit getragen wurden und den eigentümlichen gnomischen Vorstellungen von Eleganz nicht entsprachen.
»Habt Ihr schon einmal die Sümpfe überquert?«, fragte er schließlich.
Blade schüttelte stumm den Kopf und setzte dabei ein joviales Lächeln auf. Dann wandte er sich zu den anderen um und machte ihnen ein Zeichen näher zu kommen.
»Ich bin nicht allein, Meister Oisin«, sagte er leise.
Der Gnom kniff die Augen zusammen und streckte den Kopf zur Tür heraus, in dem Bemühen, die Gestalten zu erkennen, die sich da nach und nach aus dem Nebel schälten.
»Elfen ...«, murmelte er erbebend.
Blade nahm ihn freundschaftlich an der Schulter.
»Wir möchten ...« (Er musste einen Blick auf Mahaults Pergament werfen, um den Namen zu entziffern, und hatte dann die größte Mühe, ihn auszusprechen) ... »Wir möchten nach Gwragedd Annwh, der Stadt in den Sümpfen. Nenn uns deinen Preis!«
»Der Stadt in den Sümpfen, sagst du!«, rief der Fährmann und zog eine amüsierte Grimasse. »Der Witz ist nicht schlecht!«
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der seltsamen Gruppe zu, die vor seinem Haus Aufstellung genommen hatte. Ein Ritter des Großen Rats in Rüstung neben einem Barbaren aus den Marken ... Zwergenkrieger Schulter an Schulter mit Elfen, die von einem Hund und einem Falken begleitet wurden ... Und alle sprachen von Gwragedd Annwh, als würde es sich dabei um eine Stadt handeln!
»Ihr seid so viele, ehrenwerte Herrschaften. Man bräuchte mindestens drei Flöße ... Und dann, so bepackt wie ihr seid und mit all den Pferden, wird die Überfahrt lang werden!«
Ilra, die Fuchsstute, wieherte leise, und Königin Lliane nickte.
»Wir behalten nur die Tragpferde«, sagte sie. »Die anderen kommen nicht mit. Deinen Preis, Fährmann!«
Tsimmi versetzte dem gepanzerten Bein Uthers, des Braunen, einen Stoß mit dem Ellbogen.
»Das ist doch Wahnsinn!«, flüsterte er. »Wie sollen wir denn ohne Pferde durch die Schwarzen Lande kommen?«
Uther antwortete nicht sofort. Oisin hatte seinen Preis fest gelegt: ein Goldstück pro Floß. Eine horrende Summe, wie nicht anders zu erwarten gewesen.
Mit einem Mal waren die Zwerge bereit, auf die Pferde zu verzichten. Mit vor Empörung roten Köpfen begannen Tsimmi und Miolnir hartnäckig zu handeln, wobei sie nacheinander drohten, flehten, freundlich und vertraulich wurden, alles vergebens.
Uther hatte sich der Königin genähert.
»Warum sollten wir die Pferde fortschicken, teuerste Königin?«, fragte er leise.
Lliane lächelte ihm zu und blickte ihn einen Moment lang
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