Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin
genauer hinsehen. Er ahnte, dass es kein Stein war …
Einfach weitergehen. Die Bäume wichen zurück. Der Boden stieg leicht an. Schroffe Felsblöcke ragten aus dem Laub. Auf manchen ringelten sich schlangengleich armdicke Wurzeln. Die Bäume, die hier wuchsen, schienen kein anderes Grün in ihrer Nähe zu dulden. Ihre Stämme waren so mächtig, dass drei Mann mit ausgestreckten Armen sie nicht hätten umfassen können. Das Astwerk griff weit in den Himmel hinauf. Das glaubte Adrien zumindest, denn der Nebel verschluckte die Kronen, so dass er wenig mehr als den Stamm und die untersten Zweige sah.
Etwas zerbrach mit scharfem Knacken unter seinem Fuß. Bestimmt nur ein Ast. Nicht hinsehen! Einfach weitergehen.
Adrien zog die Wurst aus seinem Gürtel. Ein voller Bauch war immer ein gutes Mittel gegen Furcht. Seine Gedanken wurden träger, wenn er ordentlich gegessen hatte. Und wenn ihn Wölfe oder Löwen erwischen sollten, dann sollten sie nicht auch noch die Wurst bekommen. Er grinste. Natürlich war das Unsinn. Aber es war genau die Sorte Unsinn, die ihm ein gutes Gefühl bereitete.
Mit weit ausholenden Schritten marschierte er bergan, stieg über Felsblöcke hinweg und balancierte auf dicken Wurzeln. Er scherte sich nicht mehr darum, ob ihn jemand hörte. Der Wald war nicht seine Welt. Fast sein ganzes Leben hatte er in Städten verbracht. Hier draußen in den Bergen könnte er sich nicht verstecken.
Ein senkrechter Abbruch versperrte ihm den Weg. Er war nicht hoch. Rechts und links von ihm verlor er sich im Nebel. Er könnte versuchen auszuweichen. Oder er könnte klettern. Schwarze Wurzeln liefen über den Fels. Es wäre nicht schwer, dort hinaufzukommen. Er warf die Saufeder nach oben. Seine Hände fanden schnell einen Halt. Ein Klimmzug, dann wäre er oben. Er griff über die Kante, doch er fand keinen Halt. Fluchend rutschte er ein Stück ab. Dann bekam er etwas Festes zu packen. Er zog sich hoch -und blickte auf einen Fuß mit langen weißen Krallen.
SPUREN IM SCHNEE
Kadlin lag im Schnee. Der weiße Umhang ihres Gefährten war über sie beide ausgebreitet. Frisch gefallener Schnee verwischte die Konturen. Sie waren eins mit dem Schnee unter der gebeugten Kiefer. Kälte sickerte in ihre Glieder. Durch einen schmalen Spalt beobachtete sie die drei Trolle. Hatten sie ihre Fährte entdeckt? Oder war es Zufall, dass sie hier waren?
Ein Krampf im rechten Oberschenkel peinigte Kadlin. Doch sie blieb völlig reglos. Die Trolle redeten in ihrer lauten, knurrenden Sprache. Kadlin verstand kein Wort. Waren sie aufgeregt?
Zwei von ihnen trugen Keulen, der dritte mehrere einfache Speere mit im Feuer gehärteter Spitze. Sie hatten Felle um ihre Lenden geschlungen, ansonsten waren sie nackt. Ihre graue Haut glänzte in der Spätnachmittagssonne. Sie hatten sich mit Öl eingerieben. Warum froren sie nicht? Sie waren für die Kälte geschaffen! Kadlin erinnerte sich an ein Märchen, das ihr Kalf einmal erzählt hatte. In der Geschichte hieß es, die Götter hätten die Trolle aus Felsgestein erschaffen. Und so sahen sie auch aus. Die graue Haut erinnerte an Granit. Und ihre Glieder waren schwer und wuchtig. Sie dachte an die Worte Lambis. Würden die Trolle in das Fjordland einfallen, wenn sie entdeckt wurde? Mochte ihre Reise zum Grund für einen neuen Krieg werden? War es töricht, was sie tat?
Die Trolle wanderten nach Norden. Nach einer Weile waren sie hinter einem Hügelkamm verschwunden. Kadlin begannen die Zähne zu klappern. Zu lange hatten sie im Schnee gelegen. Tauwasser war durch die Nähte ihres Wamses gedrungen. Sie wollte aufstehen, ihre kalten Glieder strecken, doch ihr Gefährte hielt sie mit festem Griff zurück.
»Warte«, hauchte er in ihr Ohr. Seine Stimme hatte einen eigenartigen Akzent. Das Elfische war seine Muttersprache, und es verlieh jedem fjordländischen Wort, das über seine Lippen kam, einen angenehm melodischen Unterton. »Ich erfriere«, zischte sie.
»Das tust du nicht. Dann würdest du einfach in meinem Arm einschlafen, statt herumzujammern.«
Sie presste die Lippen zusammen. Herumjammern! Das hatte ihr noch keiner gesagt. Eingebildeter Mistkerl. Jammern! Vielleicht war sie ein klein wenig jähzornig. Sie schien das heiße Blut ihres Großvaters geerbt zu haben. Genauso wie dessen rote Haare. Aber Jammern? Es war verdammt kalt! Sie verkniff sich eine Erwiderung. Schweigend lagen sie im Schnee und sahen zu, wie die Sonne langsam den Bergen entgegen sank.
Endlich schlug er den
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