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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Dämonen behausen, Frau Almut! Schreckliche, mit Schlangenköpfen. Und grauenvolle Schreie sollen sie ausstoßen!«
    »Tatsächlich? Ich habe bei ihm nur einen komischen Vogel getroffen. Einen aus fernen Landen, der tatsächlich sehr hässlich kreischen kann. Aber nur, wenn ihm die Katze auflauert.«
    »Seid Ihr ganz sicher?«
    »Ganz sicher. Er sitzt Trine häufig auf der Schulter und lässt sich von ihr füttern. Er ist ganz zahm!«
    »Er könnte aber auch ein Dämon sein.«
    »Ist er ganz gewiss nicht.«
    »Na, wenn Ihr es sagt.«
    Fidgin wäre es erheblich lieber gewesen, an ein teuflisches Wesen zu glauben, und Almut nahm an, sie lenkte jetzt nur ein, um ihr gefällig zu sein.
    »Geh und sprich deine Gebete für Lissa, Fidgin. Und verbreite keine albernen Gerüchte. Sonst müsste ich annehmen, du stecktest mit den dummen Grobianen zusammen, die an Fastnacht den Apotheker überfallen haben. Die Wachen suchen sie nämlich!«
    Das war eine wirkungsvolle Warnung, und Fidgin wandte sich der Totenstube zu.

44. Kapitel
    S atan und Beelzebub nahmen ihre Aufgabe ernst. Pater
    Ivo beobachtete die beiden, wie sie ihren Opfern mit scharfem Zahn ein Ende bereiteten. Ihre Namen allerdings hatte er den Mönchen auf dem Hof nicht verraten, es war sein ganz persönlicher Spaß, die beiden strammen Kater, die jetzt in der Kornscheune ihren Dienst versahen, in Gedenken an eine Beginenkatze namens Teufelchen nach den Höllenbewohnern zu benennen.
    Doch auch die Dämonin, die so unablässig in seinem Geist herumspukte, mochte Pate bei der Wahl der Namen gespielt haben. Ihr wollte er seine Gedanken nun nach der Komplet widmen, und während die Männer sich in ihre Schlafkammern zurückzogen, wanderte er zu der Eiche am Weidezaun. Einige milde Tage hatten die Blattknospen anschwellen lassen, und von dem letzten Regenguss hingen noch die Tröpfchen in dem Geäst. Als er sich gegen den Stamm lehnte, rieselte ein feiner Schauer von oben auf ihn herab. Er wischte sich das Nass von der Stirn und zog die Kapuze über. Dann sah er zum Horizont, wo unter schweren Wolken noch ein Rest des Himmels verglühte.
    Viel weiter war er mit seinen Überlegungen nicht gekommen, denn die Arbeit auf dem Gut beanspruchte seinen ganzen Einsatz. Immerhin war die Auseinandersetzung mit Godefried beendet, der Verwalter war nach Köln zurückgekehrt, und Jakob hatte sich mit zufrieden stellendem Eifer mit der Verwaltung vertraut gemacht. Dann und wann aber hatte Ivo sich die Zeit genommen, über das Problem zu grübeln, aber gezieltes Überlegen hatte ihn nicht vorangebracht. Darum wollte er nun hier, unter den beschirmenden Zweigen der Eiche, seinen Gedanken freien Lauf lassen.
    Statt zu der Dämonin wanderten sie jedoch zu der sehr viel geschätzteren Gestalt einer Begine.
    »Nein!«, sagte er zu der Eiche. »Nicht jetzt.«
    Und seine vagabundierenden Gedanken gehorchten dem Machtwort.
    Wenn auch widerstrebend.
    Das Wort Leidenschaft blieb hartnäckig in seinem Hirn hängen.
    »Gut, das ist ein Anfang«, murmelte er und verfolgte diese Spur weiter. Leidenschaft konnte teuflisch sein, das wusste er nur zu gut. Ihn selbst hatte sie einst ins Verderben gerissen. Denn er hatte einer Frau zuliebe Dinge aufgeschrieben, die zwar gedacht, vielleicht auch noch gesagt, nicht aber mit Tinte festgehalten werden durften. Ketzerisches Gedankengut - sie und ihre Freunde hatten viel darüber disputiert, und die Schärfe ihrer Argumente, die Brillanz ihrer Logik hatte ihn angespornt, weiter und freier zu denken. Die Abhandlung, die er schließlich geschrieben hatte, fand Gnade vor ihren Augen. Ihm lag damals daran, ebenso wie ihr daran lag, sie mit heißer, wilder Glut zu lieben. Dann fand er heraus, dass sie ihn nur benutzte. Er wollte sie fallen lassen, doch bevor er dazu kam, hatte sie ihn mit seinen Schriften verraten. Die Schergen der Inquisition waren gekommen, die Beweise lagen offen zu Tage.
    Er hatte gestanden. Was blieb ihm anderes übrig? Er hatte jedoch nicht widerrufen. Sterben musste er so oder so. Er wollte wenigstens seinen Stolz retten.
    Dann war seine Mutter gekommen und hatte seine Rettung vorbereitet.
    Alles in allem hätte er lieber den Tod gewählt. Doch ihr zuliebe hatte er die Alternative angenommen und war ins Kloster eingetreten. Es war in Sankt Gallen, wo er seine Gelübde ablegte und die ersten Jahre verbrachte. Mit der Außenwelt hatte er gebrochen, wurde schweigsam, verbissen arbeitend und pflichteifrig betend. Doch der Hass auf jene Frau blieb,

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