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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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auch wenn sie die Elemente noch so gründlich analysierte, kam sie nicht darauf, was genau nicht stimmte.
    »Die Metro hat sie ein Stück mitgerissen. Die Bremsspuren sind zehn Meter lang.«
    »Möglich ...«
    Sie sah den Kommissar und den Staatsanwalt, die, heftig miteinander diskutierend, aus der U-Bahn-Station herauskamen. Blandine drückte ihre Zigarette aus – sie wollte sich nicht so einfach geschlagen geben.
    »Entschuldigen Sie, meine Herren, aber ...«
    »Was gibt’s denn jetzt noch?«, seufzte Jean-François Rilk.
    »Ich würde gern die Ermittlungen übernehmen.«
    »Verdammt noch mal, Pothin, welche Ermittlungen?«
    Die Verärgerung des Kommissars bemerkend, schaltete sich der Staatsanwalt ein.
    »Mademoiselle, ganz offensichtlich handelt es sich um einen Selbstmord im öffentlichen Nahverkehr. Das Verfahren verlangt, dass sich ein Kripobeamter an Ort und Stelle begibt. Kommissar Rilk in seiner Eigenschaft als Zeuge kann diese Aufgabe nicht erfüllen. Ich glaube, das ist der einzige Grund, weshalb Sie hier sind.«
    Blandine verkrampfte sich. Die Herablassung, mit der er zu ihr sprach, begann sie zu ärgern.
    »Wie können Sie behaupten, dass es sich um Selbstmord handelt? Weder wurden die Aufzeichnungen der Überwachungskameras angesehen noch die Leichen obduziert.«
    »Mit Verlaub, zehn Augenzeugen, darunter Ihr Vorgesetzter, ist das nicht hinreichend aussagekräftig? Und eine Obduktion ist angesichts der Tatsache, dass wir wissen, wie sie ums Leben gekommen sind, nicht nötig.«
    »Sich auf Zeugenaussagen von Personen im Schockzustand stützen – ist das Ihre Methode? Mit Verlaub «, sagte sie im gleichen Tonfall.
    »Lieutenante Pothin, alles zu seiner Zeit«, fiel ihr Rilk ins Wort, nahm sie am Arm und zog sie zur Seite. »Verdammt, was ist in Sie gefahren?«
    »Geben Sie mir ein paar Tage, bevor Sie die Akte schließen. Das ist alles, was ich verlange.«
    »Es gibt drei Möglichkeiten: Es ist ein Selbstmord, ein Unfall oder ein Mord. Ich bin lange genug Polizist, um zu riechen, wenn etwas faul ist, doch im vorliegenden Fall habe ich es mit eigenen Augen gesehen! Haben Sie irgendetwas vorzuweisen, was dem, was ich gesehen habe, widerspricht? Können Sie irgendwelche rationalen Beweise vorbringen?«
    Er trat noch näher an sie heran. Vor Erregung hatte er die Stirn in Falten gelegt.
    »Ja oder nein?«
    »Nein.«
    »Ich weiß nicht, was für Flöhe man Ihnen an der Polizeihochschule ins Ohr gesetzt hat, unter meiner Verantwortung läuft das allerdings so ab! Sie brauchen sich nicht zu wundern, wenn ich Ihnen keine Fälle übertrage!«
    »Geben Sie mir Zeit, um sie zu identifizieren und ihre Familien zu benachrichtigen«, forderte sie trotzig von ihrem Chef.
    »Aber das ist nicht Ihre Aufgabe! Was ist nur mit Ihnen los?«, schrie er sie an und ballte drohend die Fäuste. »Sie sind bei der Mordkommission und unterstehen meiner Weisungsbefugnis! Falls Sie es nicht wissen sollten: Frankreich steht am Rande eines Bürgerkriegs! Alle Dienststellen sind überlastet. Ich werde also weder meine Zeit noch die meiner Mitarbeiter vergeuden, nur weil zwei arme Mädchen lebensmüde waren! Ist das klar?«
    »Ja, Herr Kommissar, glasklar.«
    »Alle hier wollen die Sache schnellstens abschließen. Ich ganz besonders. Und damit Schluss! Tun Sie mir also den Gefallen, und fahren Sie mit dem fort, worum ich Sie gebeten habe und wofür Sie bezahlt werden! Ich erwarte Ihren Bericht am späten Nachmittag.«

7
Paris,
Quai des Orfèvres 36,
Sondereinheit
    Die Cafeteria des Hauptkommissariats war fast menschenleer. Léopold ging zwischen den beigefarbenen Kunststofftischen hindurch zu dem Getränkeautomaten. Drei Mitarbeiter des Drogendezernats unterhielten sich gähnend und nippten an ihren Kaffeebechern. Sie hatten ihre Nachtschicht beendet, total erschöpft von einer Razzia in Clichy-sous-Bois, die aus dem Ruder gelaufen war. Im Näherkommen hörte Léo, dass sie von zwei Schwerverletzten, einem Kilo mit Saccharose verschnittenem Kokain und sechs Festnahmen sprachen. Einer der drei Männer stieß seinen Nachbarn mit dem Ellbogen an und deutete unauffällig auf Léopold.
    »Da kommt einer der Pfaffen!«
    Léo überhörte die Bemerkung und ging mitten durch die Männer hindurch, die ihn anstarrten. Er wühlte in seinen Taschen nach Münzen.
    Die Pfaffen.
    Diesen Spitznamen hatte man ihnen in der »Firma« gegeben. Aus zwei Gründen. Zum einen wegen der Regeln, die Maxime Kolbe selbst aufgestellt hatte und die besagten,

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