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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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Nachricht. Unmittelbar danach rief er beim Umweltamt in Aubusson an.
    »Kommissar Musil am Apparat, ich ermittle in einem Mordfall, und ich möchte auf der Grundlage der chemischen Zusammensetzung des Bodens ein Gebiet lokalisieren. Ja, im Departement.«
    Er las seinem Gesprächspartner die Laborbefunde vor und wartete darauf, dass dieser ihm die Daten entschlüsselte.
    »Sind Sie sicher?«
    Verblüfft legte er auf.
    »Es sind zwei verschiedene Herkunftsorte. Die erste Probe ist übersättigt mit Düngern, Stickstoff, kompostiertem Dung und zermahlenem Horn. Auf den ersten Blick entspricht dies dem Fundort der Leiche. Aber am erstaunlichsten ist der Rest: mit Kalk und gediegenem Blei gesättigter Staub. Äußerst selten. Und das bestätigt die Bisswunde von einem Hundertfüßer.«
    »Und das heißt?«
    »Der Junge wurde unterirdisch gefangen gehalten.«

65
Paris,
Gefängnis La Santé,
Mordkommission
    Die Erschöpfung, der Stress und die Enthüllungen hatten ihre harte Schale durchgescheuert. Ihre Nerven lagen blank. Sie hatte das Gefühl, ihr Körper vibriere von einer unkontrollierbaren Wut, die jederzeit explodieren könne; einer Wut, die nur einen Sündenbock brauchte. Und zu seinem Pech war Étienne Caillois dieser Blitzableiter.
    »Noch einmal, beschränken Sie sich darauf, mir die Wahrheit zu sagen.«
    Étienne Caillois war hinter der Scheibe des Sprechzimmers zusammengebrochen. Er hatte dunkle Schnittwunden an den Wangen und ein blaues Auge. Der Häftling war verprügelt worden. Aber Blandine empfand kein Mitleid.
    »Ich habe Ihnen schon x-mal gesagt, dass ich mit der Vergewaltigung dieses Mädchens nichts zu tun habe.«
    »Ich bin Ihre Akte, die Anklagepunkte und Ihr Strafregister durchgegangen.«
    Sie hatte jeden Absatz, jede Zeile der Biografie dieses Mannes unter die Lupe genommen. Die Schilderung dessen, was er Amandine angetan hatte, hatte Blandine einen unbändigen Hass gegen ihn eingeflößt. Das Zittern in ihrer Stimme legte sich, und sie erhob sich eintönig, ohne jedes Gefühl.
    »Ich habe Ihre Lebensgeschichte immer wieder durchgelesen, bis zum Erbrechen. Sie haben im Jahr 2000 ein zwölfjähriges Kind vergewaltigt. Sie haben Ihre abartigenSchweinereien gefilmt und die Filme ins Netz gestellt.«
    »Das stimmt nicht!«
    »Sie sind ein Perverser, ein Kranker.«
    »Das stimmt nicht!«
    Étienne Caillois schrie lauter. Ein Wärter näherte sich, aber Blandine bedeutete ihm, sich zurückzuhalten.
    »Sie haben sie vergewaltigt. Sie haben sie bedrängt. Vor Ihnen hatte sie Angst.«
    Die Erinnerungen trafen Blandine wie Dolchstöße. Amandines von der U-Bahn zerfetzter Körper. Die Leiche der Mutter in der Badewanne. Die Schreie in ihrem Kopf verschmolzen mit dem Quietschen der U-Bahn. Was Amandine durchgemacht hatte, war unmenschlich. Jemand musste dafür bezahlen.
    »Ich habe gesehen, was sie geschrieben hat, als Sie sie in dem U-Bahn-Tunnel aussetzten. Sie war erst zwölf Jahre. Zwölf Jahre, als Sie sich an ihr vergangen haben.«
    »Ich habe sie nie angerührt! Ich bin ihr nur einmal begegnet!«
    »Einmal zu viel.«
    »Nein! Es ist nicht so, wie Sie glauben! Sie ist zu mir gekommen! Hierher!«
    »Sie haben sie umbringen lassen, nicht wahr? Wen haben Sie bezahlt, um sie zu ermorden?«
    »Nein! Nein! Nein! Ich bin unschuldig!«
    Dieses Wort war zu viel.
    Unschuldig.
    Aus dem Mund dieses Mannes klang es wie Hohn.
    Unschuldig.
    Eine Schramme auf der Zunge. Ein Dorn im Ohr.
    Unschuldig.
    Der Klang blieb ihr im Hals stecken, bitter wie Galle.
    Blandine spürte, dass sie die Kontrolle über sich verlor.Sie schmetterte die Faust gegen die Schutzscheibe, die sie von Étienne Caillois trennte, und sie sprach ganz leise, mit einer immer härteren, vor Wut tonlosen Stimme.
    »Hören Sie mir gut zu ... ich werde beweisen, dass Sie ihren Mörder gedungen haben. Ich schwöre es bei meinem Leben, dass ich es beweisen werde ... und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit Sie bis ans Ende Ihres Hundelebens hierbleiben. Ich werde dafür sorgen, dass sich Ihre Zellengefährten um Sie kümmern ... darauf können Sie sich verlassen ...«
    »Ich habe sie nicht vergewaltigt! Sie haben mir ein Tauschgeschäft vorgeschlagen!«
    Der letzte Satz brach regelrecht aus ihm heraus. Die Aufrichtigkeit seiner Stimme traf Blandine mitten ins Herz. Sie schwankte einige Sekunden lang unentschlossen. Erschöpft von der Anspannung, die seinen Körper steif machte, brummte Étienne Caillois zwischen den Zähnen:
    »Ich habe

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