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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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lasterhaftes Leben redete ich laut in den Gassen. Man hat ihn schließlich aus dem Dorf vertrieben. Damals war ich erst zwanzig, aber weitere Kinder habe ich nicht mehr bekommen. Zehn Jahre darauf starb mein Mann, und als kurz darauf schweifende Beginen ins Dorf kamen, schloss ich mich ihnen an. Sie waren die Ersten, die mir Trost spendeten und Hoffnung gaben. Sie lehrten die wahre christliche Nächstenliebe und hatten für Pfaffen wenig übrig. Wir zogen über das Land, halfen dort, wo Trost und Zuspruch nötig waren, beteten mit den Frauen, die ihre Kinder verloren hatten oder um Angehörige trauerten. Man gab uns immer Essen, auch wenn wir oft im Heu schlafen mussten. Manchmal halfen wir auch bei der Ernte oder beim Backen und Wursten.«
    »Und so bist du hierhergekommen?«
    »Ja, aber da gibt es noch etwas, Almut. In dem Sommer, bevor man Mettel und mich hier vor drei Jahren aufnahm, kamen wir nach Rodenkirchen. Dort habe ich Lena kennengelernt. Als ich eines Tages von meinen Kindern sprach und dem bigotten Pfaffen, da fanden wir heraus, dass auch sie ihn kannte. Und hasste.«
    »Was hat er ihr angetan?«
    »Er hat sie an einem Karfreitag in der Kirche überwältigt. Bertram ist sein Sohn.«
    »Ei wei!«
    »Almut, ich wollte es nicht erzählen, und es ist Lenas Geheimnis. Nur - dass dieser Pater Leonhard ein ebensolches Schwein ist, das hat das alles wieder hochkommen lassen.«
    »Keine Sorge, Bela. Ich behalte es für mich.«
    »Bitte. Es ist schon schlimm genug für sie, dass der Junge mit einem solchen Makel geboren wurde. Aber bei dem Vater - und dann auch noch am Karfreitag gezeugt …«
    »Bertram ist kein Narr, Bela.«
    »Schon gut. Immerhin, dieser Pfaffe wird kein Unglück mehr anrichten. Er ist tot. Man hat ihn im nämlichen Jahr in seinem Gemüsegarten gefunden, mit durchschnittener Kehle.«
    »Gute Güte, wer war das?«
    »Hat sich niemand besonders drum gekümmert, Almut. Und nun lass uns das Gerüst weiter aufbauen.«
    Bedächtiger jetzt und vorsichtiger schlug Bela die Nägel ein, während Almut sich Pitter schnappte, der noch bei Gertrud in der Küche einen Korb Brot für seine Geschwister geschnorrt hatte. Mit ihm zusammen legten sie die Planken wieder zurecht und sammelten die heruntergefallenen Ziegel auf. Sie waren fast fertig, als Mettel aufgeregt von der Pforte kam und rief: »Pater Leonhard kommt die Straße hinauf.«
    »Der will bestimmt spitzeln, ob Ihr nicht heute ein besseres Essen auftischt!«, griente Pitter die Beginen an.
    Almut teilte durchaus seinen Verdacht. Schnell sah sie sich um und wies dann Bela an: »Hol den Eimer mit dem Schweinefutter aus dem Stall. Pitter, was bereitet Gertrud in der Küche vor?«
    »Zieht fette Aale ab. Davon hätte er bestimmt gerne welche.«
    »Komm mit.«
    Gertrud brauchten sie kaum drei Worte zu sagen, da hatte sie Almut schon die Schüssel mit den glitschigen Fischen in den Arm gedrückt, Pitter den Korb mit den frischen Broten gereicht und selbst den Kessel mit der Gemüsesuppe vom Herdhaken genommen.
    »Hinter die Vorratskammer. Schnell!«
    Als sie zurückkamen, hatte Bela den Eimer mit der sauer gewordenen Grütze neben den Kamin gestellt, und Gertrud füllte sie in einen weiteren Kessel. Auf dem Tisch breitete sie einige trockene Kohlblätter und angefaulte Rüben aus.
    »So, mehr gibt’s heute nicht.«
    Dieser Streich hatte Bela sichtlich aufgemuntert, und sie stapelte entschlossen die letzten Steine aufeinander, als der Priester durch die Pforte trat.
    Almut hatte keine besondere Lust, ihn zu begrüßen, und verschwand im Innern der halb fertigen Kapelle, um dort Äste, lose Mörtelbrocken, Ziegelsplitter und Staub zusammenzufegen. Pitter hingegen linste aus der Fensteröffnung und berichtete ihr: »Er geht wahrhaftig in die Küche.«
    »Nun, da wird er auch gleich wieder herauskommen. Ich fürchte, Gertrud ist in keiner geselligen Laune.«
    »Ha, noch mehr Besuch, Frau Almut. Da kommen Bertram und sein Oheim. Sie haben Pakete dabei!«
    »Schön, ich mache jetzt trotzdem meine Arbeit hier fertig. Reich mir mal den Eimer dort!«
    »Ziemlich staubige Arbeit für einen durstigen Mann, Frau Almut!«, maulte er, als er den vierten Eimer draußen auf dem Hof entleert hatte.
    »Wirst schon noch deinen Apfelwein bekommen.«
    »Übrigens, Frau Almut, Eure Schwester hat’nen Neuen.«
    »Was hat Aziza?«
    »Neuen Freund. Hab’ ihn in der Stadt noch nie gesehen, ist aber ein ansehnliches Mannsbild. Bisschen fremdländisch. Und sehr dunkel.«
    »Ah.

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