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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verborgen unter ihrem Kopfpolster.«
    Florens nestelte seine Gürteltasche auf und holte eine kleine Holzfigur heraus. Es war ein putziger kleiner Hund mit viel zu großen Pfoten, langen Ohren und kullerrunden Welpenaugen.
    »Ei wei!«, stieß Almut hervor.
    »Kennt Ihr das Hündchen?«
    »Nein, aber das sieht mir ganz nach einem solchen Geschenk aus, wie ich es vermutete.«
    Über Bertram wollte sie dem jungen Parler gegenüber im Augenblick kein Wort verlieren.
    »Ja, ja, da habt Ihr wohl Recht. Ich werde im Haushalt nachfragen, ob jemand weiß, woher es stammt.«
    »Zeigt es auch dem Turmmeister. Und seht Euch noch einmal gründlich in Sannas Kammer um.«
    »Ihr habt sehr hilfreiche Ideen, Frau Almut. Darf ich … darf ich wiederkommen und mit Euch darüber sprechen? Wisst Ihr, es lässt einen den Verlust und das Ungeheuerliche leichter ertragen, wenn man etwas tun kann.«
    »Aber natürlich, Florens. Wahrscheinlich müsst Ihr mir sowieso beim Einbau der Rosette helfen. Übrigens, wisst Ihr einen guten Glaser?«
    »Mehrere, was stellt Ihr Euch vor? Einfache Rauten oder Butzen? Oder bleigefasste, gemalte Figuren?«
    »Farbige Gläser, einfache Muster, aber aus leuchtendem Glas, ja, das hätte ich gerne.«
    »Dann dürfte Meister Ingolf Euer Mann sein. Soweit ich weiß, arbeitet er derzeit für den Dombaumeister.«
    »Oh, für Meister Michael! Dann muss er ein guter Mann sein. Ich werde ihm wohl mal wieder einen Besuch unter Kollegen abstatten.«
    »Frau Almut?«
    »Keine Angst, ich werde nicht anmaßend. Meister Michael kennt mich von Kindsbeinen an, und es ist ein alter Spaß zwischen uns, mich damit aufzuziehen, ich würde mit meinen kleinen Bauten mit seiner Kathedrale wetteifern.«
    Auf diese Weise hatte sie den jungen Mann von seinen trüben Gedankengängen abgelenkt und machte sich noch einmal auf die Suche nach der Meisterin.
    »Du hattest ihn so tief in eine Unterhaltung verwickelt, da dachte ich, ich warte noch einen Moment.«
    »Danke, Magda. Jetzt überlasse ich ihn dir.«
    Wie eine bei der Jagd erfolgreiche Katze, die eine Maus im Maul trägt, schlich sich Almut mit ihren neuen Erkenntnissen in ihre Kammer, um in Ruhe darauf herumkauen zu können. Ihre Theorie, Sanna könne verliebt gewesen sein, hatte sich gefestigt. Zu gerne hätte sie gewusst, ob auch die anderen Opfer ihre Jungfernschaft eingebüßt hatten. Aber das war nun wirklich nicht mehr herauszufinden. Oder? Bei den Stiftsdamen von Sankt Ursula würde dieses peinliche Geheimnis zwar gehütet werden, war aber möglicherweise bekannt.
    »Mist, Maria, wie soll ich das herausfinden? An die hochnäsigen Ursulinen kommt unsereins nicht heran. Außer vielleicht durch die Hintertür. Na, mal sehen. Aber wie schrecklich - Sanna besaß dieses Hündchen, und sie schätzte es offensichtlich so hoch, dass sie es mit ins Bett nahm. Wie kam sie daran? Es trägt mehr als deutlich die Handschrift Bertrams. Ich muss ihn fragen, was er mit den früheren Schnitzereien gemacht hat.«
    Die duldsame Maria musste sich einige wilde Spekulationen anhören, die auch Almuts weitere Verdächtige betraf, aber schließlich war es ihr mildes Lächeln, das ihre Tochter besänftigte.
    »Immerhin ist diese junge Novizin jetzt in Sicherheit. Dafür sollte ich schon mal dankbar sein. Und nun, barmherzige Mutter, bitte für uns Sünder. Vor allem für die törichten Jungfrauen, die sich von ihren Leidenschaften und Begehrlichkeiten hinreißen lassen. Und, bitte, Maria, lindere auch meine törichte Sehnsucht. Jetzt, da ich weiß, dass er nächste Woche wieder hier ist, wächst jedes Mal, wenn die Stunde schlägt, meine Unruhe und leider auch mein Verlangen. Maria, schenk mir Ruhe, gib mir Gelassenheit, hilf mir, das Warten zu ertragen.«

29. Kapitel
    D er Nieselregen war in kräftige Schauer übergegangen, und ab Samstag fegte ein mächtiger Frühlingssturm den Rheingraben hinab. Es heulte und pfiff um die Häuser, und manch Schindeldach wurde abgedeckt. Wer das Haus nicht verlassen musste, tat es nicht.
    Wer das Haus nicht verlassen durfte, der sann an solchen Tagen darüber nach, wie es ein Entkommen geben könnte.
    Pater Ivo gehörte zu jenen, die draußen mit den Unbilden des Wetters zu kämpfen hatten, denn die Böen hatten zwei Bäume umstürzen lassen, einer davon war auf das Scheunendach gefallen, der andere hatte den Schafspferch niedergerissen. Das morsche Dach des Herrenhauses erlitt weitere Schäden, und mit einem Donnerwetter, das dem Unwetter draußen in nichts

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