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Die Elfen von New York

Die Elfen von New York

Titel: Die Elfen von New York Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Millar
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bieten dir den heißesten Telefon-Sex der ganzen Stadt.«
    »Warum verbringst du deine Zeit damit, dir diesen lächerlichen Sex-Kanal anzugucken?«
    »Ich verbringe meine Zeit nicht damit. Ich habe nur von einem Kanal auf den andern geschaltet und zufällig diesen erwischt.«
    Heather lachte. »Ich würde so gern wieder mal schottische Musik hören! Komm, laß uns losgehen und gucken, wo es welche gibt.«
    »In New York spielt kein Mensch schottische Musik. Nur irische.«
    »Wirklich? Das überrascht mich. Aber macht nichts. Ist ja fast das gleiche. Alles, was die Iren können, haben sie schließlich von uns gelernt. Wo können wir welche hören?«
    Dinnie kannte eine Kneipe in der 14. Straße, Ecke Neunte, wo regelmäßig irische Gruppen auftraten, aber er hatte keine Lust auf den Weg dorthin. Heather quengelte.
    »Laß mich in Frieden mit deinen Jigs und Reels«, sagte Dinnie verärgert. »Wie soll ich Musik genießen, wenn ich morgen aus der Wohnung fliege? Und du bist schuld.«
    Heather runzelte die Stirn.
    »Erklär mir mal eins, Dinnie, weil ich nicht weiß, ob ich das richtig verstehe. Du mußt diesem Mann jede Woche Geld geben, damit du hier wohnen darfst. Und fünf Wochen hast du das nicht gemacht. Deswegen will er dich rauswerfen. Stimmt das soweit?«
    »Haarscharf.«
    »Also mußt du nichts weiter machen«, fuhr Heather fort, »als ihm ein Bündel von diesen Dollar-Dingern geben. Und dann ist alles in Ordnung?«
    »Ja, du dämliche Fee, aber ich habe kein Bündel von diesen Dollar-Dingern.«
    »Und wie war das, als du zu dem Fahrrad-Kurier-Dienst gegangen bist? Hast du da nicht genug verdient, um deine Miete zu bezahlen?«
    Dinnie schniefte.
    »Das hat nicht mal für ’ne Pizza gereicht.«
    »Wäre der Vermieter denn auch mit einer Pizza zufrieden statt der Miete?«
    Dinnie runzelte die Stirn.
    »Laß mich in Frieden. Die Ahnungslosigkeit von euch Feen geht mir auf die Nerven.«
    Heather zückte ihr Schwert und posierte kurz vor dem Spiegel. Sie rückte ihren Kilt zurecht und lächelte.
    »Nun, wie dir inzwischen sicher aufgefallen ist, kennt der Erfindungsreichtum einer Distelfee keine Grenzen. Geh mit mir Musik hören, und ich besorg dir Geld für die Miete.«
    Heather verstand immer noch nicht ganz, warum man Dollar zahlen mußte, um in einem schmutzigen Zimmer zu wohnen – ihr kam das wirklich abwegig vor-, aber sie war bereit zu helfen.
    Heather genoß die irische Musik. Nur gelegentlich schniefte sie verächtlich über die Musiker. Nun, es waren eben Menschen, und gemessen an Feenstandards … Aber im Grunde spielten sie nicht schlecht, und es sah sehr gemütlich aus, wie sie, eingehüllt in Zigarettenrauch, um den runden Tisch am Ende der Bar saßen. Heather hatte ihre Freude daran, den Dudelsäcken, Flöten, Violinen, Mandolinen, Banjos und Bodrans zu lauschen, und stampfte mit ihren nackten Füßen im Takt zu den Jigs und Reels auf den Tisch. Obwohl sie und Morag sich in den Kopf gesetzt hatten, die schottische Feenmusik mit Punk aufzupeppen, hing ihr Herz immer noch an der traditionellen Musik.
    Als einige Musiker zu ihren Hornpfeifen griffen und ›The Boys of Bluehill‹ und ›Harvest Home‹ spielten, ließen junge und alte irischstämmige Einwanderer ihr Guinness und Jamesson stehen und fingen an zu tanzen.
    »Ich bin gerührt«, sagte Heather und sah ihnen zu, wie sie hüpften und sich drehten.
    »Warum?«
    »Weil sie an zu Hause denken.«
    Italienische Feen sind gut Freund mit dem Wind und können prächtig auf seinem Rücken reiten.
    Drei von ihnen ließen sich gerade von einer Brise über die Houston Street tragen, nördlich von ihrem Zuhause in Little Italy. Sie suchten die Straßen in Richtung Norden ab und warteten.
    »Da«, sagte die jüngste und deutete mit dem Finger. »Da ist sie. Sitzt auf der Schulter von diesem großen, dicken Menschen.«
    Dinnie stapfte den Broadway hinunter, die Augen stur aufs Pflaster geheftet. Er war deprimiert und wütend und fühlte sich erniedrigt.
    »Es tut mir leid«, sagte Heather – zum zwanzigsten Mal. Dinnie ignorierte sie. Die Bettler, Liebespaare und Partybesucher, die ihnen in der Dunkelheit begegneten, ignorierte er ebenso.
    »Das war tapfer von dir«, fuhr die Fee fort. »Allein der Versuch war die Mühe wert! Beim nächsten Mal wird es schon viel besser gehen.«
    Dinnie sagte, ein nächstes Mal werde es ganz bestimmt nicht geben. Und es hätte auch kein erstes Mal gegeben, wenn Heather ihn nicht mit ihrer Drohung erpreßt hätte, sich vor

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