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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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jetzt seit fast fünf Jahren bei uns und hast dich gut zurechtgefunden. Auch wenn der Vorwitz gelegentlich mit dir durchgeht, bist du doch die tatkräftigste der Frauen. Du hast noch nie die Verantwortung für etwas gescheut. Manchmal sogar zu deinem eigenen Schaden.«
    »Aber ich bin noch keine dreißig. Ich bin sogar die jüngste unserer Schwestern.«
    »Das ist für mich eher ein Vorteil als ein Hinderungsgrund.«
    »Und Clara ist viel geduldiger und gelehrter als ich.«
    »Und bekommt immer unerträgliche Kopfschmerzen, wenn sie Verantwortung übernehmen muss.«
    »Elsa...«
    »Hat Angst, mit Obrigkeiten und Klerikern zu sprechen. Aber genau das ist notwendig.«
    »Rig...«
    »Vergiss es.«
    »Schon gut.«
    Almut sah ein wenig ratlos zum Fenster hinaus, wo sich die Dunkelheit der kalten Nacht über die Stadt ausgebreitet hatte. Sie wusste nicht genau, warum, aber sie hatte den Eindruck, die Fesseln würden sich immer enger um sie wickeln.
    »Almut!« Die Stimme der Meisterin wurde sanft. »Es gäbe eigentlich nur einen wirklich guten Grund für dich, das Amt abzulehnen.«
    »Ja?«
    »Wenn du uns verlassen möchtest.«
    »Aber hier ist mein Zuhause, Magda!«
    »Ganz sicher, Almut?«
    »Das weißt du doch.«
    »Nein, das weiß ich nicht. Die Wege Gottes sind unergründlich und seine Gnade grenzenlos. Nun gut, ich will dich heute nicht drängen. Es kommt auf ein paar Wochen nicht an. Wir wollen uns um die nächstliegenden Aufgaben kümmern. Geh zu Bett, es ist spät geworden.«
     
    Almut ging zu Bett, aber der Schlummer ließ lange auf sich warten.

8. Kapitel
    I hr Brot ist innen klitschig. Und es sind Spelzen drin!«, maulte Gertrud, die neben Almut herschritt.
    »Ihr Brot ist nicht ganz so gut wie deines, aber es ist durchaus genießbar. Du bekommst einen neuen Backes, und ich bemühe mich, so schnell wie möglich das Gewölbe zu mauern. Die Bodenplatte ist zum Glück noch in Ordnung. Aber der Mörtel muss austrocknen, bevor du ihn anheizt, sonst gibt es wieder Risse.«
    »Aber tagelang das Klumpbrot essen? Mir gefällt das nicht.«
    »Dann bring der Frau Lena doch bei, wie man es besser macht.«
    »Dann wollt ihr nur noch deren Brot essen, und ich bin überflüssig.«
    »Du wirst nie überflüssig sein, Gertrud. Wer außer dir könnte denn so schöne gefüllte Hühner mit weißen Rübchen machen oder diese köstlichen Pfaffenschnitze, kross in Schmalz gebraten?!«
    »Deine Freundin vom ›Adler‹.«
    »Ja, die vielleicht, aber nicht die Pastetenbäckerin.«
    »Aber ihre Krebstorte mit Käse habt ihr alle mit Begeisterung verschlungen.«
    »Sicher. Du doch auch.«
    »Und die hispanischen Fleischpasteten mit Pilzen habt ihr sogar zweimal nachbestellt!«
    »Du hast dich lobend darüber geäußert.«
    »Ja, aber ihr Brot ist klitschig!«
    »Man kann nicht alles können.«
    »Ich könnte auch Pasteten backen. Wenn der Backes endlich wieder funktioniert!«
    Mit sauertöpfischer Miene bog Gertrud in die Schildergasse ein.
    »Ja, mit Nelken und Paradieskörnern, mit Safran und Muskat und all den köstlichen Gewürzen, die du gleich bei Meister Krudener erwerben wirst.«
    »Und süße Wecken.«
    Almut nickte und war es zufrieden. Wenn die Köchin der Beginen nicht murrte und brummte, dann fühlte sie sich nicht wohl. Aus ihrem beständigen Grummeln schloss sie daher auf Gertruds gehobene Laune. Die Aussicht auf einen neuen Backofen und das ungehemmte Einkaufen von Würzwaren bei dem Apotheker am Neuen Markt hatten ihre Stimmung außerordentlich gehoben.
    Auch Almut freute sich, den kauzigen Meister Krudener zu besuchen, der ihr auf seine wunderliche Weise eine tiefe Zuneigung entgegenbrachte. Außerdem wohnte Trine, das taubstumme Mädchen, inzwischen bei ihm als seine Gehilfin. Für sie hegte sie seit langem fast so etwas wie mütterliche Gefühle.
    Sie hatten das schmalbrüstige Haus am Neuen Markt erreicht und klopften an die Tür.
    »Meister Krudener, seid Ihr zu Hause?«, fragte Almut mit erhobener Stimme in das Dunkel des höhlenartigen Raumes hinein, an dessen Wänden sich in Regalen Töpfe und Tiegel, Näpfe und Schalen, Dosen und Fläschchen aneinanderreihten.
    »Nicht für jeden!«, antwortete eine hohe, krächzende Stimme. »Wer seid Ihr?«
    »Almut und Frau Gertrud!«
    »Ah, für Euch sind wir zu Hause!«
    Der schwere Vorhang vor dem Durchgang zu den hinteren Räumen teilte sich, und der hagere, hochgewachsene Apotheker trat mit flatternden Gewandärmeln ein.
    »Gleich passiert ein Unglück!«, unkte

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