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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zukam, und stellte noch ganz vorsichtig meine Maria ab.«
    »Und dann hat er Euch mit aller Kraft gewürgt.«
    »Doch nur, weil ich auf ihn zuging.«
    »Ihr seid sehr nachsichtig mit dem jungen Narren.«
    »Ich halte ihn nicht für einen Narren. Ist Pater Leonhard fort?«
    »Ja. Er war zutiefst erschüttert.«
    »Priester wie er sind immer schnell mit Dämonen zur Hand. Ich weiß. Aber auch das ist es nicht. Er ist krank, der arme Junge.«
    »Er ist eine Gefahr für sich und andere.«
    »Vor allem für sich. Aber, Claas, Ihr habt ja mitbekommen, dass die Nonnen ihre Novizin suchen. Ist Euch eine recht kleine Jungfer mit herzförmigem Gesicht und großen braunen Augen begegnet, die sich möglicherweise in der Stadt verirrt hat? Ich glaube, sie ist ein vorwitziges Ding, aber sie kennt sich nicht in den Gassen aus.«
    »Nein, obwohl mir hübsche junge Frauen eigentlich immer auffallen, Frau Almut.«
    Sein Lächeln war übermütig und sehr eindeutig.
    Almut zuckte betont gleichgültig mit den Schultern und meinte dann: »Ihr werdet mich entschuldigen müssen. Ich habe noch zu tun.«
    Er ließ sie gehen, schaute ihr aber mit einem begehrlichen Blick nach.
     
    »Alle Katzen sind rollig, und alle Kater schwänzeln um sie herum, Maria. Liegt das am Frühling?« Almut stellte die vergoldete Bronze wieder zu der neckischen Holzkatze und strich ihr über die glänzende Oberfläche. »Das ist mir bisher noch in keinem Frühjahr so stark aufgefallen. Andererseits - ich selbst habe mich ja bisher auch noch nie so gefühlt. Kaum habe ich Pater Leonhard auf Abstand gehalten, kommen Florens und Claas dazu. Na ja, Claas scheint das Tändeln im Blut zu liegen.«
    Sie bürstete sich die Haare aus und flocht sie zu einem Zopf, den sie im Nacken feststeckte. Dann legte sie den Arbeitskittel ab und zog ein leinenes Unterkleid und das graue Beginengewand über.
    »Und Rigmundis war so aufgewühlt, dass sie wieder Visionen hatte. Sie murmelte unablässig, das Böse selbst sei mit uns im Raum gewesen. Deswegen sitzen jetzt die drei Seidweberinnen zitternd beieinander und fürchten, der Dämon, der Bertram in den Klauen hatte, habe sich nun im Refektorium eingenistet und könne sie jederzeit überfallen. Gnadenvolle Jungfrau, nimm ihnen ihre Ängste und schenke ihnen ein bisschen mehr Vernunft!«
    Almut bedeckte ihr Haupt züchtig mit Gebände und Schleier, unter dem auch die roten Stellen an ihrem Hals verschwanden. Dann wandte sie sich mit einer letzten Bitte an Maria, die reine Magd.
    »Hoffentlich hat Florens jetzt nicht den Einfall, Bertram als den Mörder seiner Schwester zu vermuten. Obwohl ich ja zu Zeiten auch diesen Verdacht hatte. Maria, der Junge entwickelt grauenhafte Kräfte! Kann es denn sein? Wo war er heute Nacht? Ist Pia sein Opfer? O Mutter der Barmherzigkeit, mach, dass sie das Mädchen lebend finden!«
     
    Almuts leidenschaftliche Bitte kam zu spät.
    In den frühen Morgenstunden hatte man Elsa und sie zu einer Frau im Kindbett gerufen, um ihr Beistand zu leisten. Nun war sie versorgt, und der Rückweg führte sie an der alten Burgmauer bei Sankt Apern entlang. An diese Mauer, die in alten Zeiten, so hieß es, die Begrenzung der Stadt Köln gewesen sein musste, schmiegten sich heute die Häuser der Bürger, die in der umliegenden Landwirtschaft tätig waren. Bei Sankt Claren, dem großen Kloster, bog die Mauer im rechten Winkel nach Osten ab, und ein baumbestandener Platz öffnete sich zum Zeughaus hin. Hier fanden die Beginen einen umgestürzten Korb, dessen Inhalt, frisch gewaschene Wäsche, sich über den Straßenschmutz verteilte.
    »Wie ärgerlich. Es sind gute Hemden und feine Tücher!«, stellte Elsa fest. »Diese Wäschermädchen sind doch leichtsinnige Hühnchen!«
    Sie bückten sich, um das Leinen aufzusammeln. Doch dann hörte Almut das Schluchzen.
    »Na, da steckt doch mehr dahinter!«
    Sie lauschte und fand die Quelle des Geräusches unter einem der Büsche, die sich am Fuß der Mauer ausgebreitet hatten.
    »Gütige Jungfrau, Fabio! Was ist geschehen?«
    Zusammengekauert hockte der Sohn des Reliquienhändlers an die steinerne Wand gedrückt und zitterte. Almut kniete sich zu ihm nieder.
    »Fabio, ich bin es, die Begine Almut. Azizas Schwester. Du kennst mich doch.«
    Mit schmutzverschmiertem Gesicht schaute der Junge auf und schluchzte auf.
    »Bist du in eine Rauferei geraten? Bist du verletzt?« Kopfschütteln.
    »So sag mir doch, was dich so ängstigt, mein Junge.«
    »B... Blut!«
    »Blutest du? Zeig mir,

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