Die Elfen
unterschied sich durch nichts von den anderen Trollen rings herum. Wenn er allerdings tatsächlich der Herzog war und er ihm nun nicht antwortete, dann beleidigte er ihn. Gab er hingegen nur vor, der Anführer der Trolle zu sein, und Mandred enthüllte ihm die falsche Botschaft, dann konnte man ihm - zumindest nach menschlichen Maßstäben - nicht vorwerfen, sich gegenüber seinem Gastgeber unhöflich verhalten zu haben.
»Königin Emerelle wünscht Auskunft darüber zu erhalten, ob sich noch Elfen in Gefangenschaft befinden.«
Orgrim rief etwas in die Runde. Es kam Mandred so vor, als grinsten einige der Trolle gehässig. Dann klatschte der Herzog in die Hände und gab einen Befehl.
»Man wird uns Speis und Trank bringen«, sagte Orgrim förmlich. »Es soll nicht heißen, ich hätte einem Gast nicht das Beste aufgetischt, was die Vorratskammern der Nachtzinne zu bieten haben.«
Zwei armlange Trinkhörner wurden herangeschafft. Orgrim setzte seines an die Lippen und leerte es in einem Zug. Dann blickte er erwartungsvoll zu Mandred.
Der Jarl hatte schon Mühe, sein Horn nur zu heben. Er durfte sich auf keinen Fall betrinken! Nicht in dieser Nacht! Doch wenn er gar nichts trank, dann beleidigte er seinen Gastgeber. So nahm er einen Schluck und ließ einen guten Teil des klebrigen Mets in seinen Bart laufen.
Orgrim lachte laut. »Bei uns trinken ja selbst Kinder mehr als du, Menschlein.«
Mandred setzte sein Horn ab. »Wenn ich mich hier so umsehe, dann kommt es mir so vor, dass bei euch die Kinder vielleicht schon mit meiner Statur auf die Welt kommen.«
Der Herzog schlug ihm auf die Schulter, worauf Mandred fast von der Bank gestürzt wäre. »Gut gesprochen, Menschlein. Unsere Neugeborenen sind wahrlich nicht solche zarten rosa Würmchen wie eure Kinder.«
»Um noch einmal auf die Frage der Elfenkönigin zu kommen .«
»Es gibt hier keine Elfen in Gefangenschaft.« Wieder zupfte der Herzog an seiner Unterlippe. »Wer behauptet so etwas denn?«
»Eine Elfe, die hier in Gefangenschaft war«, entgegnete Mandred knapp.
Der Trollfürst stützte das Kinn auf beide Hände und sah ihn nachdenklich an. »Welch ein verwirrtes Wesen muss das nur sein? Der Krieg ist lange vorbei. Alle Gefangenen sind ausgetauscht.« Wäre nicht der wuchtige Unterkiefer mit den vorstehenden Hauern gewesen, wäre Orgrim wohl ein gewinnendes Lächeln geglückt. So aber schnitt er eine Furcht einflößende Grimasse. »Ich hoffe doch sehr, dass Emerelle das Gerede nicht ernst genommen hat.«
Mandred war zutiefst verunsichert. Hätte ihm ein anderer als Farodin von Shalawyns Gefangenschaft berichtet, er hätte Orgrim wohl geglaubt. Der Herzog war völlig anders, als er sich einen Troll vorgestellt hatte. In den Geschichten waren sie dumme, grobschlächtige Menschenfresser, die man leicht an der Nase herumführen konnte. Auf Orgrim traf nichts von alledem zu. Im Gegenteil! Mandred hatte das Gefühl, dass der Herzog mit ihm sein Spiel trieb.
Ein altes Trollweib ließ sich am anderen Ende der Tafel nieder. Sie hatte eine flache Holzschale mit Suppe mitgebracht und einen großen, krumm geschnittenen Löffel. Ihr derbes Kleid war mit hunderten von Flicken besetzt, von denen keine zwei aus dem gleichen Stoff waren. Ein milchiger Film überzog ihre Augen. Sie blinzelte angestrengt, wann immer sie von ihrer Schüssel aufblickte. Um den faltigen Hals hatte sie etliche Lederriemen mit Glücksbringern gehängt: kleine Figuren, die aus Knochen geschnitzt waren, steinerne Ringe, Federn, einen vertrockneten Vogelkopf und etwas, das aussah wie ein halber Rabenflügel.
»Wer ist das?«, fragte Mandred flüsternd seinen Gastgeber.
»Sie heißt Skanga und ist so alt wie unser Volk.« In Orgrims Stimme lag Respekt, ja vielleicht sogar ein wenig Angst. Er sprach sehr leise. »Sie ist eine machtvolle Schamanin, die mit den Geistern spricht und Stürme besänftigen oder herbeirufen kann.«
Verstohlen blickte Mandred zu dem alten Weib. Ob sie in seinen Gedanken lesen konnte? Dann war es besser, an harmlose Dinge zu denken! »Nach dem langen Weg durch die Wildnis bin ich halb verhungert. Ich könnte glatt der Alten ihre Schüssel klauen!«
Wortreich entschuldigte sich der Herzog dafür, dass es mit dem Essen etwas länger dauerte. Es sollte erst noch geschlachtet werden, damit das Fleisch ganz frisch auf die Tafel kam. Orgrim erzählte, dass Schwein viel zarter schmeckte, wenn man die Tiere vor dem Schlachten ein wenig weich klopfte. Das Geheimnis war
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