Die Elite
Neuigkeiten wartet eine Menge Arbeit auf mich. Damit ich mich ganz darauf konzentrieren kann, ist es wohl das Beste, wenn ich mich in meine Gemächer begebe.« Sie rang sichtlich um Fassung. »Wie wäre es, wenn ich Ihnen das Mittagessen hier servieren ließe, so dass Sie nach Belieben essen können? Ich leiste Ihnen dann beim Abendessen wieder Gesellschaft.«
Wir nickten.
»Wunderbar«, sagte sie und wandte sich zum Gehen. Ich wusste, wie stark sie war. Sie war in einer armen Gegend aufgewachsen, und hatte in einer Fabrik gearbeitet, bis sie für das Casting ausgewählt worden war. Dann, als sie endlich Königin wurde, hatte sie eine Fehlgeburt nach der anderen erlitten, bevor sie endlich ein Kind zur Welt brachte. Wie es ihre Position verlangte, würde sie auf dem Weg in ihr Zimmer ganz wie eine Dame wirken. Doch sobald sie allein war, würde sie in Tränen ausbrechen.
Nachdem die Königin gegangen war, verschwand Celeste ebenfalls. Also beschloss ich, dass auch ich nicht länger bleiben musste, und begab mich auf mein Zimmer, weil ich allein sein und nachdenken wollte.
Meine Gedanken kreisten noch immer um Kriss. Wie hatten Maxon und sie sich so plötzlich gefunden? Es war noch nicht lange her, dass er mir eine gemeinsame Zukunft versprochen hatte. Also konnte er zu dem Zeitpunkt doch noch kein besonderes Interesse an ihr gehabt haben. Es musste danach passiert sein.
Der Rest des Tages ging schnell vorbei. Als mich meine Zofen nach dem Abendessen für die Nacht fertig machten, riss mich ein einzelner Satz aus meinen Überlegungen.
»Wissen Sie, wen ich heute Morgen hier drin entdeckt habe, Miss?«, fragte Anne, während sie sanft mit einer Bürste durch meine Haare fuhr.
»Nein?«
»Officer Leger.«
Für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte ich. Ein »Ach« war alles, was ich herausbekam. Als sie weiterredeten, richtete ich den Blick auf mein Spiegelbild.
»Ja«, bestätigte Lucy. »Er meinte, er würde Ihr Zimmer überprüfen. Und dass es um die Sicherheit ginge.« Sie sah ein wenig verwirrt aus.
»Trotzdem war es irgendwie seltsam«, fuhr Anne fort, und ihr Gesichtsausdruck glich dem von Lucy. »Er trug normale Kleidung, nicht seine Uniform. Er sollte in seiner Freizeit eigentlich keine Sicherheitsüberprüfung durchführen.«
»Er scheint sehr engagiert zu sein«, bemerkte ich in möglichst neutralem Ton.
»Ja, ich glaube, das ist er«, sagte Lucy ehrfürchtig. »Immer wenn ich ihn irgendwo im Palast sehe, fällt ihm irgendetwas auf. Er ist ein sehr guter Wachmann.«
»Stimmt«, sagte Mary. »Einige der Männer, die hierherkommen, eignen sich nämlich ganz und gar nicht als Wachen.«
»Und ihm steht die Zivilkleidung ausgezeichnet. Die meisten Männer sehen grauenvoll aus, sobald sie die Uniform ablegen«, bemerkte Lucy.
Mary kicherte und wurde rot, und selbst Anne rang sich ein Lächeln ab. Es war lange her, dass sie mir so entspannt vorgekommen waren. An einem anderen Tag und zu einem anderen Zeitpunkt hätte es mir wahrscheinlich Spaß gemacht, über die Wachen zu lästern. Aber nicht heute. Ich konnte nur noch daran denken, dass sich eine Nachricht von Aspen in meinem Zimmer befand. Am liebsten hätte ich einen Blick über die Schulter auf mein Pennyglas geworfen, aber ich traute mich nicht.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, bis die drei mich endlich allein ließen. Ich zwang mich dazu, noch ein paar Minuten verstreichen zu lassen, um ganz sicherzugehen, dass sie nicht zurückkehrten. Dann schoss ich hinüber zum Bett und griff nach dem Glas. Und tatsächlich wartete da ein kleiner Zettel auf mich.
Maxon ist abgereist. Das ändert alles.
22
» H allo?«, flüsterte ich und befolgte damit die Anweisungen, die mir Aspen am Tag zuvor hinterlassen hatte. Vorsichtig betrat ich den Raum, der nur vom schwächer werdenden Tageslicht erhellt wurde, das durch die hauchdünnen Vorhänge fiel. Doch es reichte aus, um die Freude in Aspens Gesicht zu sehen. Ich schloss die Tür hinter mir, und sofort lief er auf mich zu und hob mich hoch.
»America, du hast mir unglaublich gefehlt.«
»Du mir auch. Ich war so mit dem Empfang beschäftigt, dass ich kaum Luft holen konnte.«
»War es sehr schwer, hierherzukommen?«, fragte er im Scherz.
Ich kicherte. »Nein, Aspen, du machst deine Arbeit fabelhaft.«
Seine Idee war so simpel, dass es schon fast komisch war. Unter der Königin verlief das Leben im Palast ein wenig entspannter. Vielleicht hatte sie auch nur andere Dinge im Kopf. Wie auch immer, beim
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