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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gertrud erfreut, als der Stoff nur knapp eine große Porzellan-Urne verfehlte und den aromatischen Staub von gemörsertem Rosmarin aufwirbelte. Zwei Glasfläschchen klirrten aneinander, und ein hölzernes Kästchen klapperte, aber nichts Dramatisches geschah.
    »Zwei Beginen zu Gast, welch hoher Besuch! Tretet ein, tretet näher, was ist Euer Begehr?«
    Die Stimme des Apothekers war hoch und heiser, seine seltsame Kopfbedeckung, eine Art Turban, wie ihn die Orientalen trugen, schwankte bedenklich auf seinem Kopf, doch seine Augen in dem faltigen Gesicht leuchteten in echter Freude auf.
    »Wir möchten Einkäufe tätigen, Meister Krudener. Ihr kennt ja Gertrud, unsere Köchin. Sie hat eine lange Liste der exotischsten Dinge, von denen mir viele fremd sind, für Euch aber gewiss kein Geheimnis darstellen.«
    »Wir werden sehen, Frau Almut. Geht Ihr derweil nach hinten, meine Gehilfin wird Jubelgesten machen, wenn sie Euch sieht. Aber seid gewarnt, wir haben noch zwei Gäste, die sie gerade mit ihrem Hopfenbier bewirtet.«
    »Wer ist es?«
    »Die Parlerstochter und ein Benediktiner!«
    Almut konnte nicht verhindern, dass ein Aufleuchten ihr Gesicht erhellte, doch Meister Krudener, ein scharfsichtiger Beobachter, schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Nicht Euer Benediktiner.«
    »Er ist nicht mein...«
    »Bruder Jakob gehört aber zu seinem Orden!« Almut atmete tief ein, straffte die Schultern und trat in das lichtdurchflutete Laboratorium, das sich hinter dem düsteren Verkaufsraum befand. Trine sah sie und stellte abrupt den Krug ab, aus dem sie den beiden Gästen die Becher gefüllt hatte und lief auf sie zu. Almut nahm sie in die Arme, drückte sie fest an sich und schob sie dann ein Stückchen von sich.
    »Du bist gewachsen, und du bist eine Frau geworden!«, bedeutete sie ihr in der Gebärdensprache, mit der sie beide sich seit jeher verständigten.
    »Du warst auch schon lange nicht mehr hier.«
    »Die Meisterin überhäuft mich mit Arbeiten. Aber es scheint dir gut zu gehen, stimmt es?«
    »Ja, es ist gut hier, und ich lerne jeden Tag etwas Neues. Wir haben Blei in Blut und Silber verwandelt und aus Quecksilber und Schwefel roten Zinnober hergestellt!«
    »Bewundernswert! Ich hingegen werde Gertrud einen neuen Backofen bauen und dann an meiner Kapelle weiterarbeiten. Aber nun vernachlässige deine Gäste nicht!«
    Almut grüßte freundlich das junge Mädchen, in dem sie Sanna Steinheuer erkannte, und erkundigte sich nach ihrem Vater, dem Parler.
    »Er sitzt schon wieder im Sessel und möchte so gerne auf die Baustelle, aber der Meister Conrad sagt, er soll sich noch schonen.«
    »Bestellt ihm meine Grüße, Sanna!«
    »Gerne, Frau Almut. Es tut mir leid, dass wir Euch am Sonntag in der Menge verloren haben. Ich hoffe, Ihr seid sicher nach Hause gekommen.«
    »Nicht schlimm, Sanna. Ich traf einen anderen Bekannten, der mich begleitete.«
    Der Papagei auf seiner Stange an Fenster befand, es sei nun an der Zeit, auch auf sich aufmerksam zu machen und krähte lauthals: »Calcinatio, Putrefactio, Virgo in Balneum Mariae!«
    »Halt den Schnabel!«, beschied ihn Almut und widmete ihre Aufmerksamkeit dem dritten Besucher, der am Tisch saß und ihr den Rücken zuwandte. Sein kugelrunder Kopf trug einen dunkelblonden Haarkranz um die Tonsur, das war aber auch das einzig Mönchische an ihm. Als er sich zu ihr herumdrehte, nahm sie mit unverhohlenem Staunen den Rest seiner Erscheinung auf. Ein ochsenblutrotes Wams spannte sich um seinen tonnenförmigen Oberkörper, seine Füße steckten in halbhohen Stiefeln, deren gebogene Spitzen bis fast ans Schienbein reichten. Dort endeten sie in blinkenden Kupferglöckchen. Besonders erquicklich aber fand sie die Beinlinge, die seine mageren Schenkel schmückten. Einer war grasgrün, der andere leuchtend gelb.
    Erleichtert darüber, die stumme Fingersprache zu beherrschen, teilte sie Trine mit: »Nur der Papagei hat ein schöneres Gefieder als er!«
    »Habt Dank, meine Liebe. Ihr mögt die graue Tracht gewählt haben, doch ich ziehe es vor, das stumpfe Schwarz der Kutte außerhalb meines Ordens nicht zu tragen. Im Übrigen braucht Ihr nicht verwundert dreinzuschauen, weil ich Euer hübsches Kompliment verstanden habe. Auch mir, Frau Begine, ist die stumme Sprache unseres Ordens geläufig, wenngleich mir scheint, Ihr und diese bezaubernde junge Frau habt Euch noch weit feinere Nuancen angeeignet, als wir schlichten Mönche sie beherrschen.«
    Almut lächelte ihm wohlwollend zu.
    »Je nun,

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