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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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gut, ich werde alles das bedenken, was Ihr gesagt habt. Möglicherweise fällt mir dazu etwas Neues ein.«
    »Danke, Pater. Denn ich fühle mich, als ob ich ständig in einer Tretmühle laufe und kein Stückchen weiterkomme.«
    »Theodoricus sprach davon, Ihr habet noch eine andere Botschaft für mich, deretwegen ich Euch aufsuchen sollte. Um welche Unannehmlichkeit handelt es sich dabei?«
    »Ich hoffe, sie ist nicht zu unerfreulich für Euch, Pater. Aber ich traf am Fastnachtsmontag einen Mann.«
    Almut konnte sich eine kleine zögerliche Pause nicht verkneifen.
    »Einen Narren, nehme ich an.«
    »So würde ich ihn nicht bezeichnen. Er hat ein überaus gefälliges Wesen, und er wusste mir durchaus zu schmeicheln.«
    »Ich hoffe, er findet die Billigung Eures Vaters.«
    »Ich fürchte, nein. Der Altersunterschied zwischen uns ist zu groß.«
    »Ein so junger Mann?«
    Sehr sanft fragte der Pater es.
    »Ein sehr betagter Mann.«
    »Begine?«
    »Es traf ihn ein Anfall seines Herzens vor Krudeners Apotheke. Doch es verlief glimpflich. Er befindet sich wieder wohl. Nur - wie der Zufall es wollte, erriet ich seinen Namen, und darum wurde er neugierig auf mich. Ich besuchte ihn vergangene Woche in seinem Heim.«
    »Daran sehe ich nichts Ungewöhnliches, Begine. Ihr habt ein mitleidiges Wesen, das habe ich schon häufiger bemerkt. Er wird sich bei Euch bedankt haben wollen.«
    »Das tat er. Und wir kamen ins Gespräch. Er ist erst seit Kurzem hier in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Viele lange Jahre hat er in fremden Landen gelebt, lange Zeit davon in Rom.«
    »In Rom?«
    Almut bemerkte, wie ihr Gegenüber aufmerksam wurde.
    »Er ist ein vermögender, einflussreicher Herr. Doch in seinem Herzen trägt er große Trauer, denn er hat einst Weib und Sohn verloren.«
    »Was will er von Euch?«
    Wie ein Peitschenschlag fuhr die Frage auf Almut nieder.
    »Nichts, Pater Ivo. Es ergab sich, dass ich ihm Kunde von seinem Sohn geben konnte, den er für verloren hielt.«
    »Warum erzählt Ihr mir das?«
    »Weil der ehrwürdige Vater meint, aus meinem Mund würdet Ihr die Nachricht leichter ertragen. Aber ich bin... es ist nicht leicht.«
    »Ich verspreche Euch, Begine, es soll Euch durch mich kein Ungewitter treffen. Ihr seid ansonsten mutiger mir gegenüber.«
    »Ich habe Euch auch noch nie verletzlich gefunden.«
    »Begine? Verletzlich? Bei meiner hornhäutigen Seele?«
    Almut aber musste eine alte Wunde berühren, und wie von selbst schlich sich ihre Hand über den Tisch und legte sich auf die seine. Verblüfft sah der Benediktiner auf die rauen Finger und umschloss sie dann mit festem Griff.
    »Sagt es mir.«
    »Der alte Mann, Herr, ist Euer Vater. Gauwin vom Spiegel«, flüsterte sie.
    Der Griff um ihre Hand wurde fester, doch Ivos Gesicht schien wie versteinert. Lange Zeit schwieg er. Schließlich war es Almut, die wieder sprach und ihm von der Unterredung im Haus derer vom Spiegel berichtete.
    »Er wünscht mich zu sehen? Trotz allem?«
    »Ja, er wünscht sich nichts sehnlicher, Herr. Bitte geht zu ihm. Sein Herz hat sich zwar wieder erholt, und Meister Krudener hat ihm Arzneien gemischt, aber er ist ein hochbetagter Mann und weiß, er hat nicht mehr lange zu leben.«
    »Selbstverständlich werde ich ihn aufsuchen.« Er schüttelte leise den Kopf. »Vor noch nicht allzu langer Zeit, Begine, hätte ich es wohl nicht gewagt. Ihr habt Recht, auch ich habe verletzliche Stellen. Danke, dass Ihr mich so pfleglich behandelt habt.«
    »Wie Ihr sagtet, Herr, ich habe ein mitleidiges Wesen.«
    »Warum ist der Pater Ivo aber denn nun ein Herr geworden?«
    »Weil Euer Vater mir verbot, von Euch als Pater zu sprechen.«
    »Und ihm gehorcht Ihr?«
    »Er hat eben ein gefälliges Wesen...«
    Endlich waren die kleinen Fältchen wieder in seinen Augenwinkeln.
    »Während das Meine schroff und ungefällig ist …«
    »Es hat so seine rauen Kanten.«
    Er hielt noch immer ihre Hand in der Seinen und betrachtete sie jetzt.
    »Und Ihr habt raue Hände. Seltsamerweise flößen sie mir Vertrauen ein.«
    Er ließ sie los und erhob sich. Auch Almut stand auf und ging zum Ausgang.
    »Ich sehe, der Bau macht gewaltige Fortschritte.«
    »Zu Pfingsten, hoffe ich, wird die Kapelle fertig sein. Magda hat übrigens den Schreinemaker beauftragt, einen Schrein zu bauen, und Bertram hat eine Marienstatue geschnitzt. Beides ist sehr schön geworden.«
    »Ja, er scheint sein Handwerk zu verstehen. Auch ihn muss ich aufsuchen, um unser Reliquiar abzuholen. Nun,

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