Die Elfen 03 - Die Stunde der Elfen
packte seinen Finger, steckte ihn in den Mund und fing an zu saugen, was Uther im Innersten aufwühlte. Behutsam befreite er sich und musterte Merlin verächtlich.
»Und, bist du nun zufrieden?«
»Ich schon, doch ... Ich hoffe nur, dass Lliane ...«
»Das oder gar nichts.«
Uther lächelte noch immer, doch seine Augen glänzten, und sein Kinn bebte. In dem Moment, als er über die Schwelle trat, packte Merlin ihn am Arm, doch der König entwand sich seinem Griff und ging, ohne sich umzudrehen, hinaus.
Sie sollten einander nie mehr wieder sehen.
Ein Wintermorgen
Einzig die Wachen, die um die dritte Stunde, zur Laudes, am Haupttor auf ihren Posten standen, hätten sie davonziehen sehen können. Antor saß auf einem Saumtier, das
schwarz war wie die Nacht, den Bogen schräg über die Brust gehängt und den Schild zusammen mit seinem Schwert am Sattel befestigt; er ritt vor einem schweren, von zwei Ochsen gezogenen Wagen her, welche Merlin, durch seinen Mantel und seine Pelzkappe beinahe unkenntlich, mit einer Rute dirigierte. Er ging zu Fuß, nachdem der König kein weiteres Pferd für ihre Expedition hatte erübrigen können (oder wollen]. Die Reise bis zur Baronie von Cystennin würde lang werden, zumal auf diesen verschneiten Straßen, und falls Uther ihm eine Buße hätte auferlegen wollen, so hätte Merlin selbst auch nicht anders gehandelt.
Das Morgenrot war zum ersten Mal seit einer Reihe von Tagen phantastisch, ein lang gezogener rosafarbener Streifen über dem Blassblau des Schnees, der die Wipfel des rings um die Wehrmauern errichteten Waldes aus Zelten in ein schillerndes Licht tauchte. Kein Wölkchen am Himmel, nur noch die letzten dunklen Schwaden der Nacht, die sich nach und nach auflösten. Man konnte darin ein glückliches Vorzeichen sehen. So empfand es zumindest Uther, während der Wagen sich entfernte, in dem wohl geborgen die Amme, ihr Sohn Kai und Artus saßen. Instinktiv drehte er sich um, sah zum Bergfried hinauf und suchte, in der Hoffnung, Igraine dort zu entdecken, mit den Augen das Fenster ihres Schlafgemachs. Sie redete nicht mehr mit ihm und verweigerte ihm den Zutritt zu ihrem Zimmer, doch Uther hatte ihr die Stunde der Abreise mitteilen lassen, ebenso wie die Stelle auf den Wehrmauern, an der er sich aufhalten würde, für den Fall, dass sie sich je zeigen oder ein letztes Mal ihren Sohn umarmen wollte. Selbstverständlich konnte er aus dieser Entfernung nichts erkennen, doch wie hätte sie nicht da sein können, jetzt, wo ihr Kind sie, in den Armen einer anderen schlummernd, verließ? Uther blieb eine ganze Weile stehen, zu jenem still daliegenden Fenster gewandt, in der Hoffnung, dass Igraines Blick ohne allzu großen Groll auf ihm ruhte.
Er war sich dessen bewusst, dass ihr der Umstand, auf diese Weise ihren Sohn entrissen zu bekommen, möglicherweise als der schlimmste Verrat erschien und sie dies nicht so rasch vergeben konnte, doch dieser Aufbruch ging einem weiteren voran, seinem eigenen und dem der Armee. Fortzugehen, ohne sie noch einmal zu sehen, würde seinem Herzen einen weiteren schweren Stoß versetzen ...
Nachdem er eine Weile reglos dagestanden hatte, überkam ihn ein Frösteln, und er lenkte sein Augenmerk wieder auf den mit einer Plane bespannten Wagen, auf Merlin, der, in seiner Bewegungsfreiheit gehindert und ungeschickt dahinstolpernd, bei jedem Schritt rutschte, und auf die stolze Gestalt Antors, der wie ein Prinz hoch oben auf seinem schweren Ross thronte. In zwei oder drei Wochen, spätestens aber in einem Monat, wäre er in Caer Cystennin, weit weg vom Krieg und der Unruhe am Hof, in der Tasche eine Urkunde, die der junge Ritter zwar nur unter Schwierigkeiten entziffern könnte, die jedoch das königliche Siegel trug und ihn zum neuen Herrn am Ort machte. Und das war gut so. Was auch immer geschähe, Artus würde dort aufwachsen, wo Uther selbst seine Kindheit verbracht hatte, wahrlich kaum reicher als seine Bauern, aber frei und sorglos, am Saum des großen Waldes. Der alte Elad, Kaplan seines Vaters, würde ihm ein Stück Glauben vermitteln, ihn das Lesen lehren und vermutlich das Misstrauen gegen die Elfen. Antor würde ihm beibringen, ein Pferd zu reiten, zu jagen und ein Schwert zu halten. Und was Merlin betraf... Nun, Merlin würde auf ihn aufpassen und ihm vielleicht eines Tages erzählen, wer sein Vater war.
Sie durchquerten soeben das Feldlager, ohne dass auch nur einer auf sie achtete, wenn man einmal von einigen wachhabenden
Weitere Kostenlose Bücher