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Die elfte Geißel

Die elfte Geißel

Titel: Die elfte Geißel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aurélien Molas
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den Rechner ausfindig zu machen, auf den das Video heruntergeladen würde, und sendete es.
    Statt einer Antwort erhielt er eine lapidare E-Mail.
    Auf eMule: NeverlandRGS.
    Léo loggte sich in eMule ein und tippte Neverland in die Suchmaschine. Das Video, das unter anderen Filmen versteckt war, wartete auf einem anonymen Server. Léopold spürte, wie sich ihm die Kehle zusammenschnürte, wie seine Schläfen pochten.
    Nachdem er den Film zu Ende angesehen hatte, sprang er auf und ging, die Tür hinter sich zuschlagend, aus dem Zimmer. Seine neuronalen Schaltkreise waren durchgebrannt, seine Synapsen gestört. Vollständige Sättigung des Systems. Er musste frische Luft schnappen, mit jemandem sprechen, damit dieser den winzigen Teil von ihm, der überlebt hatte, wiederbelebte. Wenn er diesen Abend alleine verbrächte, würde ihn seine Einsamkeit wie an allen anderen Abenden umbringen.
    Aber diesmal hätte er nicht die Kraft, am Morgen wieder aufzuerstehen.

21
Paris,
Wohnung von Prof. Stéphane Firsh
    »Ich glaube nicht, dass man die aktuellen Ereignisse nur auf eine Krise der Vorstädte und der Jugend zurückführen kann. Das wäre absurd! Umso mehr, als Sie das vom Standpunkt eines Polizisten aus betrachten. Es ist, als würden Sie Scheuklappen tragen«, sagte Stéphane Firsh, während er den Burgunder in seinem Glas schwenkte.
    »Glauben Sie im Ernst, dass diese Ausschreitungen etwas anderes sind als eine Kettenreaktion, wie sie mit schöner Regelmäßigkeit etwa alle fünf Jahre auftritt?«, fragte Léo zweifelnd.
    Der Professor dachte einige Sekunden nach, in denen er durch die Fenster die Dreifaltigkeitskirche betrachtete, die einen weißen Schatten in der abendlichen Milde darstellte. Der Wein vernebelte ihnen das Gehirn, und das Abendessen neigte sich in der großen Eckwohnung des Arztes seinem Ende zu. Die Gegenwart von Firsh und seiner Frau, ihre Heiterkeit, verschafften Léopold den Trost, den er brauchte. Der Abend verging im Nu, aber sie bemühten sich, gemeinsam das Dahineilen der Sekunden zu verlangsamen.
    Er hatte gezögert, ihre Nummer zu wählen, da er niemanden mit seiner melancholischen Stimmung behelligen wollte, doch die Angst vor der Finsternis und vor dem Reigen seiner Gespenster hatte ihn dazu bewogen, gegen die Regeln der Höflichkeit zu verstoßen. Am Telefon wirkte Firsh nicht überrascht, und er hatte ihn, ohne große Umstände, zu ihnen zum Abendessen eingeladen. Seine Frau und er passten auf ihre Enkelkinder auf, zwei Wirbelwinde von acht und sechs Jahren, und Léo kam gerade recht, um dabei zu helfen, diese Energiebündel etwas in Schach zu halten. Jetzt saßen die beiden Jungs vor dem Fernseher, und die Erwachsenen nutzten diesen Moment der Ruhe, um über die aktuelle Lage in Frankreich zu diskutieren.
    »Ich bin fest davon überzeugt, dass diese Krawalle ein Symptom sind«, nahm der Rechtsmediziner den Gesprächsfaden wieder auf. »Nicht das Symptom einer Jugend auf Abwegen oder einer kollektiven Verdrossenheit, all dies sind grobe Vereinfachungen! Ich spreche von einem Symptom im medizinischen Sinne, der sichtbaren Manifestation einer Erkrankung.«
    »Aber welcher? Des Niedergangs Frankreichs?«
    »In gewisser Weise. Eines ökonomischen, künstlerischen, politischen und gesellschaftlichen Niedergangs. Unser Land ist in eine Phase intellektueller Apathie eingetreten!«, ereiferte sich der Mediziner.
    »Ich bitte dich, Stéphane, kannst du nicht bis zum Nachtisch warten, ehe du deine Diagnose stellst?«, fragte Edna lächelnd.
    Sie neigte sich zu Léopold hin und tätschelte seine Hand.
    »Sie müssen ihn entschuldigen, Lieutenant, mein Mann hat die schlechte Angewohnheit, mit seiner Schwarzseherei unsere Freunde zu vergraulen. Zum Glück hat er nicht viel Gelegenheit, mit seinen Patienten zu sprechen.«
    Firsh lachte laut auf und warf seiner Frau einen zärtlichen Blick zu.
    Einen Stapel Teller in den Händen haltend, durchquerte Léo das Wohnzimmer, wo die beiden Jungen im Pyjama sich für die Abenteuer eines Helden begeisterten, der gegen die New Yorker Unterwelt kämpfte. Als der Ältere den Lieutenant erblickte, rief er ihm zu:
    »Sag, stimmt es, dass du eine Pistole hast, so wie er?«, sagte er und zeigte auf die Figur im Bildschirm. »Hast du damit schon mal auf jemanden geschossen?«
    »Nein, ich habe sie nur auf dem Schießstand benutzt. Ich war ein sehr schlechter Schütze, wenn du es genau wissen willst.«
    »Aber wie hast du dann die Leute verhaftet?«
    »Ich verhafte sie

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