Die Elfen
sagst doch die Wahrheit, oder?«
Der Dschinn grinste schelmisch. »Habe ich dich jemals angelogen?«
»Nein, das hast du nicht. Du hast mir sogar gesagt, wo ich die Suche nach der Krone beginnen soll.« In Drusna hatte der Maharadscha Elebal die entscheidende Schlacht verloren, und dort war die Krone mit dem Feueropal verschwunden. »Nur eines verstehe ich nicht. Wieso hast du nicht selbst nach der Krone gesucht? Warst du in Valemas etwa auch mit deinem Namen an den Ort gebunden?«
»Nein, das war ich nicht. Ich habe die Krone gesucht, nur habe ich sie nicht finden können. Entweder sie ist zerstört, oder ein Schutzzauber umgibt sie. Früher konnte ich sie an jedem Ort der Menschenwelt spüren.«
»Ich dachte, Albensteine könnte man nicht auf Entfernungen spüren.«
»Das stimmt auch, aber wir haben einen besonderen Zauber auf den Stein gelegt, den nur wir Dschinnen kennen und der uns sagt, wo sich der Feueropal befindet. Doch wie gesagt, sein Ruf ist verstummt. Und über die Grenzen einer Welt hinaus konnte man ihn ohnehin nicht vernehmen.«
Vielleicht vermochte Farodin zu helfen. Sein Suchzauber würde die Krone womöglich aufspüren können. »Gibt es ein Bild von der Krone?«
»Ja, sogar in dieser Bibliothek. Als ich das erste Mal hier war, da habe ich sie malen lassen. Damals war ich noch auf der Suche nach ihr und hatte gehofft, hier etwas über ihren Verbleib zu erfahren. Komm, ich zeig es dir!« Er erhob sich.
»Mein Gefährte Farodin beherrscht einen Suchzauber. Wenn wir ihm eine Abbildung der Krone zeigen und du ihm erzählst, was du über sie weißt, dann könnte es sein, dass er sie aufspürt. Aber dürfen wir den Stein auch für unsere Zwecke verwenden, wenn wir ihn finden?«
»Wenn du den Feueropal findest, dann werden die Dschinnen sich in einer Reihe vor dir aufstellen und dir die Füße küssen! Jeder von ihnen wird dir seinen Namen sagen und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen! Mit schlichten Worten: ja, Nuramon!«
DIE KLEINE ELFE
Nuramon saß in seinem Zimmer über dem Buch, das ihm der Dschinn gegeben hatte, und betrachtete die Krone des Maharadschas, die in leuchtenden Farben auf das Pergament gemalt war. Welch ein Meisterwerk! Es war kaum zu glauben, dass ein Mensch dieses riesige Gebilde auf dem Kopf tragen konnte. Die Krone wirkte fast wie eine goldene Festung, die mit Edelsteinen übersät war. Der große Feueropal bildete das Zentrum, um das sich all die anderen Steine sammelten.
Mit der Abbildung hatte er eine wichtige Spur gefunden und war gespannt, was seine beiden Gefährten dazu sagen würden. Mit einem Mal hörte er ein Geräusch. Es klang wie ein Schluchzen. Er schlug das Buch zu und schritt zur Tür. Da weinte jemand! Vorsichtig öffnete er die Tür und trat nach draußen. Das kleine Mädchen saß gegen die Wand gelehnt da und weinte. Neben ihr lagen ein Beutel und drei Bücher.
»Was ist geschehen?«, fragte Nuramon und ging vor der Kleinen in die Hocke.
»Das weißt du doch genau!«, entgegnete die Elfe mit bebenden Lippen. Sie wandte den Blick ab und starrte zu Boden.
Nuramon setzte sich neben sie. Er wartete einen Moment, bis er sprach. »Der Dschinn hat dir alles erzählt.«
Die Kleine schwieg.
»Schau mich doch an!«, sagte er leise.
Sie blickte ihm ins Gesicht. Ihre braunen Augen funkelten.
»Du weißt nun, woher du kommst.«
»Ja . Der Dschinn hat mir gesagt, wo ich geboren wurde, wer meine Eltern waren und was mit Valemas geschah.«
»Hat er dir nie zuvor etwas erzählt? Nichts?«
»Er sagte immer, ich stammte von einer angesehenen Familie ab, und eines Tages würden mich meine Geschwister holen und nach Hause bringen. Ich habe ihm das geglaubt!«
»Er hat nicht gelogen. In gewisser Weise hat er die Wahrheit gesagt.«
Die kleine Elfe wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. »Ich dachte, ich hätte eine Familie - eine Mutter und einen Vater. Ich dachte, sie warteten irgendwo auf mich. Und ich dachte, dass ich Geschwister habe.«
»Natürlich tut es weh zu erfahren, dass die Dinge nicht so sind, wie du sie dir ausgemalt hast. Aber deshalb darfst du deine Träume nicht aufgeben. Wenn du dich nach einer Familie sehnst, dann mag es eines Tages geschehen, dass du eine findest.« Nuramon dachte an die Nacht vor dem Auszug der Elfenjagd und an den Orakelspruch, den Emerelle ihm als Rat gegeben hatte. »Weißt du, was die Königin einmal zu mir gesagt hat?«
Das Mädchen schüttelte den Kopf.
»Sie sagte: Wähle dir deine Verwandtschaft!«
Die
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