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Die Elfen

Die Elfen

Titel: Die Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen , James Sullivan
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Felsen vorbei. Mandred schrie auf.
    Endlich kamen sie in ruhigeres Fahrwasser. Farodin entzündete eine Laterne und hielt sie hoch über den Kopf. Umgeben von einer kleinen Insel von Licht glitten sie voran. Mandred stemmte sich in die Riemen und blickte ab und an über die Schulter. Ein Stück voraus kam ein breiter Kiesstreifen in Sicht. Knirschend schob sich das Boot auf das Ufer.
    Sie sprangen von Bord und zogen ihren zerbrechlichen Segler bis weit über die Flutmarke das Ufer hinauf. Staunend sah Mandred sich um. Die Höhle war viel größer, als er zunächst angenommen hatte.
    Farodin trat an seine Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. Wohlige Wärme durchrieselte ihn. »Ich danke dir dafür, dass du mit mir gekommen bist, Menschensohn. Allein würde ich diesmal nicht bestehen können.«
    Mandred zweifelte daran, dass er eine große Hilfe sein würde. Es kostete ihn all seine Kraft, die Angst in seinem Innern zu beherrschen. Das war Farodin gewiss nicht verborgen geblieben.
    Der Elf führte ihn über ein Felssims am Wasser entlang zu einem versteckten Ausgang. Sie balancierten über glatte, eisverkrustete Felsen, bis sie schließlich einen Strand erreichten. Nun war die Zeit des Abschieds gekommen. Einen Moment standen sie einander stumm gegenüber. Dann packte Farodin Mandreds Handgelenk im Kriegergruß. Es war das erste Mal, dass sein Gefährte sich auf diese Weise von ihm verabschiedete. Die Geste sagte mehr als alle Worte.
    Mit federnden Schritten eilte Farodin über den Strand davon und verschwand im Nebel. Er hinterließ nur flache Spuren im Schnee, die der Wind bald verwehte. Mandred wandte sich ab und hielt sich dicht am Wasser. Die vereisten Steine knirschten unter seinen Schritten. Dort, wo die Brandung über den grauen Kies spülte, lag kein Schnee. Hier würde auch er keine verräterischen Spuren hinterlassen.
    Wohl eine Stunde lief er den Strand entlang, bis der Nebel von einem Augenblick zum anderen verschwand. Ohne Deckung konnte ihn keine Wache übersehen. Er hatte auch das Gefühl, beobachtet zu werden, doch niemand zeigte sich. Mandred wich einen Schritt zurück und drehte sich um. Ihm war, als hätte er eine unsichtbare Grenze überschritten. Hinter ihm griffen lange Nebelfinger von der See her über den Kies. Vor ihm aber war die Nacht klar.
    Das Feenlicht glitt ungewöhnlich tief über den Himmel. Vor Mandred erhob sich eine schroffe Felszinne, aus der ein riesiger Turm wuchs. Matt schimmerte gelbes Licht hinter trüben Fenstern. Die Nachtzinne sah ganz anders aus, als er sich ein Bauwerk von Trollen vorgestellt hatte, fast wie eine etwas gröbere, dunkle Variante von Emerelles Elfenburg. Flankiert von Pfeilern und Stützbogen, ragte der Turm weit hinauf in den Himmel und berührte das Feenlicht. Das Bauwerk musste hunderte Fenster haben. An einigen Stellen wuchsen Pfeiler wie riesige Dornen aus dem Mauerwerk. Ohne Zweifel war die Nachtzinne ein meisterliches Bauwerk, doch hatte der Baumeister seine ganze Kunstfertigkeit darauf verwendet, sie düster und bedrohlich wirken zu lassen.
    Mandred schlug den Eichenzweig aus dem Leintuch und hielt ihn wie einen Schild vor der Brust. Er dachte an Luth, den Schicksalsgott, und daran, dass es niemanden geben würde, der sein Heldenlied sang, wenn er in dieser Nacht starb. Hätte er auf Ragna hören sollen? Die Nacht mit ihr war ganz anders gewesen als all die Abenteuer in den Hurenhäusern. Sie liebte ihn wirklich. Ihn, ihren Urahnen! Nein, aus dieser Liebe könnte niemals etwas werden. Obwohl zwischen ihm und ihr so viele Generationen lagen, fühlte er sich beim Gedanken an jene Nacht unwohl. Es war gut, dass er mit Farodin gezogen war.
    »Was macht ein Menschensohn im Schatten der Nachtzinne?«, erklang plötzlich eine tiefe Stimme. Unter einem Felsüberhang vielleicht zwanzig Schritt entfernt trat eine hünenhafte Gestalt hervor. Sie maß mehr als eineinhalb Mannlängen und hatte ein Ehrfurcht gebietend breites Kreuz. Selbst die Unterarme des Trolls, der trotz der Kälte nur ein Fell um die Lenden trug, waren mächtiger als Mandreds Oberschenkel. Das Gesicht seines Gegenübers konnte Mandred in dem kalten Feenlicht nicht deutlich erkennen. Überhaupt haftete der ganzen Gestalt etwas Unbeständiges, Schattenhaftes an. »Was willst du hier?«, fragte der Wächter mit schwerem Akzent in der Sprache der Fjordlande.
    »Ich bin ein Gesandter von Emerelle, der Königin der Elfen.« Der Jarl hielt den Eichenzweig hoch. »Und ich fordere die

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