Die Elite
andere Dinge, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie mir gefallen. Ich genieße zum Beispiel die Disziplin und die Routine. Und ich mag den Gedanken, etwas Sinnvolles zu tun. Ich fühle mich dadurch so … zufrieden. In den Jahren, als ich nur Waren gezählt oder Häuser geputzt habe, war ich immer ruhelos. Jetzt habe ich das Gefühl, ich tue das, was meine Bestimmung ist.«
»Dann ist das also ein eindeutiges Ja? Es gefällt dir?«
»Absolut.«
»Aber du kannst Maxon nicht leiden. Und du bist nicht einverstanden mit der Art, wie Illeá regiert wird. Zu Hause haben wir doch dauernd darüber gesprochen. Und dann noch dieser Vorfall mit den Menschen aus dem Süden, die ihre Kastenzugehörigkeit verloren haben. Ich weiß doch, dass dir das alles missfällt.«
Er nickte. »Ja, ich finde das grausam.«
»Wieso macht es dir dann nichts aus, ausgerechnet dieses System zu schützen? Du kämpfst gegen die Rebellen, damit dem König und Maxon nichts passiert. Sie sind diejenigen, die für das Ganze verantwortlich sind, und dir gefällt nichts von dem, was sie tun. Wie kannst du da dein Leben als Soldat lieben?«
Aspen kaute und dachte angestrengt nach. »Ich weiß, es klingt wie ein Widerspruch. Und wahrscheinlich ist es auch schwer nachzuvollziehen, aber wie ich schon sagte, ich fühle mich gefordert und ausgelastet – und habe die Möglichkeit, mehr aus meinem Leben zu machen. Vielleicht ist Illeá nicht perfekt. Ganz sicher ist es sogar weit davon entfernt. Aber ich habe … ich habe wenigstens Hoffnung.«
Einen Augenblick lang ließen wir das Wort auf uns wirken.
»Ich habe den Eindruck, als hätten sich einige Dinge bereits verbessert, obwohl ich ehrlicherweise zugeben muss, dass ich unsere Geschichte nicht gut genug kenne, um das beweisen zu können. Und ich habe das Gefühl, dass es zukünftig noch besser wird. Vielleicht hört sich das albern an, aber es ist
mein
Land. Mir ist klar, wie kaputt es ist, aber das heißt noch lange nicht, dass diese Anarchisten einfach herkommen und es übernehmen können. Es ist noch immer mein Land. Das klingt irgendwie verrückt, oder?«
Ich knabberte an meinem Brot und dachte über Aspens Worte nach. Sie ließen mich an unsere zahlreichen Gespräche im Baumhaus denken. Selbst wenn ich anderer Meinung war, halfen sie mir dabei, die Dinge besser zu verstehen. Doch diesmal war ich ganz auf seiner Seite. Und ich erkannte endlich, was sich vielleicht die ganze Zeit über in meinem Herz verborgen hatte.
»Nein. Es hört sich überhaupt nicht verrückt an. Es klingt absolut vernünftig.«
»Hilft dir das bei deinen Überlegungen weiter?«
»Ja.«
»Willst du darüber reden?«
Ich blickte lächelnd zu ihm auf. »Noch nicht.«
Aspen war ziemlich schlau, also hatte er es vielleicht ohnehin schon erraten. Der wehmütige Ausdruck in seinen Augen ließ es jedenfalls vermuten.
Er wandte kurz den Blick ab und ließ seine Hand meinen Arm entlanggleiten. Unten angekommen, spielte er mit dem Knopfarmband an meinem Handgelenk. »Wir beide, das ist ein ganz schönes Chaos, was?«
»Ein Riesenchaos.«
»Manchmal habe ich das Gefühl, wir sind wie ein Knoten, der zu verschlungen ist, um ihn wieder aufzubekommen.«
Ich nickte. »Das stimmt. Ich bin so eng mit dir verbunden. Ohne dich fühle ich mich irgendwie verloren.«
Aspen zog mich an sich, strich mir mit der Hand über Schläfe und Wange. »Dann ist das wohl einfach genau richtig so.«
Er küsste mich ganz sanft, so als ob er diesen Moment zerstören könnte und wir alles verlieren würden, wenn er mich zu sehr bedrängte. Vielleicht hatte er recht. Ganz langsam ließ er mich auf den Kissenstapel gleiten, wobei er mich weiter festhielt, über meinen Körper strich und mich wieder und wieder küsste. All das war mir so vertraut und gab mir ein Gefühl von Sicherheit.
Ich fuhr mit den Fingern durch Aspens kurzgeschnittene Haare und dachte daran, wie sie mich früher beim Küssen im Gesicht gekitzelt hatten. Seine Arme waren jetzt auch viel kräftiger. Sogar die Art, wie er mich festhielt, hatte sich verändert. Da war ein neu erwachtes Selbstvertrauen, hervorgerufen durch die Tatsache, dass er eine Zwei, dass er ein Soldat geworden war.
Viel zu schnell verging unser geheimes Treffen, und es wurde Zeit, aufzubrechen. Aspen begleitete mich bis zur Tür und gab mir zum Abschied einen langen Kuss. »Ich versuche dir bald wieder eine Nachricht zukommen zu lassen«, versprach er.
»Ich freue mich darauf.« Ich lehnte mich gegen
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