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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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sofern es ihnen überhaupt jemals gelänge, lebend wieder herauszukommen. In der Schlucht hätten eventuelle Widersacher leichtes Spiel. Schon ein einzelner Mann konnte einen Erdrutsch auslösen, ohne sich selbst in Gefahr zu begeben. Genau das, wozu eine Kreatur wie er sich entschließen würde ... Guerri nicht freizulassen, sondern ihn mit nach Scäth zu nehmen wäre schlicht und einfach undenkbar. Und ihn zu töten wäre Verrat. Ihr Wort zu brechen hieße, die Ehre zu verlieren, und gegenwärtig bliebe ihr nicht viel anderes übrig, als ...
    Sie hatte ihre Stute kaum herumgelenkt, als sie auch schon die Brauen runzelte. Auf dem Maulesel saß kein Reiter mehr. Die Fackel lag knisternd und schmauchend auf dem feuchten Boden, und die Elfe blickte sich gerade noch rechtzeitig um, um in dem Augenblick ihren Stiefel zu heben, da Guerri sich auf sie stürzte. Der Mann bekam den Tritt direkt ins Gesicht und brach mit einem Schmerzensschrei zusammen. Schon hatte sie Orcomhiela, ihren langen silbernen Dolch, der bei sämtlichen eifischen Clans berüchtigt war, aus der Scheide gezogen. Guerri wich abrupt zurück, als er die Klinge auf sich gerichtet sah, doch er fasste sich sofort wieder und erhob sich keck.
    »Na los, du Hexe, bring mich doch um!«
    »Ich täte nichts lieber als das...«, bemerkte Lliane.
    Sie schob ihren Dolch in die Hülle zurück und dirigierte ihr Reittier mit einem Zügelschnalzen von dem Mörder weg.
    »... doch ich habe dir mein Wort gegeben, Guerri le Fol.«
     
    Sie streifte Mahaults Ring vom Finger, die Insignie der Gilde, in die die Rune von Beorn geprägt war, und warf ihn ihm vor die Füße. Der Mann verzog sein Gesicht zu einem widerwärtigen Lächeln, dann fasste er urplötzlich seinen Entschluss und fiel auf dem schlammigen, steinigen Grund auf die Knie. Einige Sekunden lang tastete er wie besessen im Finstern danach, doch vergeblich. Da besann er sich unvermittelt eines Besseren und rannte los, um seine Fackel aufzuheben. Doch in dem Moment, da er sich wieder aufrichtete, hallte der unterirdische Stollen von einem entsetzlichen Schrei wider. Als Lliane sich umdrehte, sah sie nur noch, wie le Fol zu Boden rollte.
    Frehir tauchte aus dem Dunkel auf, wischte seine Klinge an den Kleidern des Toten ab und marschierte seelenruhig zu dessen Maultier hinüber, wobei er im Vorübergehen die zischelnde Fackel hochnahm. Er ging noch einmal zu der Leiche hin, leuchtete den Boden ab und bückte sich, um den Ring aufzuheben; dann trat er, nach wie vor ohne jede Eile, zu Lliane hin und lächelte sie an.
    »Hier! Dein Ring ...«
    Sie streckte die Hand aus, ohne nachzudenken. Er reichte ihr den Ring, tätschelte der Stute den Hals und verschwand zu dem linken Gang hin. Wenig später tauchte er in der Finsternis unter.
    »Ich hatte ihm mein Wort gegeben!«, rief die Königin.
    Die schleppende Stimme des Barbaren drang, vom Echo verzerrt, an ihr Ohr.
    »Aber ich nicht!«
    Jeder Schritt seines Rosses war eine Folter. Uthers Gesicht war aufgescheuert von den Maschen seiner Kettenhaube, geschwollen, von Schlagspuren übersät. Die rechte Gesichtshälfte war über und über von getrocknetem Blut verklebt, und sein Auge war halb zugeschwollen. Er ritt völlig zusammengekrümmt, den Arm gegen die Rippen gepresst, und sein Atem ging flach, denn jeder Atemzug schmerzte. Die Klinge einer Axt war in seine Lunge gefahren, hatte Fleisch und Knochen durchtrennt, und sein Waffenrock triefte vor Blut.
    Um ihn herum befanden sich nur noch um die zehn Mann, und das einzig bekannte Gesicht darunter war das von Adragai dem Braunen. Der Recke bot einen entsetzlichen Anblick. Eine Klinge hatte die Maschen seiner Kettenhaube zerteilt und Stirn und Brauen aufgeschlitzt. Ein Stück Fleisch baumelte ihm im Gangrhythmus seines Pferdes vor dem Auge hin und her. Sein Kettenpanzer war mit Schlamm und Blut besudelt, an etlichen Stellen waren die Maschen gerissen, und der Schild, den er, durch sein Schildband gehalten, auf dem Rücken trug, hatte derart viele Kerben und Beulen, dass die Herzstelle geborsten war und sein Wappen darauf nicht mehr zu erkennen. Und doch hielt er sich nach wie vor aufrecht, und er war es auch, der Uthers Pferd durch die Nacht führte. Ein junger Ritter ritt neben ihnen, doch weder der König noch sein Gefährte kannten ihn. Die Übrigen waren Sergeants, Schildknappen, ja selbst ein Bogenschütze war unter ihnen, der mit Not wusste, wie man sich im Sattel hielt... Sie alle schwiegen, den Blick gedankenverloren

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