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Die elfte Jungfrau

Titel: Die elfte Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Zwischenfall bei Krudener gewusst und durchaus gnädig die Erlaubnis erteilt.
    »Darum werde ich ihn also am Montag aufsuchen und mich vor Verlegenheit winden, denn ich mag solche Dankesbezeigungen nicht. Aber Magda besteht darauf. Und du, Mutter des guten Rates?«
    Jene wirkte streng und bestimmt.
    »Na ja, gut, natürlich. Er hat das Bedürfnis danach, und wahrscheinlich hat Krudener ihm auch das eine oder andere von mir erzählt, und er will mich kennenlernen. Eigentlich, Maria, du Allwissende, möchte ich ihn auch kennenlernen. Wer im Angesicht des Todes noch einen Rest seines Humors bewahrt, der muss ein außergewöhnlicher Mann sein. Na ja, und schließlich und endlich - er ist sein Vater, nicht wahr?«
    Maria schien diese Entscheidung zu billigen, und Almut beendete ihr abendliches Gebet.
    »Du Morgenstern, du Heil der Kranken, du Zuflucht aller Sünder, bitte für uns allzeit und schütze uns mit deinem Mantel. Amen.«

27. Kapitel
    N ach der Komplet, die in der kleinen Kapelle auf dem Gut gehalten worden war, verließ Pater Ivo, statt sich auf sein Lager zurückzuziehen, den Hof und wanderte zu den neu errichteten Zäunen unter den hohen Eichenbäumen. Er trug wieder seine übliche schwarze Kutte, die vornehmen Reisekleider lagen in der Truhe zusammengefaltet. Das hatte seine Gründe - zum einen wollte er den Mönchen gegenüber, die das Gut bewirtschafteten, nicht wie der Herr auftreten, und zum anderen hatte er es für nötig gefunden, bei vielerlei Arbeiten selbst Hand mit anzulegen. Er weilte nun seit über einer Woche in Villip, und seine Laune hatte sich wahrlich nicht gehoben. Was er vorgefunden hatte, spottete jeglicher Beschreibung. Das Haus war heruntergekommen, die Stallungen und Scheuer in einem unbeschreiblichen Zustand, die Felder nachlässig bebaut, das Vieh verwahrlost. Vor fünfzehn Jahren, als er das Gut verlassen hatte, nicht wissend, dass es das letzte Mal sein sollte, war es eine blühende Landwirtschaft gewesen. Das Herrenhaus gemütlich, beinahe luxuriös ausgestattet, die Pächter, Höfner, Knechte und Mägde fleißig und zufrieden. In den vergangenen Jahren, so hatte er den Aufzeichnungen entnommen, die Theodoricus ihm zur Einsicht gegeben hatte, war alles nach und nach heruntergewirtschaftet worden. Die Erträge, die anfangs noch recht üppig gewesen waren, schwanden mit der Zeit, und nun hatten die zehn Mönche kaum mehr genug, um zu leben.
    Ivo knirschte mit den Zähnen, als er daran dachte, mit welcher Schlampigkeit und Ignoranz die fruchtbaren Böden und fetten Weiden vernachlässigt worden waren. Schuld daran war kein anderer als der Verwalter der Pfründe, Bruder Godefried. Der hagere Mönch führte eine äußerst strenge Zucht, doch seine Strenge lag nicht etwa im Arbeitseifer, sondern in der peinlichen Einhaltung der Gebetsstunden. Zunächst mit Ungläubigkeit, dann mit steigender Wut hatte Ivo miterlebt, wie Bruder Barthel, der einem schwer lammenden Mutterschaf beistehen wollte, zum Psalmensingen befohlen wurde. Das Lamm samt Mutter starb. Er hatte gesehen, wie Wildschweine das gesamte frisch angepflanzte Gemüse umgegraben hatten, weil der Zaun darum nicht fertig gestellt worden war. Die Vespergebete gingen dem Verwalter vor. Der Fuchs wilderte im Hühnerstall, weil die Wand ein Loch hatte, und die Mäuse spielten im Kornspeicher, da Godefried schon vor Jahren die Stallkatzen und ihre Jungen ersäuft hatte. Er selbst hatte bei einem Regenguss unter der tropfenden Decke der ehemaligen Stallmeisterwohnung gelegen; angeblich fand niemand Zeit, die Schindeln zu richten.
    Bisher hatte er nun nichts weiter getan, als Bestand aufgenommen und da, wo es am dringendsten nötig war, selbst eingegriffen. Dabei hatte er sich ein recht gutes Bild von den zehn Männern machen können, die hier wirtschafteten. Sie waren, und das war inzwischen seine begründete Meinung, weniger fromm als faul. Statt hart zu arbeiten, lagen sie lieber auf den Knien und sangen ihre Psalmen. Nur einer war von anderer Wesensart, und der wurde von Bruder Godefried beständig dafür gemaßregelt.
    Trotz allem Zorn dachte Ivo mit grimmiger Heiterkeit an das Geschehen am Nachmittag. Da hatte er mit dem Einschlagen von Zaunpfosten begonnen, damit die Wildschweine nicht schon wieder die Beete verwüsteten. Bruder Barthel und zwei weitere Männer hatten recht willig geholfen, bis plötzlich das blecherne Scheppern des Kapellenglöckchens zur Non rief. Die zwei Helfer wollten ihre Hämmer fallen lassen und

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