Die Elfen
während der Reise geduldet hatte. Was allerdings nicht hieß, dass sie über die Pläne des Elfen diskutiert hätten. Doch er traute seinem Gefährten. Farodin wusste schon, was er tat!
Unwillkürlich hatte der Jarl eine Hand auf die Axt in seinem Gürtel gelegt. Er dachte an Farodins Ratschläge für den Kampf gegen Trolle und an die Geschichten, die er in seiner Kindheit gehört hatte. Trolle jagte man in Gruppen, so wie Höhlenbären. Ein Mann allein konnte nicht gegen sie bestehen. Doch dann dachte er an seinen Sohn. Alfadas war den Elfen im dritten Trollkrieg zu Hilfe geeilt. In vielen blutigen Schlachten hatte er gegen diese Ungeheuer gesiegt. Aber zuletzt war er doch von ihnen getötet worden, ermahnte sich Mandred. Er strich über sein Axtblatt. Ein Grund mehr, hierher zu kommen!
Der Nebel teilte sich. Vor ihnen erhoben sich zerklüftete Klippen. Farodin deutete auf einen Felsen, der vage an einen Wolfskopf erinnerte. »Dort gibt es eine Höhle, die man vom Fjord her nicht einsehen kann. Das letzte Mal habe ich dort mein Boot versteckt.«
»Du warst also schon einmal hier.«
Der Elf nickte. »Vor mehr als vierhundert Jahren habe ich schon einmal die Nachtzinne besucht. Damals habe ich den Herzog der Trolle getötet, ihren Kriegsherrn, der die Heere der Trolle bei den Feldzügen in Albenmark anführte.«
Das war Farodin! Sein Wissen erst im letzten Augenblick weitergeben! »Das hättest du mir wirklich früher sagen können!«, brummte Mandred.
»Warum? Hätte es etwas an deiner Entscheidung geändert?«
»Nein, aber ich…«
»Dann war es also unnötig, dass du es wusstest. Es gibt übrigens doch eine Änderung in unserem Plan. Du wirst allein zur Nachtzinne gehen.«
Mandred klappte der Kiefer herunter. »Was!«
»Mich würden sie niemals in ihre Feste lassen. Weißt du, wie sie mich nennen? Tod in der Nacht. Sie werden mich umbringen, sobald sie mich sehen. Du siehst also, es ist unumgänglich, dass du allein losziehst. Ich werde einen anderen Weg in die Burg finden. Als vermeintlicher Gesandter stehst du hingegen unter Gastrecht. Sie können dir nichts tun, solange du das Gastrecht nicht verletzt. Sie werden allerdings versuchen, dich dazu zu verleiten. Dem musst du widerstehen, ganz gleich, was sie tun!«
»Und warum sollten sie mich als Gesandten empfangen? Einen Menschen! Sie fressen meinesgleichen!«
Farodin kniete nieder und öffnete das Bündel, das er im Heck verwahrt hatte. Er zeigte Mandred einen Eichenzweig, der in feines Leinen eingeschlagen war. »Deshalb werden sie dich empfangen. Dies ist der Zweig eines Seelenbaumes. Nur Boten der Königin tragen dieses Zeichen. Sie sind unberührbar.«
Verwundert nahm Mandred den Zweig entgegen und schlug ihn wieder in das Tuch ein. »Der ist doch echt, oder? Woher hast du ihn?«
Farodin war die Frage offensichtlich unangenehm. »Er ist aus einer Eichel Atta Aikhjartos erwachsen. Ich hoffe, du verzeihst mir meine Tat. Wir brauchen ihn.«
»Du hast ihn von der Eiche über Freyas Grab geschnitten?«
»Sie hat es mir erlaubt. Sie weiß, wofür wir den Ast brauchen.«
Mandred fragte sich, ob Farodin die Eiche oder Freyas Geist meinte. Seine Hände fingen an zu zittern. Er klemmte sie unter die Achseln. Farodin musste das Zittern bemerkt haben. »Verdammt kalt«, murrte der Jarl. Er wollte nicht wie ein Feigling dastehen.
»Ja.« Farodin nickte. »Sogar mir ist es kalt. Denk an Yilvina. Sie und die anderen sind es wert, was wir wagen.«
Das Boot umrundete einen Felsen, der hoch wie ein Turm aus dem Fjord ragte. Sie steuerten jetzt geradewegs dem Steilufer entgegen. Der Elf manövrierte geschickt zwischen den Klippen hindurch. Dann legten sie den Mast nieder. Mandred griff nach den Rudern und stemmte sich gegen die Kraft der Gezeiten. Dicht vor ihnen, zwischen den Felsen verborgen, öffnete sich ein flacher Höhleneingang.
»Man kann die Höhle nur bei Ebbe finden!«, rief Farodin gegen das Fauchen der Gischt an. »Schon bei mittlerer Flut liegt der Eingang unter dem Wasser verborgen.«
Bei dem Gedanken, sich in eine Höhle zu begeben, die bei Flut offenbar unter Wasser stand, zog sich Mandred der Magen zusammen. Farodin weiß schon, was er tut, ermahnte er sich erneut in Gedanken. Doch diesmal half es nicht, seine Unruhe zu besiegen.
Sie mussten die Köpfe einziehen, so niedrig war der Höhleneingang. Ein Sog packte das Boot und zerrte es voran. Augenblicklich befanden sie sich in völliger Finsternis. Die Bordwand schrammte an unsichtbaren
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