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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Augenzwinkern. »Vor allem, wenn man selbst noch nicht viel älter ist, denke ich mir.«
    »Sie sind keine schlechten Mädchen, nur ein wenig übermütig. Sie lernen fleißig, aber heute haben wir einen kleinen Ausflug gemacht.«
    »Sie lernen?«, wollte Esteban überrascht wissen.
    »Ja, es sind unsere Schülerinnen, wir unterrichten sie im Lesen, Schreiben und auch im Rechnen. Wir füllen ihren Kopf mit Wissen. Das macht eben den Unterschied zu der Tätigkeit unseres Schreinemakers hier aus.«
    Claas lachte auf.
    »Man hat mich schon oft genug geziehen, mich mit weiblichen Hohlköpfen zu umgeben. Aber das trifft sicher nicht auf meine Schreine zu. Die füllt Esteban schließlich mit dem Geist der Jungfrau Ursula.«
    »Wir haben die Geschichte der heiligen Ursula letßten Monat geleßen!«, mischte sich Lissa ein und strahlte den Schreinemaker an. »Ihr schnitßt die Büßten? Können wir unß die einmal anßehen? Und auch die heiligen Knöchelchen?«
    »Aber natürlich könnt Ihr das, Jungfer. Besucht mich in meinem Haus. Ich wohne am Holzmarkt.«
    »Macht Ihr nur Ursulaschreine?«
    »Häufig genug. Sie war ein bewundernswertes Weib, nicht wahr? Es war mutig von ihr, nach Köln zurückzukehren und allen Versuchungen zu widerstehen. Keusch und unberührt ist sie in den Tod gegangen.«
    »Eine wahre Heilige«, stimmte Almut ihm zu, musste aber leider zugeben, sie selbst hätte vermutlich weniger aufopfernd gehandelt. Aber das sagte sie nicht laut. Um von dem Thema abzulenken, meinte sie: »Und für hohle Holzköpfe mögen ihre heiligen Gebeine die rechte Füllung sein, für diese kleinen Hohlköpfe halte ich erst einmal Gelehrsamkeit für nützlicher.«
    Sie verpasste der kichernden Ines eine leichte Kopfnuss.
    »Autsch, das klang aber hohl!«, lästerte Hilke und bekam die nächste Kopfnuss.
    »Auch nicht mehr drin!«, stellte Almut trocken fest. »Wir werden jetzt heimgehen und dafür sorgen, dass sie gefüllt werden!«
    »Nicht schon wieder Fuder Steine und Klafter Holz ausrechnen!«
    Es war nicht so ganz einfach, die Mädchen zum Gehen zu bewegen, denn noch flogen ein paar Scherzworte zwischen den Männern und ihnen hin und her, und auch Almut fand ihren Spaß daran.
    »Frau Almut, Ihr benehmt Euch unbotmäßig!«, mahnte sie plötzlich eine Stimme von hinten. Noch lag ein Lachen auf ihren Lippen, als sie sich umdrehte und Pater Leonhard begrüßen wollte.
    »Nur eine kleine, harmlose Scherzerei unter Bekannten, Pater.«
    »Ihr tragt das züchtige Gewand der Begine und solltet in der Öffentlichkeit fromm und sittsam auftreten.«
    Almut war durch die übermütigen Reden zuvor noch immer furchtbar leichtherzig, und so huschte, ehe sie es sich versah, über ihre Lippen die Bemerkung: »Ach, nur in der Öffentlichkeit?«
    »Ich muss Euch doch bitten! Verdreht nicht den Sinn meiner Worte. Lustiges Scherzen mit jungen Männern ist für ein züchtiges Weib immer unangebracht. Ihr solltet ein Vorbild für diese Mädchen sein. Vor allem in der Zeit der Buße und Besinnung.« Er wandte sich auch an die drei Schülerinnen, die jetzt betroffen aneinanderrückten. »Wie könnt ihr lachen und herumtändeln in einer Zeit, wo wir der Leiden Christi gedenken und über unsere Sünden Rechenschaft ablegen sollten? Hat man vergessen, euch nahezubringen, welche Qualen unser Herr für uns erlitt?«
    Esteban und Claas traten unauffällig den Rückzug an, und Almut stand alleine mit den verschüchterten Mädchen vor Pater Leonhard, der sich allmählich in Schwung redete. Mehr und mehr Tadelnswertes fand er bei ihnen, angefangen von den bunten Bändern, die Lissa in ihre Zöpfe geflochten hatte, gefolgt von dem kecken Blick, den Hilke dem Schreinemaker nachsandte, dem zu kurzen Gewand, aus dem Ines herausgewachsen war, und vor allem Almuts Nachlässigkeit in der Ausübung ihrer Aufsichtspflicht. Auch ihre trotzige Weigerung, anzuerkennen, welch ein gefährlicher Narr jener Fallsüchtige war, und ihre hoffärtige Art, sich anzumaßen, eine Kapelle zu bauen, wurden abermals gerügt. Sie hörte sich das schweigend an und versuchte, jegliche Erwiderung zu unterdrücken. Maria musste es wohl in den Ohren geklungen haben, und in ihrer unermesslichen Güte sandte sie Rettung zu ihrer Tochter. Gerade als der Priester sie mit äußerstem Vorwurf in der Stimme schalt: »Und der Beichte habt Ihr Euch am Samstag auch wieder entzogen!«, sah sie Pater Ivo zwischen den Buden und dem Pranger auftauchen. Er fing ihren hilfesuchenden Blick auf und

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