Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin

Titel: Die Elfen 04 - Die Elfenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
zwischen die Zähne, so dass er den Mund nicht mehr schließen konnte. Oblon hielt noch immer den Feuertopf in einer Hand. Der Rauch, der daraus entstieg, war nun dicker geworden, öliger. Es waren keine blassen, geisterhaften Finger mehr.
    Der Schamane atmete den Rauch ein und blies ihn Falrach direkt in den offenen Mund. Er kratzte in der Kehle. Der Elf hatte ein Gefühl, als hätte er kalten, zu fettigen Braten gegessen. Ein dünner, zäher Film lag ihm auf der Zunge und verklebte ihm den Rachen. Der Rauch schien ihm direkt in den Verstand zu steigen. Obwohl er auf festem Boden lag, glaubte er zu fallen. Sein Atem ging schneller.
    Wieder blies ihm Oblon Rauch in den offenen Mund. Die Augen des Schamanen waren unnatürlich geweitet. Alles Weiß war daraus verschwunden. Das eine war ein kalter, schmutziggrüner See. Das andere leuchtete wie heller Bernstein. Die Pupillen waren zu winzigen schwarzen Punkten geschrumpft.
    »Kannst du fühlen, wie sie kommen?«, krächzte der Kobold heiser. »Sie haben mich erhört.«
    Niemand würde kommen, dachte Falrach. Das war völlig unmöglich. Es widersprach jeder Vernunft.
    Oblon kauerte sich neben ihn. Den Feuertopf hatte er auf den Boden gesetzt. Er wiegte den Oberkörper vor und zurück. Ein wortlos an- und abschwellender Singsang begleitete die Bewegung.
    Falrach sah hinter dem Schamanen deutlich dessen mumifizierte Ahnen. Hatte das Weib mit den Türksaugen sich bewegt? Er hätte schwören mögen, dass ihr Kopf gerade noch in einem anderen Winkel geneigt gewesen war. Dem nasenlosen Toten quoll etwas zwischen den Lippen hervor. Feiner weißer Rauch, der sich in einem dünnen, kaum fingerdicken Faden wand. Statt der Decke der Lehmhütte entgegenzustreben, wand er sich fast waagrecht auf den Schamanen zu.
    Auch die Türkisaugendame atmete Rauch aus. Falrach konnte den Kopf noch immer nicht bewegen, doch weitere Rauchfinger drangen nun in sein Gesichtsfeld. Sie verwoben sich zu einer wirbelnden Spirale über Oblons Kopf.
    Der Schamane hielt mit einem Ruck inne. Oblon streckte den Arm vor und legte ihm seine Hand auf die Brust, genau dort, wo sein Herz schlug.
    »Danke, dass ihr mich erhört habt«, sagte er mit fester Stimme. »Erlöst den Geist, der den Riesen befallen hat. Zieht ihn heraus wie einen Wurm, der einen Apfel faulen lässt.«
    Falrachs Zunge war nicht mehr ganz betäubt. Er versuchte, mit ihr den Keil herauszudrücken, der zwischen seinen Zähnen steckte.
    Die einzelnen Rauchfinger drehten sich ineinander wie die Stränge eines Seils. Immer dichter wurden sie, verloren ihre einzelnen Konturen und bewegten sich mit schlangenhafter Anmut ihm entgegen. Wie eine Schilfrohrnatter vor dem Zustoßen verharrten sie über ihm.
    Mit einer letzten Anstrengung schaffte es Falrach, den Keil auszuspucken. Im selben Augenblick stieß die Schlange aus bleichem Rauch zu. Sie drang in seinen Mund und füllte ihm die Lungen. Binnen eines Herzschlags schien sie überall in ihm zu sein. Sie griff in seinen Verstand. Dutzende verschiedene Stimmen sprachen zu ihm. Lachen und Schreie. Weinen. Und dann erhob sich ein Befehl. Eine einzelne Stimme, die mehr und mehr an Macht gewann. Eine Stimme, die sein Bewusstsein auszufüllen drohte.

ÜBERM BERG
    Nikodemus blickte auf das blutige Fleisch, das auf dem flachen Felsen lag. Wie sehr er es hasste! Verdammt nochmal, er war doch kein Troll! Was dachte sich Madra? Er hatte das Vieh noch nicht einmal richtig gehäutet. Da war noch blutverklebtes Fell an dem dürren Schenkel.
    Der Lutin konnte durchaus begreifen, warum sie kein Feuer machen durften. Bei Nacht mochte sie der Flammenschein verraten, tagsüber der Rauch. Ein Feuer war einfach ein unberechenbares Risiko. Aber wie lange sollte er diesen Schlangenfraß noch hinunterwürgen? Das Kobolddorf lag auf der anderen Seite des Berges! Ein halber Tagesmarsch trennte sie von den beiden Elfen. Sie hatten hier nichts zu befürchten! »Schmeckt es nicht?«, fragte Madra.
    Nikodemus war versucht, dem Troll eine passende Antwort zu geben. Das barg allerdings die Gefahr, von einem Teilnehmer des Abendessens zu einem Teil des Abendessens zu werden.
    »Wenn du es nicht magst, kann ich es ja nehmen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, griff der Troll nach dem Schenkel und dem übrigen Fleisch.
    »Wie lange willst du noch hier in den Bergen sitzen? Wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Wir können gehen!«
    »Ich will wissen, was die beiden hier machen.« Madra spuckte einen halb gesplitterten Knochen aus.

Weitere Kostenlose Bücher