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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wo du verletzt bist. Unsere Apothekerin ist bei mir. Wir werden dir helfen.«
    »Nicht meins …«
    Almut sah sich geschwind um, konnte aber niemanden sonst entdecken.
    »Wessen denn, Fabio? Ist deinem Vater etwas geschehen?«
    »Nein... Ach, Frau Almut. Es ist wie bei Christine...!«
    Kalte Angst durchfuhr Almut.
    »Fabio, hast du eine Verletzte gefunden?«
    Er nickte.
    »Schnell, sag mir, wo. Bitte, wir müssen ihr helfen!«
    Mühsam rappelte er sich auf und wies über die Grundstücksmauer nach rechts.
    »Da hinten, am Turm. Bitte, ich will da nicht hin.«
    »Nein. Aber ich muss es. Dann bleib hier sitzen, ich komme gleich wieder. Warte hier, versprichst du mir das?«
    Er nickte und kauerte sich wieder, die Arme um die Knie geschlungen, nieder.
    Almut aber rannte zur Straße und zog Elsa, die den Wäschekorb gerade ordentlich gefüllt hatte, mit sich.
    »Was ist?«
    »Ein Unglücksfall. Dort!«
    Das alte, zerfallene Turmrund wurde von den Klarissen als Abfallgrube des Klosters verwendet, und an seinem Fuß fanden Almut und Elsa sehr bald das Bündelchen Mensch. Vorsichtig hob die Apothekerin das Mädchen in der schlichten Novizinnenkutte hoch. Sein Kopf fiel dabei hintenüber, und Almut konnte das blutverschmierte Gesicht sehen. Es war herzförmig, die großen Augen halb geschlossen.
    »Pia, vermute ich.«
    »Ja. Und sie ist tot, Almut.«
    Erschüttert bekreuzigte diese sich und sprach ein leises Gebet. Dann fragte sie, obwohl sie die Antwort ahnte: »Wodurch ist der Tod eingetreten?«
    »Das Blut stammt von einer Platzwunde am Kopf, aber ich fürchte, sie hat sich das Genick gebrochen. Ob sie wohl von dem Turm gefallen ist?«
    »Warum sollte sie?«
    »Weil übermütige junge Leute gerne irgendwo raufklettern. Weiß der Himmel, warum.«
    »Ja, manchmal tun sie es. Elsa, der Junge ist vollkommen verstört. Ich muss ihn nach Hause bringen. Kannst du die Klarissen um Hilfe bitten? Sie sollen die arme Kleine hier bei sich aufbahren.«
    »In Ordnung.«
    Schweigend, aber willig begleitete Fabio die Begine zum Haus seines Vaters.
    Esteban hörte sich mit schreckensbleichem Gesicht ihre Schilderung an und hielt seinen Sohn dabei fest an sich gedrückt.
    »Wie entsetzlich, Frau Almut. Ausgerechnet er musste sie finden.«
    »Kann ich Euch helfen, Esteban? Den Jungen zu Bett bringen, ihm einen beruhigenden Kräuteraufguss...«
    »Nein, lasst nur, ich kümmere mich schon um ihn. Nur wartet noch einen Moment, wenn es recht ist.«
    Der Reliquienhändler hob seinen Sohn auf die Arme und trug ihn die Stiege hinauf. Almut blätterte in der Zwischenzeit in dem Brevier, das von Christine illustriert worden war, und fand Ablenkung in den farbenprächtigen Bildern. An die Konsequenzen aus dem, was sie erlebt hatte, mochte sie im Augenblick nicht denken.
    »Danke, Frau Almut. Danke für Eure Hilfe.« Esteban war zu ihr getreten, und sie sah, dass er die Hände in die Ärmel seines Gewandes gekrallt hatte. »Es ist deswegen so furchtbar, weil er im Januar auch mitbekommen hat, wie sie Christine brachten.«
    »Ihr Tod geht ihm noch immer nahe. Ich weiß.«
    »Er verfolgt mich ständig mit der Vermutung, sie sei ermordet worden. Frau Almut - ich wollte das nicht glauben. Aber nun...«
    »Ja, Esteban, nun... Das Grauenhafte daran ist, ich hatte schon befürchtet, dem jungen Mädchen könne dieses Schicksal drohen. Ich habe versucht, was ich konnte, um sie zu schützen. Aber es war nicht genug!«
    Almut vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Ihr habt es befürchtet?«
    »Es gibt einen Mörder in der Stadt, der Jungfrauen umbringt. Pia ist sein neuntes Opfer.«
    »Heiliger Herr Jesus, warum tut denn dann niemand etwas dagegen?«
    »Weil erst jetzt klar wird, dass dem so ist. Bisher glaubte man an Unfälle, aber nun hat sich zumindest für mich der Verdacht bestätigt.«
    »Glaubt Ihr wie Fabio, dass auch Christine umgebracht wurde?«
    »Ich weiß es nicht, aber ich vermute es stark.«
    »Ja, ich jetzt auch.«
    »Sprecht mit dem Turmmeister, der auch den Fall von Sanna Steinheuer untersucht.«
    »Sobald ich Fabio alleine lassen kann.«
    Almut nickte und stand auf.
    »Ich muss gehen, Esteban. Kann Eure Magd mich zu Groß Sankt Martin begleiten?«
     
    Almut wollte bei Theodoricus vorsprechen, doch der Abt war nicht im Kloster.
    Sie kehrte zum Beginenhof zurück und hatte mehr Glück, als sie die Meisterin sprechen wollte. Auch Magda war entsetzt über ihren Bericht, und als Elsa mit der Meldung zurückkam, die Klarissen hätten sich um die

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