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Die Elite

Die Elite

Titel: Die Elite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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vielleicht doch zu weit.
    »Er hat dir sogar was erlaubt?«
    »Er hat mir sogar erlaubt, dass ich mir ein Buch ausleihe, um es mir genauer anzusehen.«
    »Ach, das ist ja sehr interessant! Und was war das für ein Buch? Darfst du es mir sagen?«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Es war eins von Gregory Illeás persönlichen Tagebüchern.«
    Dad fiel fast die Kinnlade herunter, doch dann riss er sich zusammen. »America, das ist ja unglaublich! Was steht drin?«
    »Ich habe es noch nicht ganz gelesen. Es ging hauptsächlich darum, herauszufinden, was Halloween ist.«
    Er dachte einen Moment über meine Worte nach, dann schüttelte er den Kopf. »Warum machst du dir Sorgen, America? Es ist doch offensichtlich, dass Maxon dir vertraut.«
    Ich seufzte und kam mir dumm vor. »Wahrscheinlich hast du recht.«
    »Unglaublich«, wiederholte er und schien die Wände plötzlich mit ganz anderen Augen zu betrachten. »Hier existiert also irgendwo ein geheimes Zimmer.«
    »Ja, der Palast ist wirklich der Wahnsinn. Überall gibt es Tapetentüren und spezielle Vertäfelungen. Womöglich stürzen wir noch durch eine Falltür, wenn ich diese Vase berühre.«
    »Hmm«, sagte Dad amüsiert. »Dann werde ich mich beim Weg in unser Zimmer also sehr in Acht nehmen müssen.«
    »Du solltest übrigens bald gehen. Ich muss May noch für den Tee bei der Königin ausstaffieren.«
    »Du und dein Tee mit der Königin«, zog er mich auf. »Na schön, Kätzchen. Wir sehen uns beim Abendessen. Aber sag mir eins, wie stelle ich es am besten an, unterwegs nicht in ein verborgenes Loch zu fallen?« Dabei hielt er im Gehen die Arme demonstrativ wie ein Schutzschild vor sich ausgestreckt.
    Als er die Treppe unversehrt erreicht hatte, legte er die Hand aufs Geländer und rief. »Nur damit du Bescheid weißt, das hier ist sicher!«
    »Danke, Dad.« Ich schüttelte grinsend den Kopf, winkte ihm noch einmal zu und machte mich ebenfalls auf den Weg in mein Zimmer.
    Es fiel mir unglaublich schwer, nicht vor lauter Freude die Flure entlangzuhüpfen. Ich war so froh über den Besuch meiner Familie, dass ich es kaum aushielt. Wenn Maxon mich nicht nach Hause schickte, würde es noch schwerer werden, von ihnen getrenntzusein, als zuvor.
    Als ich um die Ecke bog sah ich, dass die Tür zu meinem Zimmer offen stand.
    »Wie sah er aus?«, hörte ich May fragen, als ich näher kam.
    »Sehr gut. Jedenfalls für meine Begriffe. Sein Haar war wellig und wollte nie glatt am Kopf anliegen.« May kicherte und Lucy tat es ihr gleich. »Ein paar Mal bin ich ihm mit den Fingern durch die Haare gefahren. Manchmal denke ich noch daran. Aber nicht mehr so oft wie früher.«
    Ich ging auf Zehenspitzen weiter, weil ich die beiden nicht stören wollte.
    »Vermissen Sie ihn noch immer?«, fragte May, die wie immer vor Neugier platzte, wenn es um Männer ging.
    »Immer seltener«, gab Lucy zu, aber ein hoffnungsvoller Ton lag in ihrer Stimme. »Als ich hier ankam, dachte ich, ich müsste vor Kummer sterben. In meinen Tagträumen überlegte ich mir immer neue Wege, um aus dem Palast zu entkommen und zu ihm zurückzukehren. Aber mittlerweile weiß ich, das wird nie geschehen. Ich könnte meinen Vater nicht allein lassen, und selbst wenn ich hier herauskäme, würde ich vermutlich nicht mehr nach Hause zurückfinden.«
    Ich kannte einen Teil von Lucys Vergangenheit – dass ihre gesamte Familie sich einer Familie von Dreiern als Sklaven angeboten und als Gegenleistung das Geld für eine Operation bekommen hatte, der sich Lucys Mutter unterziehen musste. Trotz dieses Eingriffs starb Lucys Mutter, und als ihre Herrin herausfand, dass ihr Sohn Lucy liebte, verkaufte sie das Mädchen und ihren Vater an den Palast.
    Ich spähte durch die Tür und sah May und Lucy auf dem Bett sitzen. Die Balkontüren standen offen, und die wunderbare Luft von Angeles wehte herein. Der Anblick von May im Palast kam mir so natürlich vor. Ihr Teekleid schmiegte sich perfekt an ihren Körper, während sie einen Teil von Lucys Haaren nach hinten flocht und den Rest lose herunterhängen ließ. Ich hatte Lucy noch nie anders als mit einem straffen Haarknoten gesehen. Sie sah einfach bezaubernd aus, so jung und sorglos.
    »Wie ist es, verliebt zu sein?«, fragte May.
    Einen Teil von mir schmerzte das. Warum hatte sie mich das noch nie gefragt? Doch dann fiel mir ein, dass ich – jedenfalls soweit May wusste – noch nie verliebt gewesen war.
    Lucy lächelte. »Es ist die schönste und zugleich schrecklichste Sache,

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