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Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen

Titel: Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Louis Fetjaine
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blitzten unzählige Erinnerungen an die Schlacht vor seinen Augen auf. Der Hinterhalt, die Flammen, die vom Himmel zu regnen schienen, die albtraumhaften Fratzen der Krieger aus den Horden des Schwarzen Herrn, die, gleich Teufeln, direkt aus den Eingeweiden der Erde emporschossen, seine Männer, die rund um ihn fielen, manche, ohne überhaupt nur das Schwert aus der Scheide gezogen zu haben; dann ihre überstürzte Flucht bis zum Saum des großen Waldes ... Mit Ausnahme seines Armes, der entsetzlich brannte, schlotterte er am ganzen Leib vor Kälte auf seinem Blätterbett und schämte sich, in dieser Weise nackt vor einer Frau zu liegen, selbst wenn es eine Elfe war.
    »Wer bist du?«, wisperte er.
    Blodeuwez antwortete nicht sofort. Wie bei allen Angehörigen vom Volke der Lüfte war ihr Sehvermögen durch die Finsternis in diesen letzten Nachtstunden nicht beeinträchtigt, und sie weidete sich in aller Ruhe an diesem kräftigen Körper, der so stattlich und weiß war. Die Menschen waren brutal, ungehobelt und lärmend wie ein Rudel Wildschweine, doch die Aura von Kraft, die sie umgab und die sich so sehr von allem unterschied, was ein Elf hätte bieten können, übte eine gewisse Anziehungskraft aus. Die Heilerin hatte sich auch häufig gefragt, was Lliane in Uthers Armen erlebt haben mochte ... Zum Spaß strich sie mit den Fingerspitzen ganz sachte über den Schenkel, den Bauch und den Oberkörper des Herzogs, um sie dann, lächelnd über jeden Schauder, den sie bei ihm auslöste, bis zu seinem Geschlecht hinabgleiten zu lassen, das umgehend auf ihre Zärtlichkeit zu reagieren schien ungeachtet der Kälte und der Schmerzen.
     
    »Ich werde wieder nach dir sehen«, murmelte sie und unterdrückte ein Schmunzeln.
    Und schon war sie aufgestanden, doch Leo de Grand gelang es, ihre Hand mit seinem gesunden Arm festzuhalten.
    »Warte! Was ist aus meinen Männern geworden?«
    »Deine Männer sind tot!«, stieß Blodeuwez schroff hervor. »Diejenigen, die noch leben, werden genau wie du von den Meinen gepflegt. Jetzt lass mich gehen, und sieh zu, dass du schläfst!«
    Sie riss sich von ihm los und lief aus ihrer Hütte, die Wangen heftig gerötet von diesem plötzlichen Wutanfall, der sie selbst erstaunte. Das Gehölz draußen lag noch immer im Dunkeln und erzitterte unter dem Stöhnen Dutzender und Aberdutzender Verletzter, um die herum sich die bleichen Gestalten der Bandrui zu schaffen machten. Nie zuvor hatte der Wald von Eliande so viele Menschen gesehen, Ritter, Bogenschützen und Fußsoldaten, die, schwer verwundet und von unzähligen Hieben gezeichnet, ihr Blut auf dem geweihten Boden vergossen. Die Überlebenden hielten sich in Gruppen zusammen, vermutlich zutiefst verängstigt vom Gesäusel der Elfen ringsum, in der undurchdringlichen Finsternis. Sie schwiegen, eng aneinander gedrängt wie Kinder, mit gesenkten Köpfen und schwer atmend, jeder für sich hilflos dem Schrecken dessen ausgeliefert, was sie gerade durchlebt hatten. Blodeuwez ging zwischen ihnen hindurch, so bleich, dass einige wohl ein Gespenst Vorbeigehen zu sehen meinten, und ihr Herz krampfte sich bei jedem Schritt ein wenig stärker zusammen. Die Angst und die Verzweiflung, die sie ausstrahlten, war förmlich mit Händen zu greifen. Manche weinten still vor sich hin, andere sprachen ganz leise, wie zu sich selbst (oder vielleicht war das auch das, was die Mönche als Gebete bezeichneten), und einige schliefen sogar, hingesunken aufs Moos, wie Tote. Wohin Blodeuwez’ Blick auch fiel, sie sah nur Besiegte, gebrochene Männer, nichts, was noch an eine Armee gemahnt hätte.
     
    Da ließ ihr plötzlich eine entsetzliche Vision das Blut in den Adern gefrieren. All diese Liegenden, all die Furcht und das Leiden verliehen dem heiligen Wald den Anstrich des Sidh, der Anderswelt, wo die Seelen der Verstorbenen wohnten. Selbst die bleichen Schatten der Bandrui weckten Assoziationen an die Banshees aus den alten Legenden. Es war ein unerträgliches Bild, doch die Elfen glaubten an Traumbilder, und sie sah sich daher suchend nach jemandem um, mit dem sie darüber sprechen könnte, so wie der Brauch es wollte. Da war jedoch niemand. Abgesehen von den Druidinnen aus dem Wald war nicht ein Elf, Druide, Dichter oder Krieger zu sehen, so als hätte sich das gesamte Volk von Eliande zurückgezogen, weit weg von den Menschen, und sie und die Heilerinnen mit dieser erbärmlichen Armee hier alleine gelassen.
    Von Angst gepackt, hielt sie inne, und ihr Blick blieb

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