Die Elfen von New York
versammeltem Publikum sichtbar zu machen und für Aufruhr zu sorgen. Nach ein paar Whiskey hatte sie es sich in den Kopf gesetzt, Dinnie müsse unbedingt seine neuerworbenen Fertigkeiten auf der Geige vorführen. Aber sein Auftritt war eine einzige Katastrophe geworden. Mit vor Nervosität steifen Fingern hatte er sich wie der schlimmste Amateur durch zwei Tänze gekrächzt und gekratzt, und um ihn herum saßen lauter erfahrene Musiker, die nicht wußten, ob sie lachen oder peinlich berührt wegsehen sollten.
Als seine schreckliche Darbietung vorbei war, hatte tödliche Stille geherrscht. Selbst der lautstarke Betrunkene am Nebentisch war verstummt. Keiner der Zuhörer hatte je einen so schlechten Auftritt miterlebt. So etwas war im irischen Pub noch nicht vorgekommen. Und der ansonsten dickfellige Dinnie hätte sich bisher nicht träumen lassen, daß solch abgrundtiefe Beschämung überhaupt möglich war.
Dinnie erklärte Heather, daß es kein nächstes Mal gebe, weil er nie wieder seine Geige anrühren würde, weder zu Hause noch in der Öffentlichkeit. Außerdem würde er es begrüßen, wenn sich Heather eine andere Bleibe suchte und ihn in Frieden ließe, und zwar für immer.
Als er an einem Verkaufsstand mit gerösteten Erdnüssen vorbeitrabte und noch nicht einmal einen hungrigen Blick hinwarf, wußte Heather, daß die Sache ernst war.
»Laß dich doch nicht so schnell unterkriegen«, flehte sie. »Jeder fängt klein an. Es tut mir leid, daß ich dich zum Vorspielen überredet habe, ehe du soweit warst. Ich weiß, daß das ein Fehler war. Ich verstehe, daß es dir peinlich ist. Aber all die Musiker dort waren schließlich auch mal Anfänger. Sie wissen, wie das ist.«
»Die hatten aber keine Fee am Hals, die sie erpreßt hat, zu spielen und sich in aller Öffentlichkeit zu blamieren.«
Heather mußte zugeben, daß das wahrscheinlich stimmte.
»Ich mache es wieder gut, Dinnie. Ich habe das Geld für die Miete besorgt.« Sie holte ein Bündel zusammengeknüllter Dollarscheine aus ihrer Felltasche und überreichte es Dinnie.
Er nahm es schweigend. Selbst die Rettung vor dem Rausschmiß konnte ihn nicht aufheitern.
»Wo hast du das Geld her?« fragte er, als sie wieder in seiner Wohnung waren.
»Feenzauber«, log Heather.
Dinnie stellte den Fernseher an.
»Ich leck dir den Arsch und du kannst mir meinen verhauen«, gurrte eine nackte Frau mit langen dunklen Haaren, die auf einer Couch kniete. »Nur zwölf Dollar für drei Minuten.«
»Das hab ich nicht ganz verstanden«, sagte Heather und versuchte, ein Gespräch anzufangen. »Hat das irgendwas mit den schönen, jungen, rosigen, warmen, saftigen Muschis zu tun?«
Dinnie behandelte sie wie Luft.
Die italienischen Feen flatterten heimwärts. »Sie hat ihm das geklaute Geld gegeben.« »Was hat das zu bedeuten? Wer ist sie?« Die italienischen Feen wußten es nicht. Sie hatten Gerüchte über große Aufregungen unter den chinesischen Feen in der Nachbarschaft gehört und fragten sich, ob da ein Zusammenhang bestand. Es war schon lange her, seit die italienischen Feen mit den chinesischen in Berührung gekommen waren, aber das Mißtrauen gegen sie saß tief und war ständig abrufbar.
Egal wie, sie waren empört, daß eine fremde Fee frech in eine italienische Bank eingedrungen war, das Safeschloß geknackt und sich mit einer Felltasche voll Geld davon gemacht hatte.
10
Kerry und Morag suchten die Lower East Side nach der Mohnblume ab, ohne Erfolg. Nachdem Cal, der Verbrecher, die Blume aus dem Apartment gestohlen und auf der Bühne hatte herumliegen lassen, war sie verschwunden.
Morag gab sich Mühe, Kerry aufzuheitern, und arbeitete mit ihr an der Gitarrenstimme von ›Born To Loses einem Johnny-Thunders-Klassiker, aber weder Kerrys Hetz noch ihre Finger waren bei der Sache. Ihr war nur noch nach Biertrinken.
Heather war zutiefst verstört, als Dinnie sich weigerte, auf seiner Geige zu spielen. Wenn es ihr nicht gelang, ihm das Fiedeln beizubringen, gab sie sich dem bitteren Hohn Morags preis. Und das war mehr, als Heather verkraften konnte. Sie fürchtete, daß ihre Rivalin vielleicht schon von Dinnies Debakel im irischen Pub erfahren hatte.
»Warum habe ich bloß dieser hinterlistigen MacPherson gegenüber behauptet, ich könnte diesem nutzlosen Klotz Geigespielen beibringen! Weil ich mich von seiner herrlichen Geige habe bezaubern lassen! Sie hat einen wunderschönen Klang. Aber wegen eines Schwachkopfs hab ich nun den Ruf meines ganzen
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