Die elfte Jungfrau
weiß einen Namen für ihn!«, wisperte sie leise.
»In der Tat?«
»Was haltet Ihr von Gauwin vom Spiegel?«
Der Apotheker maß sie mit Achtung.
»In der Tat, das wäre wohl ein passender Name für ihn.«
»Magda erzählte neulich, er sei nach Köln zurückgekehrt, nachdem er lange in Rom gelebt habe.«
»Sein Vater?«
»Ja. Sein Vater.«
»Weiß Ivo davon?«
»Ich habe keine Ahnung. Meister Krudener, wird er überleben?«
»Ich bin mir ziemlich sicher. Zumindest diesen Anfall - dank Eures schnellen Eingreifens. Doch er ist alt, wenn auch kräftig. Er wird sich zukünftig vorsehen müssen. Ich werde ihm Mittel zubereiten, die ihm helfen. Ihr aber, Frau Almut, müsst nun umgehend nach Hause eilen, es dämmert schon, und auf den Straßen wird es immer unsicherer. Ich lasse Euch Nachricht zukommen.«
Sehr schweigsam und nachdenklich begaben sich die beiden Beginen zurück zum Eigelstein, wobei sie oft genug vorwitzigen Trunkenen ausweichen mussten und ihre Ohren vor den derben Bemerkungen verschlossen.
24. Kapitel
A uch im Benediktinerinnen-Kloster zu Machabäern wurden an den Fastnachtstagen die Regeln etwas lockerer gehandhabt. Vor allem die jungen Nonnen und Novizinnen machten davon Gebrauch, während die Älteren sich lieber zu ruhigem Klatsch und Tratsch zusammensetzten. Es wurden heitere Spiele gespielt, noch einmal alle möglichen Leckereien ausprobiert. Übermütige verübten Streiche an ihren Mitschwestern und tollten dann, wenn die Geschädigten auf Vergeltung sannen, quietschend und kichernd durch den Klostergarten.
Pia beteiligte sich nicht lange daran.
Sie hatte eine Nachricht bekommen. Ein Sträußchen allererster Buschwindröschen hatte auf der Mauer gelegen, und so hielt sie immer mal wieder Ausschau nach dem Geliebten. Verflogen war das Gift der Eifersucht, vergessen das stumme Wüten gegen die Rivalin. Sie war seine Auserwählte, mit ihr würde er sich treffen. Bald, ganz gewiss schon bald.
Zufrieden beobachtete Pia, wie die älteren Nonnen dem süßen Wein zusprachen und immer schläfriger wurden.
Als die Sonne die Wolken am Himmel leidenschaftlich rot färbte, war es so weit. Er stand an der Mauer und winkte ihr verstohlen zu.
»Kannst du rauskommen?«, fragte er leise. »Ich habe hier ein Kleid für dich!«
»Ja, ich komme. Nur warte noch einen Moment, bis sie alle in die Betten gegangen sind. Heute ist niemand sehr aufmerksam!«
Er warf ihr das Kleiderbündel zu, und sie versteckte es unter den Büschen an der Mauer.
Als nur noch ein blassblauer Widerschein den Horizont erhellte, schlüpfte Pia aus der Pforte, gekleidet in ein hübsches hellrosa Kleid. Er nahm sie bei der Hand, und gemeinsam schlossen sie sich den tanzenden, singenden und trinkenden Menschen an, die die Schenken und Gasthäuser, die Straßen und Plätze bevölkerten.
Dreimal hatte der Nachtwächter schon die Stunden ausgerufen, als er sie immer weiter in eine der schattigen Nischen der alten Burgmauer drängte. Pia ließ es zu, denn seine kosenden Hände und seine leise gemurmelten Worte verursachten ihr ein solches Herzklopfen, das ihr das Denken unmöglich machte. Zärtlich zog er sie, ungesehen von den Blicken der letzen Nachtschwärmer, an sich und beugte sich über ihr emporgewandtes Gesicht. Die ängstliche und doch sehnsüchtige Erwartung, die er in ihren Augen las, entzündeten die Funken der Leidenschaft in seinen Lenden, und begierig eroberte er ihre keuschen Lippen. Sie war unerfahren, schüchtern und zaghaft, und das reizte ihn umso mehr. Seine Hände wanderten den weichen Stoff des geliehenen Kleides entlang, und er ertastete darunter ihre kleinen, festen Brüste. Mit Ergötzen lauschte er ihrem kleinen kehligen Seufzer und setzte das Spiel mit ihrem nun weicher gewordenen Mund fort.
»Komm mit zu mir, Kleines. Hier ist es kalt und dunkel«, flüsterte er in ihre Haare.
Wie ein Kätzchen schnurrend, drückte Pia sich an ihn, und seine Hände nahmen sich noch größere Freiheiten heraus. Doch plötzlich, als er die bloße Haut ihres Busens berührte, zuckte sie zusammen.
»Ich muss zurück! Heilige Mutter Gottes, ich muss zurück! Morgen ist Aschermittwoch, und ich muss zur Beichte. Lass mich los, bitte!«
Er wollte sie nicht gehen lassen, aber sie begann, sich in seiner Umarmung zu winden, und so gab er ihr schließlich zögernd nach. Doch noch an der Klostermauer versuchte er sie mit einem weiteren lockenden Kuss zu überreden, die Nacht mit ihm zu verbringen. So sehr Pia es sich jedoch
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