Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
Türmen, Uther.
Plötzlich schnaubte ihre Stute, um kurz darauf im kurzen Galopp durch den Schnee davonzustieben, so dass ihr gerade noch Zeit blieb, sich an ihrer Mähne festzukrallen.
»Ich hatte gesagt, man möge uns alleine lassen!«, wieherte lira.
»Ich habe getan, was ich konnte«, schnaubte das Pferd, auf dem Léo de Grand saß, ein kräftiger Brauner mit schwarzer Mähne und schwarzen Sprunggelenken. »Aber er tut mir weh, indem er mich an den Zügeln reißt und mir die Sporen in die Flanken haut!«
»Königin Lliane, wartet auf mich!«, brüllte der Herzog. »Wir müssen reden.«
Doch die Königin jagte davon, als habe sie nichts gehört, und diese verfluchte Schindmähre bockte bei jedem Schritt, als habe sie in ihrem ganzen Leben noch keinen Reiter getragen.
»Wie wär’s, wenn wir ein Stück zu Fuß gingen?«
Carmelide wandte sich um, das Gesicht dunkelrot vor Zorn, und bezähmte nur widerwillig seinen Unmut, als er Merlins unschuldiges Lächeln sah.
»Lassen wir doch die Pferde vorauslaufen und den Weg bahnen«, meinte er, während er sich aus dem Sattel schwang. »Bei diesem Schnee werden sie rasch müde ... Wir marschieren in ihrer Spur, das wird einfacher gehen.«
Léo de Grand brummelte eine undeutliche Zustimmung und saß mit leidvoll verzerrter Miene vom Pferd ab. Trotz aller Pflege und liebevollen Zuwendung von Blodeuwez war seine Schulter nach wie vor steif, und er konnte seinen Arm kaum noch rühren.
»Ja, ich halt’s ohnehin nicht mehr länger aus auf diesem verdammten Klepper, da frier ich mir lieber die Beine im Schnee ab. So ein sturer Gaul ist mir wirklich noch nie untergekommen. Unmöglich, ihn zum Geradeausgehen zu bewegen!«
»Nachher werdet Ihr mein Pferd nehmen, verehrter Herzog. Es pariert einwandfrei... «
Carmelide drehte sich zu dem Kindmann um, der in seinem langen blauen Gewand so zerbrechlich neben ihm wirkte, halb erdrückt von einem Pelzmantel, unter dessen Gewicht er beinahe zu Boden sank; und er nickte zustimmend, was man als Zeichen der Dankbarkeit deuten konnte. Er tat den Mund auf, um etwas zu ihm zu sagen, fand jedoch keine Worte. Den Herzog ergriff, wie jedes Mal, da er sich seit dem Aufbruch aus Brocéliande in seiner Gesellschaft befunden hatte, eine merkwürdige, heftige Übelkeit, doch er schrieb dies seiner Verletzung zu. Merlin war wahrhaftig ein seltsames Wesen, dabei aber so mager, eine so schmächtige Erscheinung, dass er den Gerüchten der Menschen vom See nicht glauben mochte, die ihn für gefährlich erklärten. Er war nur ein unglücklich proportioniertes Kind mit dem weißen Haar eines Greises, welches ihm ein wunderliches Aussehen verlieh, das war alles. Der Rest waren Weiberklatsch und Druidenmärchen.
Endlich lächelte er und beugte sich hinunter, um eine Hand voll frischen Schnees aufzuheben, mit dem er sich das Gesicht abrieb; dann versetzte er Merlin einen leichten Klaps auf die Schulter, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und wies auf die Königin, deren Reittier nun wieder im Schritt ging.
»Man könnte meinen, sie meidet mich«, fuhr er leiser fort. »Und doch wüsste ich gerne, warum wir uns so schleppend voranbewegen, wo doch Loth nur noch wenige Meilen entfernt ist. Wenn wir ein bisschen an Tempo zulegten, könnten wir noch vor Einbruch der Nacht dort sein, zum Teufel. Also, warum reiten wir nicht zu, geben unseren Pferden die Sporen und schlafen endlich einmal wieder im Warmen!«
»Stimmt das?«, fragte Merlin. »Ich hätte nicht gedacht, das wir schon so nah sind ... Die Elfen sind keine sonderlich guten Reiter, wisst Ihr ... Weniger gut als die des Königs auf alle Fälle. Aber warum galoppiert Ihr nicht schon voraus? Nur zu, setzt den König schon einmal von unserer Ankunft in Kenntnis!«
Carmelide sah flüchtig zu ihm hinüber, dann drehte er sich brüsk zu dem Häufchen Reiter um, die ihnen folgten, und blickte über sie hinweg auf die lang gezogene Reihe von Fußsoldaten, die hinterdreinstapfte und deren Ende nicht mehr zu sehen war.
»Eure Männer werden uns bis dorthin als Eskorte dienen«, erklärte Merlin, der ebenfalls nach hinten blickte. »Und dann steht ja im Übrigen gegenwärtig auch nichts mehr zu befürchten. Wenn die Dämonen uns hätten angreifen wollen, so hätten sie dies schon längst getan.«
»So viel ist sicher ...«
»Sagt dem König, wir erwarten ihn am Seeufer.«
Merlin pfiff sein Pferd heran, packte es am Zaum und beugte sich über seine Nüstern, als würde er mit ihm reden.
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